Schriftsteller Tom Wolfe ist tot
„New Journalism“-Pionier und Star-Schriftsteller Tom Wolfe ist tot. Der „Fegefeuer der Eitelkeiten“-Autor starb im Alter von 87 Jahren.
US-Autor Tom Wolfe ist tot. Die „New York Times“ berichtete am Dienstag, er sei in einem Krankenhaus in Manhattan gestorben. Er erlag einer noch nicht bekannt gemachten Infektion. Wolfe erlangte u.a. mit dem Roman „Fegefeuer der Eitelkeiten“ (1987) Weltruhm.
Wolfe war ein brillanter Schriftsteller und Reporter, ein Pionier des subjektiven „New Journalism“-Stils, der sich mit Subkulturen (das Ken-Kesey-Porträt „The Electric Kool-Aid Acid Test“) ebenso wie mit amerikanischen Großunternehmungen wie der Weltraumeroberung und die waghalsigen Versuche der ersten Astronauten, den Mercury Seven („The Right Stuff“, 1979), auseinandersetzte. Einen ähnlichen Erfolg hatte damals nur Hunter S. Thompson mit seinem subjektiven Irrsinns-Stil, den er „Gonzo-Journalismus“ taufte.
Er brachte ROLLING STONE den HipHop bei
In den 1950er-Jahren stieg der Mann, der aus Virginia kam, seinen Südstaaten-Akzent behielt und sich am liebsten ganz in Weiß kleidete, zu einem Star seiner Zunft auf. Sein journalistischer Stil zeichnete sich durch große literarische Anteile und stark Charakter-bezogene Struktur aus – im Grunde war der „New Journalism“ auch Vorbild für den Pop-Journalismus und die Pop-Literatur, wie ihn hierzulande Autoren wie Christian Kracht inspirierten.
Nebenbei machte Wolfe den ROLLING-STONE-Gründer Jann Wenner mit einer Musikform namens HipHop bekannt.
Er liebte Auseinandersetzungen, vor allem mit seinem Konkurrenten Norman Mailer, der mit „Moonfire“ ebenso den amerikanischen Pioniergeist dokumentierte. 1987 dann sein Durchbruch als Literatur-Star: „Fegefeuer der Eitelkeiten“ beschrieb das Manhattan der „Masters Of The Universe“, der Wall Street und den Sturz eines reichen Börsenmanns ins Bodenlose.
Ganz New York dachte danach über diesen Roman nach, und was in welchen Gesellschaftschichten wohl falsch läuft, was sich gegen Rassismus tun, und ob sich überhaupt sozialer Frieden in dieser Stadt herstellen lässt.
„Ein ganzer Kerl“
Mit „Ein ganzer Kerl“, versuchte Wolfe 1998 an den Welterfolg anzuknüpfen, er siedelte das Milieu Manhattans einfach nach Atlanta um, machte seine neue Hauptfigur etwas sympathischer („the saddle bags!“), was natürlich nicht ganz gelingen konnte. Es folgten die Romane „Ich bin Charlotte Simmons“, eine Campus-Geschichte, der eher das Erstaunen des gealterten Wolfe über junge Frauen widerspiegelte als echte Einblicke lieferte; sowie „Back To Blood“, das in Miami spielte und politische Konflikte zwischen Amerikanern und geflüchteten Kubanern darstellen sollte, jedoch ebenso betulich wirkte.
„Viele Leute sind exzellente Briefeschreiber“, sagte Tom Wolfe 1975. „Aber die gleichen Leute wirken wie eingefroren, sobald sie etwas veröffentlichen wollen. Wir zensieren unsere Emotionen und besten Formulierungen, gestehen sie uns selbst nicht ein. Ich habe gelernt mich nicht selbst zu beschneiden, wenn ich schreibe. Ich lasse zu, dass die Dinge mich durchfließen, und dann kommen sie raus.“