Review: „Game Of Thrones“, Staffel 7, Folge 2: Sex, Tod und Sandschlangen
Diplomatie, Streit – und am Ende eine obligatorische See-Schlacht. Wohin steuert „Game Of Thrones“?
Dieser Text enthält Spoiler.
Wow! So deutlich hat die Khaleesi den Bastard Jon Snow bislang nicht adressiert: „Richtet ihm aus, dass seine Königin ihn nach Dragonstone einlädt und er auf die Knie fallen soll.“ Keine Frage, die Herrin über die Drachen und der König des Nordens sind die letzten Guten im Kampf um den Eisernen Thron. Jetzt kommt es darauf an, wer die dickeren Eier hat. Snow will nachgeben und Daenerys‘ Einladung annehmen. Auch auf die Gefahr hin, dass es eine Falle ist.
In der zweiten Folge der siebten „Game Of Thrones“-Staffel, „Dragonstone“, gibt es weit mehr diplomatischen Krawall als in vielen davor. Es ist eine Streit-Episode, aber keine sehr geschwätzige. Die Eskalationen hängen natürlich auch damit zusammen, dass so viele Herrscher unterschiedlicher Temperamente in einem Raum versammelt sind wie bisher nicht.
Um die Khaleesi scharen sich Olena Tyrell, Yara Greyjoy sowie die Sippe von Ellaria Sand. Alle grummeln sie, aber alle stimmen sie auch dem Plan Tyrions zu, wie man die Lennisters anzugreifen hat. Die Unterschiedlichkeit der Charaktere, aber auch ihr Einverständnis soll durch eine bestimmte, wenn auch schlichte (Regie)-Anweisung zum Ausdruck gebracht werden: Die Wikingerin nickt, die Frau aus dem Wüstenparadies lächelt, die alte Dame sitzt da wie versteinert.
Kleinfinger und die Spinne
Aber vielleicht müssen sich auch die Intrigen spinnenden Berater bald Sorgen um ihre Zukunft machen. Es gab bislang wohl noch keine „Game Of Thrones“-Episode, in der beide, Varys und Lord Baelish, derart fertig gemacht wurden. Jon Snow würgt Kleinfinger halb tot, die Spinne wiederum wird von Daenerys ins Kreuzverhör genommen, ihr ja immer schön die Wahrheit zu sagen. Die Spinne knickt fürs erste ein.
Und doch gelingt es Varys, seiner neuen Herrin in wenigen Sätzen ein paar Spitzen zu verpassen. Er sagt: Bevor sie die Frau Khal Drogos wurde (Abwertung), habe er nichts von ihr gewusst (Abwertung), außer, dass sie schön sei (Abwertung). In der Szene zeigt sich wieder einmal die Klasse von Peter Dinklage, der den beisitzenden Tyrion verkörpert. Während Varys Treue schwört, blickt Tyrion mit undeutbarem Blick zur Seite: Glaubt er ihm, glaubt er ihm nicht? Schlechte Schauspieler hätten dabei entweder leise geseufzt, eingeatmet oder die Kiefer mahlen lassen.
Hoffentlich sind Kleinfinger und die Spinne noch nicht erledigt – „GoT“ war immer dann am besten, wenn Hinterhalte geplant wurden, nicht klare Ergebnisse forciert.
Mittlerweile, auf der anderen Seite …
Der Feind macht auch weiter. Cersei Lennister verbreitet Fake News, um Untergebene um sich zu scharen. Die Khaleesi, sagt sie, habe auf dem Weg zu ihrer Macht ehrenwerte, unschuldige Männer gepfählt und sie anschließend an ihre Drachen verfüttert. Jaime sekundiert: „Daenerys brachte Dothraki an unsere Küste! Zum ersten Mal in unserer Geschichte!“ Die Lennister-Doppel-Masche funktioniert, auch ihre Armee der Ängstigen wird dadurch größer.
Tiefpunkte gibt es auch
Das Netz freute sich besonders über die Sex-Szene von Grauer Wurm und Missandei. Der Soldat und die Übersetzerin gehören zusammen. Die Zuschauer haben es herbeigesehnt. Doch hätte der Akt nicht stattfinden dürfen. Bislang war es die Kunst von „Game Of Thrones“, bestimmte Bedürfnisse eben nicht zu erfüllen. Keine der Figuren, die in der Serie einen anderen Menschen über einen langen Zeitraum begehrt hat, wurde dafür belohnt. Dieser „Darf ich mal gucken“-Moment von Grauer Wurm und Missandei war als Payoff gedacht, beendete aber alle Spannung, die zwischen dem Eunuchen und der Dienerin herrschte. Einer der beiden wird nun wohl bald sterben. Es war der Versuch der Serienmacher, eine viel diskutierte Szene herbeizuführen – wie haben zwei Sex, wenn bei einem etwas fehlt.
Die Tendenz der sechsten Staffel, unnötig gewordene Figuren schnell wieder ins Bewusstsein zu rücken, nur um dank ihnen die berüchtigte „Es kann jeden treffen“-Kill-Quote zu erfüllen und sie zum Opfer zu machen, wird auch mit dieser Folge fortgesetzt. Diesmal trifft es zwei der drei Sandschlangen. Bevor ihre Flotte angegriffen wird, dürfen die jungen Frauen, die längst in Vergessenheit geraten waren, ein paar Mädchen-Klischees erfüllen. Spielerisch rufen sie nach Mama, bevor es ihnen an den Kragen geht.
Dann geht’s los. In einer mit vielen Schnitten und im Dunkeln gedrehten Szene wird nicht ganz deutlich, warum sie Euron Greyjoy mit ihren Wurfgeschossen lediglich anritzen, statt den gegnerischen Anführer augenblicklich zu töten (er darf halt auf Wunsch der Serienmacher noch nicht sterben).
Der Tod der quengelnden Sandschlangen berührt nicht. Theons feiger Fluchtsprung ins Wasser, mit dem die Episode bedeutungsschwanger enden soll, berührt aber auch nicht. Was sollte seine Flucht auch für Folgen haben? Dafür wird er nicht hingerichtet, von niemandem, wer immer ihn auch findet.
Here’s Eddie!
Gut möglich, dass Ed Sheeran nach dieser Folge unter „Game Of Thrones“-Fans noch unbeliebter wird. Denn Arya Stark beschließt, ihre tödliche Mission gegen Cersei zu beenden und nach Winterfell zurückzukehren. Mit ihrer Ankunft in Winterfell bei Jon Snows gleichzeitiger Abreise Richtung Dragonstone könnte vielleicht versucht werden, die Starks noch ein wenig länger auseinanderzuhalten, was für die Zuschauer sicher reizvoll ist. Schließlich findet die Serie ihre Tiefe in zwei Geschichten. In der Rache Tyrions an seiner Familie. Und in der Wiedervereinigung der Kinder Eddard Starks.
Aryas Richtungswechsel zur Heimat hin bedeutet aber auch, dass ihr bisheriger Waldspaziergang unnötig für die Story-Entwicklung gewesen ist – ihr Treffen mit den Sheeran-Soldaten hat keinerlei Sinn gehabt.
Aber gut, dass der singende Megastar dabei war.