Lisa Hannigan
At Swim
Wenn die Irin über Schnee, Vögel und das Ertrinken singt und sich selbst vergisst, erinnert sie manchmal an Melanie
Der Hollywoodstar Mickey Rourke hat ja mal so ausgesehen und gelächelt, dass sogar Bob Dylan kurz davor war, sich in ihn zu verlieben, nachdem sie einander begegnet waren. Ende der 80er-Jahre dachte Rourke oft an den Tod und wählte danach die Drehbücher: Er bescheißt den Teufel (Robert De Niro), ermordet ein paar Menschen und vergisst diese Schwerverbrechen, der Teufel erinnert ihn daran, Rourke fährt mit dem Fahrstuhl zur Hölle, der Teufel wartet schon am Feuer. Im selben Jahr, 1987, spielte Rourke auch einen IRA-Terroristen, er will nicht mehr töten, da er versehentlich Kinder umgebracht hat, ein Priester (Bob Hoskins) erlöst ihn vom Übel; der Film ist ein Witz -ohne Absicht und heißt im Original „A Prayer For The Dying“. Die Irin Lisa Hannigan veröffentlicht jetzt ihr drittes Album und das Lied „Prayer For The Dying“ und füllt den Titel endlich mit Sinn und Würde.
Lange war Lisa Hannigan als Sängerin bei Damien Rice angestellt, gut, dass sie nun allein arbeitet. Hannigan hat eine Art Heimweh, das gar nicht weiß, wo das Zuhause denn sein soll: Sie gleicht da Van Morrison und unterscheidet sich von dem Küstenbewohner Hans Albers, der drängte immer zu seiner Braut, der See. Die 35‑jährige Lisa Hannigan sollte keine Zöpfchen mehr tragen, es zeigt sich auch ohne diese Frisur, dass sie für die Natur ist und gegen die Technik. Wenn Hannigan singt und sich dabei selbst vergisst, dann erinnert ihre Stimme manchmal an Melanie Safka, die 1969 in Woodstock auftrat und die 500.000 Hippies dort gerechterweise mit „beautiful people“ anredete.
Hannigan hat „At Swim“ in New York aufgenommen und sich unter den vielen Leuten bestimmt oft verlaufen; noch zehn oder 20 solcher Alben, und sie wird in Europa so angesehen sein wie Joni Mitchell in Amerika. Am 1. November, einem Tag der Toten, kommt Lisa Hannigan nach Berlin. Sie wird Geigen, Klavier und ein paar Gitarren mitbringen, Volkstum und Inseldramatik zusammentun, ihr Gebet für die Sterbenden vortragen, über Schnee, Vögel und das Ertrinken singen und einen Beerdigungsanzug beschreiben. Lisa
Hannigan singt vom Staub, es klingt nach Saft.