Lindsey Buckingham/Christine McVie

Buckingham/McVie

Früher hätte man gesagt: Ich höre fünf Singles. Also die Hälfte des kurzen Albums. Und fünf Singles wären auch veröffentlicht worden. Drei Klopfer, zwei Balladen. Eine gute Quote.

Ist es nicht die falsche Frau? 40 Jahre nach „Rumours“ ­wäre es ein Treppenwitz der Pop-Historie gewesen, wenn Stevie Nicks und Lindsey Buckingham ein gemeinsames Album aufgenommen hätten, das nicht Fleetwood Mac gewesen wäre. Buckingham hat aber ein Album mit der anderen Kollegin, mit Christine McVie, aufgenommen. McVie war möglicherweise die Einzige, die an dem unheiteren Fleetwood-Mac-Liebeszirkus nicht teilnahm.

„Buckingham/McVie“ würde als Album von Fleetwood Mac nicht irritieren. Buckinghams metallisches Gitarrenspiel, die immer himmelwärts zum emphatischen Singalong strebenden Refrains, die schmusigen Gesangsharmonien, die verlässlich altertümliche Mainstreamproduktion, das laut gesetzte Schlagzeug, künstliche Calypso-Anklänge und die gemütlichen Tequila-Sunrise-Vibrationen verweisen auf eine Platte der mittleren 80er-Jahre. McVie und Buckingham haben das Middle-of-the-road-Radio nicht verlassen – das Middle-of-the-road-Radio hat nur sie verlassen.
Neben Buckinghams zartbitteren Halb-gute-Laune-Songs –etwas populistisch-bierzeltig am Anfang des Albums: „Sleeping Around The Corner“ – hat McVie eine ihrer patentierten süßlichen Balladen geschrieben, „Game Of Pretend“, die sie auch sehr passabel singt: „Take away the emptiness/ And I will follow behind you …“

Reime und Durchhalteparolen

Ihr „Red Sun“ schippert schlagerselig ins Glühend-­Schnulzige. Gedehnt raspelt Buckingham zu seinem pizzikaten Gitarrenspiel „Love Is Here To Stay“, und der Wind bläst in eine Richtung. Bei dem unwahrscheinlich aufgekratzten (Jargon: „rockigen“) „Too Far Gone“ klöppelt in „Tusk“-­Manier eine Trommelschwadron, „Feel About You“ und „In My World“ sind anheimelnd nostalgische Grüße aus der Welt, in der es Singles und Gassenhauer gab. Der wehmütige Buckingham-­Schunkler „On With The Show“ verbreitet mit gutmütigen Reimen und Durchhalteparolen spieldosenartiges Wohlgefühl für die Best Agers.

„Carnival Begin“, von McVie gesungen, verbindet am schönsten das Sehnsuchtsvolle mit dem Wolkigen, das Schwer­blütige mit dem Leichtsinn. Buckingham hebt zu einem pathetischen Gitarrensolo an, das nicht einmal Eric Clapton wagen ­würde – und das die Platte geradezu unvermittelt beschließt, in eine neblige, irgendwie ozeanisch-karnevaleske Zukunft ­entschwindend.

Früher hätte man gesagt: Ich höre fünf Singles. Also die Hälfte des kurzen Albums. Und fünf Singles wären auch veröffentlicht worden. Drei Klopfer, zwei Balladen. Eine gute Quote.
(Warner)

https://www.youtube.com/watch?v=VwBy3TvzPEU