Chart-Analyse: Warum Motörhead und Lemmy wieder an der Spitze stehen
Top Ten Club: Kein Schlaf bis Hammersmith! Motörhead posthum und U2 an der Seine – Zwei Live-Platten dominieren die aktuellen Albumcharts
Die Musikfans mögen es konservativ in dieser Woche. Posthum geht auf Platz eins der deutschen Midweek Charts “Clean Your Clock” von Motörhead. Ein Doppel-Live-Album aus der nicht mehr wirklich überzeugenden Spätphase der Band. Bei seiner letzten Tour wirkte der verstorbene Metalmeister Lemmy Kilmister schon arg angeschlagen. So auch bei seinem Berliner Auftritt in der Max-Schmeling-Halle (11. Dezember 2015), als seine Krankheit kaum noch zu verbergen war.
Wacker kämpfend, der Mann, wankte er dennoch. Im Flackerlicht der monströsen Lichtshow stand ein Unzerstörbarer, der dann doch schlichtweg krank wirkte. Lemmy ist quasi im Sattel von uns gegangen, in diesem Falle auf der Bühne.
Wenn nun kurz nach seinem Tod ein Mitschnitt eines jener Konzerte hoch in die Offiziellen Deutschen Album Charts geht, dann hat das leider weniger mit Qualität oder Pop-Appeal zu tun. Nein, es ist ein reines Sammler-Statement, das clever ausgeschlachtet in erster Linie Lemmys Erben und der angeschlossenen Verwertungskette mit Plattenfirma und Musikverlag nutzt.
Klar wurde auch dieser, wie wir heute wissen, letzter Auftritt von Motörhead an der Spree von jung und alt begeistert gefeiert. Auch wenn der Berserker, der Lemmy jahrzehntelang war, längst nur noch ein Schatten seiner Selbst darstellte.
Also noch einmal “Ace of Space” und “Bomber”, ein eher trauriges Schlusszeichen nach dem Ende. Schließlich hat es bereits Ende der Neunziger mit „Everything Louder Than Everyone Else“ ein spätes Live-Album gegeben.
Vor 17 Jahren! Nun also darf die letzte Studio-Platte „Bad Magic” nicht das letzte Lebenszeichen bleiben. Als coloriertes Vinyl, mit DVD oder in einer fetten Monsterbox mit allerlei Schnickschnack – die Deals im Showgeschäft haben nun mal wenig mit Pietät zu tun. Lemmy selbst, der irgendwo mit Prince im Himmel ein neuen Crossover-Song übt, wäre dieser Vermarktungs-Zirkus wahrscheinlich schnuppe gewesen.
Ach ja: die irische Erfolgsband U2war in Paris, hat dort ebenfalls ein Live-Album eingespielt und verkürzt uns mit dieser “VÖ” ein wenig die Wartezeit auf eine echte, neue Platte. Selbstredend ein Album für die Top Five.