So unglaublich reagierte Leonard Cohen auf den Literaturnobelpreis für Bob Dylan
Während Bob Dylan nur einmal kurz mit den Schultern zuckte, als ihm der Literatur-Nobelpreis zugesprochen wurde, reagierte Leonard Cohen ambivalenter.
Was viele Musikbegeisterte schon seit Jahrzehnten wissen, ist nun auch mit einer der wichtigsten Auszeichnungen belegt: Bob Dylan ist ein Poet. Am vergangenen Donnerstag (13. Oktober) wurde verkündet, dass der Sänger den Literatur-Nobelpreis erhalten wird. Jahrelang wurde der 75-Jährige als Favorit gehandelt.
Während Dylan selbst schweigend auf die besondere Ehre reagierte, jubelte die Musikwelt einhellig. Das wohl faszinierendste Kompliment lieferte allerdings sein Kollege Leonard Cohen. Er sagte bei einem Q&A in Los Angeles, wo er sein neues Album „You Want It Darker“ vorstellte: „Für mich ist das in etwa so, als würde man ein Schild vor dem Mount Everest errichten, auf dem ‚höchster Berg der Welt‘ steht.“
Kritik an der Nobelpreis-Entscheidung
Nach der Entscheidung des Nobelpreiskomitees gab es nicht nur Stimmen der Genugtuung (Tom Waits: „ein großartiger Tag für die Literatur und für Bob“), sondern auch deutliche Kritik. Deutschlands Literaturkritik-Papst Denis Scheck raunte, dass man den Preis lieber Donald Duck gegeben hätte. Liest man Cohens Lob noch einmal, so wird hinter der Verehrung einer seiner Helden auch leise Kritik deutlich.
Braucht jemand, von dem im Grunde jeder weiß, dass er die Kulturgeschichte Amerikas entscheidend geprägt hat, eine derartige Auszeichnung noch? Bob Dylan hat im Laufe seiner (unglaublichen) Karriere nun den Nobelpreis, den Pulitzerpreis, mehrere Grammy Awards und sogar einen Oscar (für „Things Have Changed“ aus dem leider zu Unrecht vergessenen Film „The Wonder Boys“) erhalten.
Natürlich hatte das Feuilleton für ein paar Tage noch einmal eine hübsche Diskussion um heiße Luft, aber vielleicht wäre es in dem Fall interessanter gewesen, auch andere Musiker ins Spiel zu bringen, die den Literatur-Nobelpreis verdient hätten. Da wäre Leonard Cohen sicher auch ein prominenter Kandidat.
Neue poetische Ausdrucksformen
In der Begründung des Nobelpreis-Komitees der Schwedischen Akademie heißt es, dass Dylan „neue poetische Ausdrucksformen innerhalb der großen amerikanischen Song-Tradition“ erschaffen habe.
ROLLING-STONE-Redakteur Maik Brüggemeyer lobte die Entscheidung: „Letztendlich hat Dylan hinter der Maske seiner Stimme wie ein Schauspieler der italienischen Commedia dell’Arte die großen Themen des Lebens durchgespielt und sie so zur Kunst erhoben, er gab den Rebellen, den Künstler, den Suchenden, den Liebenden, den Gläubigen und den Apokalyptiker, und im Zentrum seiner Kunst stand immer die große Frage nach dem, was den Menschen ausmacht.“