Deutsche Serie (die kaum einer kennt) gewinnt Emmy

Die Neonazi-Satire „Familie Braun“ wurde mit einem International Emmy ausgezeichnet. Eine andere deutsche Hoffnung blieb bei der Verleihung aber unerfüllt.

And the emmy goes to: „Familie Braun”! Die vom ZDF produzierte Mini-Serie um eine Neonazi-WG hat am Montag (20. November) in New York den renommierten International Emmy bekommen. Bei der Verleihung konnte sich die acht Folgen umfassende Reihe gegen Beiträge aus Kanada, Argentinien und Brasilien durchsetzen.

Mehr zum Thema
Morrissey verteidigt Kevin Spacey - „Angriffe sind total unnötig“
Die Dramedy mit jeweils nur vier Minuten langen Episoden handelt von den beiden Freunden Kai und Thomas, beide überzeugte Neonazis, die von einem Tag auf den anderen von Thomas‘ Tochter besucht werden. Sie ist sechs Jahre alt und schwarz. Lara ist Ergebnis eines frühen One-Night-Stands des 20-Jährigen und bringt die vermeintlich festen (rassistischen) Überzeugungen der beiden ordentlich durcheinander.

„Vielen Dank an die Jurys auf der ganzen Welt, dass sie für unser kleines Programm gestimmt haben”, sagte Produzentin Beatrice Kramm, als sie die Trophäe erhielt. Ursprünglich wurde das Format für das Internet produziert, es lief aber auch im ZDF im Nachtprogramm.

Sonja Gerhardt ging leer aus

Eine weitere deutsche Hoffnungsträgerin für einen International Emmy ging allerdings leer aus: Schauspielerin Sonja Gerhardt, nominiert für ihre Rolle in „Ku’damm 56” (ebenfalls eine ZDF-Serie), hatte in der Kategorie „beste Darstellerin“ das Nachsehen gegen die Britin Anna Friel („Marcella”).


 

Von Marc Vetter

Wieder gewinnt eine deutsche Serie einen internationalen Preis. Und schon wieder hat sich hierzulande kaum einer dafür interessiert. „Familie Braun“ ist seit langer Zeit in kompletter Fassung in der Mediathek des ZDF verfügbar. Sie erhielt – trotz ihrer manchmal platten Kalauer und einer durchaus nicht immer geschmackssicheren Inszenierung – ausgezeichnete Kritiken. Doch trotzdem vermied es das ZDF, die eigene Produktion mit entsprechender Werbung zu stärken, sie vielleicht auch einmal mutig auf den vorderen Plätzen im Hauptprogramm auszustrahlen. Auch wenn die Produzenten und vielleicht sogar bald der ZDF-Intendant vorgeben, stolz auf die Serie zu sein, so sieht es doch in Wahrheit ganz anders aus. Zwar werden Gebührengelder für solche durchaus mutigen Experimente ausgegeben (das Konzept von „Familie Braun“ hätte in anderen Händen sicher furchtbar verunglücken können), aber sie sollen ganz bewusst Nischenprodukt bleiben. Damit das große Publikum nicht verschreckt wird. Wer sagt eigentlich, dass solche intelligente Unterhaltung nicht auch hierzulande eine Mehrheit finden könnte? Auch außerhalb des Internets. Und ganz ohne Spartenkanäle wie ZDFNeo. So wird der Mut deutscher Fernsehmacher wieder einmal in den USA belohnt.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates