Robert Plant
Carry Fire
Nonesuch / Warner
Während alle auf die nächste Led-Zeppelin-Reunion warten, setzt deren Sänger auf fragile Romantik statt auf Breitbeinigkeit
In der Gerüchteküche blubberte es mal wieder aus allen Töpfen, als im Frühjahr des Jahres auf Robert Plants Website die kryptischen drei Wörter erschienen: „Any time now …“ Ja, was wohl? Die längst fällige Led-Zeppelin-Reunion natürlich, der sich Plant nach dem überzeugenden One-Night-Stand 2007 in der O2 Arena immer wieder verweigert hatte. Mit dem neuen, elften Soloalbum, wieder in Begleitung der Sensational Space Shifters, dürfte zumindest bis Anfang 2018 erst einmal Ruhe einkehren, so lange wird „Carry Fire“ mindestens betourt. Aber dann steht auch schon der 50. Bandgeburtstag vor der Tür, die monetären Offerten dürften durch die Decke gehen und also dem Legendenstatus zumindest noch etwas Quantitatives hinzufügen. Da sollte es doch wohl mit dem Teufel zugehen, wenn Plant, Page, Jones und Bonzos Sohn Jason sich nicht einigen könnten.
Die Space Shifters erweisen sich hier, wie schon bei der letzten Zusammenarbeit, „Lullaby And … The Ceaseless Roar“ (2014), als abgefeimte Stilalchemisten, die Plants sanften, bisweilen nur gehauchten Wiegenliedern einen Hybridsound verpassen, der tief in der Tradition verwurzelt ist, aber zugleich auch mit den Segnungen des digitalen Zeitalters etwas anzufangen weiß. Global Folk trifft hier auf elektronisch aufgemotzten Desert Blues, lakonisch abgestrippter Americana wird mit lässigen Drumloops chillroomkompatibel.
Fragile Stilmischungen
Das Titelstück, ein von wahrhaft verzehrender Liebe erzählendes Märchen aus Tausendundeiner Nacht, spielt souverän mit arabischen Harmonien und den dazu passenden orientalischen Saiteninstrumenten. Bei „A Way With Words“, Plants flehender Bitte an die Verflossene, zurückkehren zu dürfen, bricht ihm fast die Stimme. Und die Band spielt am Rand des Verstummens. Hier eine getupfte Pianophrase, dort ein schlurfender Slide, darunter ein Sample, das an ein U‑Boot-Sonargerät erinnert. Adäquater hat noch niemand hängende Schultern musikalisch in Szene gesetzt.
Es sind ziemlich fragile Stilmischungen, die hier entstehen. An keiner Stelle dieses Albums trumpft die Band auf – stets ist sie um Zurückhaltung bemüht, als müsste sie Vorsicht walten lassen, um dieses intrikate, temporäre Gleichgewicht nicht zu zerstören. Dazu passt auch Plants fast schon schüchterne Intonation. Die rohe, körperliche Liebe, die er sonst breitbeinig und mit dicker Lippe einfordert, transformiert er hier in etwas säuselnd Esoterisches. Und vor allen Dingen ist er es, der sich ihr hingeben muss: „Still captive and still yearning/ Surrender to your light.“ Im Alter werden sie also doch noch romantisch.