Drangsal

Zores

Schwieriges zweites Album? I wo! Max Gruber singt jetzt meist auf Deutsch und lässt dunkle Melodien zu Pop werden

Drangsal: ein guter Künstlername. „Zores“, für Stunk, Gesindel und Wirrwarr stehend: ein guter Albumtitel, den man gern einmal englisch ausgesprochen hören würde. Das klänge sicher geheimnisvoll und bedrohlich. Doch Max Gruber aus Herxheim, der vor zwei Jahren mit „Harieschaim“ Kritik und Publikum begeisterte, hat sich von der englischen Sprache ab- und sich der deutschen zugewandt. Im Vergleich zu seinem Debütalbum haben sich die Verhältnisse umgekehrt: Auf „Zores“ gibt es nur einen englischsprachigen Titel. Ob die zwischenzeitliche Zusammenarbeit mit Gewalt und Casper diesen Richtungswechsel eingeläutet hat? Oder ein toller Song wie „Heultage“, zu finden auf der empfehlenswerten Compilation „Keine Bewegung 2“?

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Die Entscheidung ist jedenfalls alles andere als verkehrt, auch wenn der Refrain der Vorabsingle, „Turmbau zu Babel“, schlagerhafte Züge trägt. In manch anderem Lied (zum Beispiel „Und du? Vol. II“) hört Gruber sich an wie Farin Urlaub von den Ärzten. Musikalisch ist weiterhin der Einfluss von The Cure, The Smiths und Prefab Sprout spürbar, von leicht schattigem Post-Punk, New Wave und Pop. Dass Gruber seit Veröffentlichung seines Erstwerks, so sagt er, vor allem Metallica und Tool gehört habe, hat hingegen keine erkennbaren Spuren in seinem Schaffen hinterlassen. Bei aller Liebe zum Donnergrollen der Gitarre: Das ist auch gut so.

Es gibt geniale Bassläufe auf „Zores“, helldunkle Melodien, Zeilen, die dank lyrischer Widerhaken im Gedächtnis bleiben, und mit „-ACME“ ein ungemein starkes, lärmendes Abschlussstück. Dadurch, dass das Album im Gegensatz zum Vorgänger mit deutlich weniger Hall versehen wurde, dass die Stimme in den Vordergrund drängt, erzielt Drangsal eine unmittelbarere Wirkung. Er ist ganz nah dran am großen, leichtfüßigen Pop-Entwurf.

Und trotz aller oberflächlichen Gefälligkeit bleibt seine Musik eigensinnig und ein Stück weit unberechenbar. Man lasse sich nur vom zunächst zarten und dann schmetternden Auftakt, „Eine Geschichte“, in gerade mal zwei Minuten auf dem falschen Fuß erwischen. Das allein ist ein Kunststück für sich. (Caroline)