Billy Childish: „Man with Jackdaw“ – Ausstellung in Potsdam
Childish macht Musik, aber er hört nicht gern Musik, Childish malt, aber er hasst Museen und Galerien. Seine Ausstellung in der Villa Schöningen in Potsdam demonstriert, dass aus dem selbsternannten Amateur in allen Künsten nun doch ein professioneller Maler geworden ist.
Billy Childish ist ein Pionier des Punk, ein Maler und Fotograf, ein Filmemacher und Dichter, vor allem aber ist Billy Childish ein Gesamtkunstwerk. Das wurde auch am gestrigen Abend bei der Eröffnung seiner Ausstellung „Man with Jackdaw“ in der Villa Schöningen in Potsdam deutlich. Der Mann mit dem Zwirbelbart und den obligatorischen Hosenträgern, der in seiner altmodischen Garderobe anmutet wie ein Bruder von Vincent van Gogh, führte die Besucher durch die Räume, trug Gedichte vor und sang – großenteils a-capella – alte Bluessongs von Leadbelly und Son House.
Billy Childish hat eine geradezu körperliche Nähe zu Deutschland, schließlich hat er sich in den Siebzigern ein Gedicht des deutschen Dada-Poeten und -Malers Kurz Schwitters auf die linke Pobacke tätowieren lassen. Und tief im Inneren ist Childish selbst auch ein Dada-Ist. Spätestens seit der Abhandlung des amerikanischen Popkulturhistorikers Greil Marcus, „Lipstick Traces“, wissen wir ja um die Nähe zwischen Dada und Punk, waren doch beides Kunstbewegungen, die sich zugleich gegen die (arrivierte) Kunst richteten und dem performativen Akt eine größere Bedeutung zumaßen als dem Werk. Childish macht Musik, aber er hört nicht gern Musik, Childish malt, aber er hasst Museen und Galerien.
Die Villa Schöningen gefalle ihm als Ausstellungsort, weil sie ursprünglich eben nicht als Kunst-, sondern als Wohnort konzipiert wurde und dieser häuslich, heimische Charakter noch spürbar sei, erklärt er.
Auf den ersten Blick wirken seine großformatigen Landschaftsaufnahmen, Selbstporträts und Aktstudien nicht wie die Werke eines Punks, aber die Haltung, die dahinter steht, ist es durchaus, denn auch diese Bilder richten sich gegen die Kunst, genauer gesagt gegen die postmoderne Konzeptkunst, sie orientieren sich an der klassischen Moderne, am Expressionismus von Edvard Munch und Egon Schiele. Sucht man einen Bezug in der zeitgenössischen Kunst, fällt einem vor allem der Schotte Peter Doig ein, mit dem Childish seit Kunstschultagen befreundet ist. Der jedoch ging nicht den Weg des Outsiders und gehört heute zu den höchstbezahlten Künstlern weltweit.
„To Never Let My Cock Fall“
Mittlerweile hat der Kunstmarkt allerdings wohl auch Childish für sich entdeckt, und der Künstler scheint sich nicht mehr ganz so stark dagegen zu wehren. Früher malte er ausschließlich an Sonntagen im Haus seiner Mutter und stellte bei jeder dieser Sessions mindestens ein Bild fertig. In seinen neuen Bildern steckt, das sieht man, weitaus mehr Arbeit und Ambition. Vielleicht ist aus dem selbsternannten Amateur in allen Künsten nun doch ein professioneller Maler geworden.
„I am Billy Childish“, erklärt er schließlich den zahlreichen leicht irritierten Weißwein- und Kunstliebhabern bei seinem kleinen Konzert. „Ex drunk/ And compulsive masturbator/ Late nite vomiter of good liquor/ Kisser of purple lipped women/ Writer of poems celebrating the/ Emptiness of my love/ Poems hungering for the moment/ Of my passion/ Wishing it could always be so/ To never let my cock fall.“ Dann stimmt er den alten Bluessong „John the Revelator“ an. Eine neue Platte hat er in der Woche vor der Ausstellungseröffnung auch noch aufgenommen.
Die Ausstellung „Man with Jackdaw“ ist noch bis zum 18. Januar in der Villa Schöningen in Potsdam zu sehen.