Soundgarden arbeiteten an einem neuen Album
Wie Gitarrist Kim Thayil sagte, existieren einige neue Soundgarden-Songs in Demo-Form.
Soundgarden hatten bis zum Tod Chris Cornells an einem neuen Album gearbeitet. Gitarrist Kim Thayil sagte zu „Billboard“, dass es „in den letzten Jahren immer wieder Sessions gegeben“ hätte. Das letzte Werk der Band, „King Animal“, erschien 2012.
Thayil fügte hinzu: „Wir hatten immer wieder nach Gelegenheiten gesucht, an denen wir alle vier zusammenkommen konnten um uns gegenseitig neues Material zu präsentieren. Danach gab’s Jam-Sessions und Gemeinschaftsarbeit.“
Es gibt Demos
Der Gitarrist weiter: „Es gibt Songs in Demoform. Matt Cameron hat welche fertig, Chris auch einige. Dazu Texte für Lieder von mir und Ben Shepherd. Rehersals, alle Arten von Entwicklungsstufen.“
Cornell freute sich aufs nächste Konzert
Ein Video des Soundgarden-Konzerts in Detroit (17. Mai) zeigt, wie Chris Cornell sein Publikum im Fox Theatre anheizt. „Detroit, Jesus!“, ruft er vor der Zugabe ins Publikum. „What a fucking show! Es tut mir jetzt schon leid für die nächste Stadt, in der wir spielen werden! (am 19. Mai wären Soundgarden in Columbus aufgetreten, Red.)“.
Und Cornell flachst weiter: „Dort könnten wir die Erwartungen doch eh nicht erfüllen. Den Leuten dort werde ich sagen: ‘Ihr hättet in Detroit sein sollen, dort war das Publikum toll'“
Todesursache Chris Cornell
Chris Cornell hat Selbstmord begangen. Wie die Gerichtsmedizin bestätigte, hat sich der Soundgarden-Sänger erhängt. Die Polizei fand die Leiche des 52-Jährigen in seinem Hotelzimmer im MGM Grand Hotel in Detroit. Wenige Stunden zuvor hatte Cornell im Fox Theatre ein Konzert gegeben.
Nach einem Notruf bei der Polizei brachen Ersthelfer die Badezimmertür in der Suite des Sängers auf und fanden ihn leblos, mit einer Schnur um den Hals.
Nachruf auf Chris Cornell
Geklöppel, Feedback-Geflirre, dann ein zickiges Gitarrenriff, tiefergelegtes Bassdröhnen und der glasklare, erotisch aufgeladene Gesang des schönen Mannes: „And you stare at me / In your Jesus Christ pose“. Ich verstand immer „I’m your Jesus Christ pose“, und das war fair enough. Denn der schöne Mann, der im Video zu dem Song mit nacktem Oberkörper, wehender Löckchenmatte und eben jener Erlöser-Pose in der Wüste herumsteht, war Chris Cornell, Vorsteher der Band Soundgarden, Erneuerer des Rock und hier gerade in der Form seines Lebens.
Nun ist er tot. Mittwochnacht plötzlich und überraschend gestorben, mit gerade mal 52 Jahren, im Anschluss an ein Konzert seiner Band in Detroit.
Damals, 1991, hoben Soundgarden an, den Mainstream zu erobern. Nur einen Monat vor „Badmotorfinger“, dem Album von dem „Jesus Christ Pose“ stammt, war „Nevermind“ veröffentlicht worden. Cornell und Kurt Cobain kamen beide aus Seattle, hatten den Sound erfunden, den man dann Grunge nannte, hatten sich aber nicht viel zu sagen. Cobain machte sich über den Älteren lustig; es gibt eine wackelige Videoaufnahme, in der er Cornells Gesangsstil nachäfft. Nirvana kamen vom Indie-Punk, Soundgarden von Led Zeppelin. Und was Nirvana zur größten Band der Neunziger machte, das fehlte Soundgarden weitgehend: Das Gespür für Pop. Depressiv waren beide, Cobain und Cornell.
Scheidungskind Cornell saß zunächst und seit den frühen 80er-Jahren hinter dem Schlagzeug, zunächst auch noch bei Soundgarden, die er gemeinsam mit dem Bassisten Hiro Yamamoto und dem Gitarristen Kim Thayil 1984 gründete. Das erste Soundgarden-Album, „Ultramega OK“, erschien 1988 – ein Jahr vor Nirvanas Debüt – noch auf dem ultramegakorrekten Undergroundlabel SST, dessen Motto „Corporate Rock still sucks“ damals auf der Stoßstange jedes verbeulten Vans zwischen Detroit und Seattle klebte. Kaum ein Jahr später wechselten sie zur Corporate Company A&M, auf „Louder Than Love“ war aber immerhin „Big Dumb Sex“, der Song mit dem markigen „Fuck you“-Refrain. Doch erst mit „Badmotorfinger“ und „Jesus Christ Pose“ erfüllte sich das Versprechen eines erneuerten Hardrocks, einer Metal-Band für Hipster, heißer, schöner, eleganter als ein Lavastrom.
Noch zwei Mal erhob Chris Cornell sein schönes Haupt: Ein paar Monate vor dem smarten feedbacksatten Sechsminüter „Jesus Christ Pose“ (wo er ja übriges einen Spiegel nagelt, in dem er sich selbst sieht – quite freudianisch, isn’t it?) hatte Cornell mit Mitgliedern von Mother Love Bone und Pearl Jam die Band Temple Of The Dog gegründet, ein temporäres Nebenprojekt, das viel deutlicher noch als Soundgarden auf seine Liebe zu klassischen Hardrock- und Metal-Motiven verwies. Ihr einziges Album ist ein feinnerviges Pastiche, elegant schimmernder Rock, wie es ihn in jener Zeit eigentlich nicht gab. Die Arbeit mit den Kollegen der später um ein Vielfaches erfolgreicheren Band um Eddie Vedder (der übrigens auch ein kleines bisschen auf „Temple Of The Dog“ mitwirkt) mag abgefärbt haben. Mit „Black Hole Sun“ schufen Soundgarden 1994 eine der schönsten Hardrock-Balladen, ein krächzendes, federleichtes, gleichwohl bassig-schweres Klammerbluesmonster, das die Zeit gut überdauert hat. („Superunknown“, das dazugehörige Album, eher nicht in voller Länge.)
Cornells ewige Sehnsucht
Ein knappes Jahr später erschoss sich Cobain. Und mit Grunge war es schnell vorbei. Auch mit Soundgarden. Chris Cornell wurde nicht zum neuen Rock-Messias, füllte nicht die Leerstelle, die Cobain hinterlassen hatte – nicht wenige (vor allem in der Musikindustrie) hatten das wohl gehofft. Es kam überhaupt keiner mehr nach. Pearl Jam wurden groß, aber Vedder kein Idol. Die Nullerjahre kamen, Cornell hatte nun mit Musikern von Rage Against The Machine eine neue Band, Audioslave, gegründet. Die klangen ein bisschen nach Cornells ewiger Sehnsucht, den Hardrockträumen der Siebzigerjahre und überdauerten die Nullerjahre nicht.
Cornell nahm Soloalben und einen James-Bond-Song auf, er reformierte Soundgarden und spielte beim Lollapalooza. Aber all das waren natürlich bloß noch Nachwehen eines großen Moments Anfang der Neunzigerjahre, als Cornell wie der Erlöser der klassischen Rockmusik im Wüstensand stand. Dass der Song dann nach wahnsinnig vielen Minuten noch in einer Feedback-Improvisation enden durfte, machte eben auch den Unterschied zu den Anderen aus. Sowohl zu denen aus dem Mainstreamradio wie auch zu dem Nachbarn aus Seattle, der seine Rockpose im eigenen Badezimmer so gnadenlos nachäffte.
Sie können ja jetzt im Himmel noch mal drüber reden.