Barbra Streisand und das Comeback der Grande Dames in der Rockmusik
Keine alten Männer mit Hüten, sondern ein halbes Dutzend große Sängerinnen legten zuletzt große Comeback-Platten vor.
Es gibt keine Platten mehr von Roberta Flack und Ellen Foley, von Sheena Easton und Carly Simon. Das letzte Album von Cyndi Lauper war eine Art Anthologie mit Country-Songs. Bobbie Gentry privatisiert seit 40 Jahren. Ann-Margret spielt in der Serie „The Kominsky Method“ eine Frau, die einen Witwer (Alan Arkin) umsorgen will, der missgünstig beobachtet, wie methodisch sie isst: Eins nach dem anderen – wie die Nazis Europa eroberten, erzählt er Michael Douglas.
Bleibt also Barbra Streisand. Ihre Resilienz ist so notorisch wie ihre Renitenz, und in ihren berühmtesten Filmen spielt sie Frauen, die niemals aufgeben. Seit „Guilty Pleasures“, also seit 2005, hat sie kein Album mit neuen Songs herausgebracht. Aber sie hat viele Alben mit alten Songs herausgebracht: Duette mit Schauspielern, Broadway-Lieder, Songs des Autoren-Ehepaars Alan und Marilyn Bergman. „Walls“ nun ist eine Platte darüber, was sie so denkt.
AmazonEin paar alte Lieder sind auch drauf: „What A Wonderful World“ und „Imagine“, zu einem Medley verwoben, und „Happy Days Are Here Again“, ein Schlager von 1929. Was ja zeigt, dass Barbra Streisand in historischen Dimensionen denkt. Das Album „Walls“ heißt „Walls“, weil Mauern aussperren und einsperren, wie Streisand singt. Das ist so plakativ, dass es subtil ist. In der Sendung „Carpool Karaoke“ sitzt sie am Steuer und schaltet das Radio ein – und ihr „Enough Is Enough“ ertönt.
Frank Sinatra wartet schon
Jennifer Warnes, die mit Joe Cocker „Up Where We Belong“ sang und die Songs von Leonard Cohen auf „Famous Blue Raincoat“, hatte 16 Jahre kein Album aufgenommen. Jetzt, mit 71, ist ihr mit „Another Time, Another Place“ eine Platte geglückt, die so intim und berührend ist wie die Sammlung von Cohen-Liedern vor 30 Jahren. Rita Coolidge, die in den 70er-Jahren einige Alben mit Kris Kristofferson aufnahm und 1983 „All Time High“ für den James-Bond-Film „Octopussy“ sang, schwieg 13 Jahre und kehrte nun mit „Safe In The Arms Of Time“ zurück. Und Marianne Faithfull, die emsigste unter den großen alten Damen, legte „Negative Capability“ vor.
Sie alle haben noch vor sich, was Bob Dylan und Willie Nelson hinter sich haben: eine Platte mit Songs von Frank Sinatra.