„Big“ und „Zeit des Erwachens“: Regisseurin Penny Marshall ist tot
Die Schwester von „Pretty Woman“-Regisseur Garry Marshall war die erste Frau auf dem Regie-Stuhl, der es gelang, mit einem Film mehr als 100 Millionen US-Dollar umzusetzen.
Die Schauspielerin und Regisseurin Penny Marshall ist im Alter von 75 Jahren an den Folgen einer Diabetes-Erkrankung verstorben. Sie starb am Montagabend in ihrem Haus in den Hollywood Hills, wie „Variety“ berichtet.
Die jüngere Schwester von Regisseur Garry Marshall („Pretty Woman“, „Eine Klasse für sich“, „Plötzlich Prinzessin“, verstorben im Jahr 2016) begann ihre Karriere zunächst als Schauspielerin. In den 70ern spielte sie 27 Folgen lang die Myrna in der TV-Adaption von Neil Simons Erfolgsstück „Odd Couple“ („Männerwirtschaft“). Die Sitcom wurde von Garry Marshall entwickelt.
AmazonWeitere Rollen hatte sie in der „Mary Tyler Moore Show“ und vor allem in „Laverne & Shirley“, gemeinsam mit Cindy Williams. Von 1971 bis 1979 war Marshall mit Regisseur Rob Reiner („Stand By Me“, „Misery“) verheiratet. Im Kino war sie zu dieser Zeit ebenfalls öfter zu sehen, so etwa in Steven Spielbergs „1941 – Wo bitte geht’s nach Hollywood“.
Penny Marshall konzentrierte sich ab Mitte der 80er darauf, Filme zu drehen, spielte dennoch immer wieder in größeren und kleinere Szenen im Kino und Fernsehen mit. Auftritte hatte sie unter anderem in dem Kultstreifen „Schnappt Shorty“ und jüngst in der langlebigen TV-Serie „Bones“. Marshall war tatsächlich auch die erste Prominente, die bei den „Simpsons“ in der ersten Staffel als Gaststar zu hören war (als Mrs. Botz/Lucille Botzcowsky in der Folge „Some Enchanted Evening“/„Der Babysitter ist los“)
Meisterin der gekonnten Sentimentalität
Hinter der Kamera fand Penny Marshall erst in den 80ern zu ihrer Berufung. Der gebürtigen New Yorkerin mit italienischen und schottischen Wurzeln gelang gleich mit ihrem Debüt „Jumpin‘ Jack Flash“ im Jahr 1986 mit der Besetzung von Whoopi Goldberg nach deren Triumph in „Die Farbe Lila“ ein kleiner Achtungserfolg – auch wenn die Kritik Drehbuch und Inszenierungsstil gnadenlos verrissen. Zwei Jahre später zeigte sie erneut ihr glückliches Händchen für die Besetzung von Schauspielern. Sie schenkte Tom Hanks in „Big“ eine der Rollen seines Lebens. Der Film über einen Jungen, der sich wünscht, erwachsen zu sein und dies von einem Jahrmarktsautomaten erfüllt bekommt, genießt inzwischen Kultstatus. Die Szene, in der Hanks auf einem elektronischen Kaufhausklavier zu tanzen beginnt, gehört auch zu den meistzitierten des 80er-Kinos.
Mit „Zeit des Erwachens“ bewies Marshall, dass ihr auch bei komplizierteren Themen (der Film basiert auf den Aufzeichnungen des angesehenen britischen Arztes Oliver Sacks) nicht die Ideen ausgingen und sie den Einsatz von wohldosiertem Sentiment beherrschte. Obwohl ebenfalls von der Kritik aufgrund des heiklen Sujets skeptisch beäugt, überzeugte vor allem das Zusammenspiel des hier erstmals außergewöhnlich zurückhaltend spielenden Robin Williams und Robert de Niro.
Die erste Frau, die für einen Regie-Oscar nominiert war
In der Wahl ihrer Themen blieb Marshall stets unberechenbar: „Eine Klasse für sich“ erzählte 1992 von einem weiblichen Baseballteam im Zweiten Weltkrieg, „Mr Bill“ entpuppte sich zwei Jahre später als launige Militärkomödie mit Danny DeVito in der Hauptrolle und biederer Überhöhung bildungsbürgerlicher Ideale. „Rendezvous mit einem Engel“ brachte 1996 schließlich Denzel Washington und Whitney Houston zusammen.
Penny Marshall schrieb Filmgeschichte, weil sie die erste Frau war, die einen Film drehte, der mehr als 100 Millionen Dollar einspielte („Big“). Auch war sie die erste Regisseurin, die in der Kategorie „Bester Film“ für einen Oscar nominiert wurde. In den letzten Jahren wurde es allerdings still um sie. Zwar gelang es Marshall noch, einige Filme zu produzieren (unter anderem „Verliebt in eine Hexe“, 2005). Aber als Regisseurin war sie nicht mehr gefragt. In den letzten Jahren hatte sie sehr mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen.