Die 5 unheimlichsten Szenen in David Lynchs Kultfilm „Blue Velvet“
David Lynchs beunruhigender Film-Albtraum definierte vor 30 Jahren einen neuen amerikanischen Surrealismus im Kino und prägte zum ersten Mal viele Themen, die mit dem Regisseur auch heute noch verbunden werden.
Es ist heute kaum noch vorstellbar, auf welchen Widerstand „Blue Velvet“ stieß, als er 1986 ins Kino kam. Kritiker warfen David Lynch vor, auf unverschämte Art mit frauenverachtenden Bildern zu spielen; die sado-masochistischen Praktiken, die der Film andeutet, wurden dem Regisseur als gezielte Provokation und Geschmacklosigkeit ausgelegt. Es gab sogar kleinere Demonstrationen gegen den Film, freilich nur im prüden Amerika.
Der Rest der Welt (und später auch Lynchs Heimatland) staunte über das mysteriöse „blue movie“, das sich über eine Handvoll märchenhaft-simpler Figuren in einer dieser Postkarten-Kleinstädte in den USA in eine verbotene Zone sexueller und aggressiver Ausschweifungen hineinträumte. Ausgangspunkt war ausgerechnet ein Schlager von Bobby Vinton; Lynchs Faible für die vermeintlich heile Welt der 50er, unter deren Oberfläche es gewaltig gärte, wurde hier zum ersten Mal deutlich – in späteren Filmen wuchs es zu einem stets anzutreffenden, gespenstischen Grundrauschen.
Wegen seiner ausgeprägten Farbdramaturgie, die schon mit der ersten Einstellung des Films etabliert wird, dem schillernden Soundtrack (der Roy Orbison zum Comeback verhalf) und seinen so verführerisch herausgeputzten Traumsymbolen wurde „Blue Velvet“ schnell zum Kultklassiker erklärt. Lynch gelang es zudem, auf erschreckend plausible Art und Weise den American Way Of Life gleichzeitig zu feiern und in einem Säurebad unheimlicher Bilder zu zersetzen.
ROLLING STONE listet fünf unvergessliche Szenen aus „Blue Velvet“ auf:
Blaue Wolken und schwarze Käfer
Der blaue Samtvorhang öffnet sich und gibt den noch viel blaueren Himmel frei. Zu den Klängen von Bobby Vintons Schlager „Blue Velvet“ schwenkt die Kamera auf einen weißen Zaun und rote Rosen, die sich sanft im Wind wiegen. Wir sind in Lumberton; die Welt könnte heiler nicht sein, Feuerwehrleute winken scheinbar direkt in die Kamera, Schulkinder überqueren sicher eine Straße , ein Mann sprengt den Rasen in seinem Garten. Doch dann passiert etwas. Der Mann – es ist Mr. Beaumont, der Vater von Hauptfigur Jeffrey – greift sich an den Hals, bricht zusammen. Ein Hund und ein kleines Kind laufen herbei, schauderhafte Geräusche verdrängen den Score und die Kamera gräbt sich tief unter die Grasnarbe, wo sich in der absoluten Dunkelheit schmatzende Käfer aufeinanderstürzen. Vielleicht ist dies die perfekteste Einstellung im gesamten filmischen Werk Lynchs: eine bedrückende, surrealistische, großartig choreographierte Schreckensfahrt vom Himmel in die Hölle.
Seite 2: Die Kamerafahrt ins Ohr