7 Cover- und Remix-Versionen, die besser sind als das Original
Cover-Versionen und Remixe unterscheiden sich in vielen Fällen so stark vom Original, dass man meinen könnte, es handelt sich um einen komplett neuen Song. Hier sind sieben Beispiele für besonders gelungene Remix- und Cover-Versionen.
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Alle hier vorgestellten Inhalte können auf YouTube Music gefunden werden.
Jimi Hendrix – All Along The Watchtower / Original: Bob Dylan
Bei „All Along The Watchtower“ könnten Original und Cover kaum gegensätzlicher sein: Auf der einen Seite Bob Dylans leiernde Stimme, auf der anderen Seite Jimi Hendrix‘ souliger Gesang. Auf der einen Seite Dylans bedachtes Gitarrenspiel auf der Akustischen, auf der anderen Hendrix‘ psychedelischer Lick-Ritt auf der Stratocaster. Selbst Nobelpreisträger Dylan musste später anerkennen, dass der viel zu früh verstorbene Hendrix „All Along The Watchtower“ vollkommen zu seinem Eigen gemacht hat. Wenn er die Nummer heutzutage spielt, präferiert Dylan bei Liveauftritten die Version Jimi Hendrix‘ aufzuführen. Ein größeres, posthumes Lob kann man sich von der eigenwilligen Folklegende kaum vorstellen.
Doch auch ein Bob Dylan kann nun einmal Fakten nicht aus den Weg räumen. Tippt man „All Along The Watchtower“ in die Suchzeile von YouTube Music, springt einem zunächst die Cover-Version von Jimi Hendrix ins Auge. Erst ein ganzes Stück weiter unten, stößt man dann auf eine Live-Version Dylans – wie er die Interpretation Hendrix‘ spielt. Es sei, als habe das Cover das Original ausradiert.
Joe Cocker – With A Little Help From My Friends / Original: The Beatles
„With A Little Help From My Friends“ war einer von diesen Freundschaftsdiensten John Lennons und Paul McCartneys: Damit auch der stimmlich limitierte Drummer Ringo Starr seinen Auftritt als Sänger bekommt, schrieb ihm das größte Songwriter-Duo des 20. Jahrhunderts diesen überaus simplen, vergnügten Schunkler auf die Freundschaft. Dass Pferdelunge Joe Cocker sich also ausgerechnet diese B-Seite der Beatles-Geschichte für ein Cover auswählte und mit ihr auch noch seinen lange ersehnten Durchbruch schaffte, ist fast schon einen Schenkelklopfer wert.
Doch es ist auch aller Achtung wert, was Cocker und seine Grease Band aus der flachen Beatles-Nummer zauberten: eine weit offene Ode an den Summer Of Love, mit choralen Momenten und epochalen Orgel- und Gitarrenzusammenspiel. Keine 3sat-Doku, kein Spielfilm über die letzten Atemzüge der 1960er-Jahre kommt heutzutage ohne musikalische Untermalung durch Joe Cockers Version von „With A Little Help From My Friends“ aus – was sicherlich auch an der triumphalen Woodstock-Performance lag. Joe Cocker und die Grease Band eröffneten den dritten Tag und brachten ein letztes Mal den Freiheitsdrang der Hippies in Upstate New York überzeugend auf die Bühne. Dass Joe Cocker während „With A Little Help From My Friends“ nebenbei noch die Luftgitarre erfand, wird da fast nur zur Randnotiz.
Johnny Cash – Hurt / Original: Nine Inch Nails
Für eine jüngere Generation wird „Hurt“ auf immer mit Johnny Cash verbunden sein, sie werden das Nine-Inch-Nails-Cover wahrscheinlich noch vor „Ring Of Fire“ oder „Folsom Prison Blues“ mit The Man In Black assoziieren. Dass es dazu kommen konnte, dafür musste Produzent Rick Rubin einiges an Überzeugungsarbeit leisten. Denn Cash konnte mit dem kargen Klang des Closers von „The Downward Spiral“ nichts anfangen. Und auch Trent Reznor wusste erst nicht so recht, wie er sich zu Johnny Cashs Cover verhalten solle, wie er später dem NME verriet: „Da war diese andere Person, die sich meinen persönlichsten Song zu eigen machte. Das zu hören war, als wenn jemand deine Freundin küsst. Es fühlte sich an wie ein Eingreifen in die Privatsphäre.“
Doch Cashs Eingriff in Reznors Privatsphäre wurde für den Countrybarden selbst zur späten Nabelschau. Reznors Zeilen über Verfall, Sucht und Depressionen wirken mit Cashs gebrechlicher Stimme vorgetragen schmerzlich authentisch – weil aus ihr das Leid und die Qual seines ganzen Lebens sprechen. Mark Romaneks Musikvideo zu Cashs „Hurt“-Version, in dem wir die Musiklegende vor unseren Augen bereits Abschied vom weltlichen Leben nehmen sehen, ist das eigentliche Highlight einer Coverversion, die es eigentlich so nie hätte geben dürfen – wäre da nicht Rick Rubins Dickkopf gewesen.
Donna Summer – I Feel Love / Patrick Cowley Remix
Wie macht man einen ikonischen Song der Disco-Ära noch besser? Indem man seine Spielzeit fast verdreifacht und die Tänzer in den Diskotheken rund um die Welt noch länger zu stoischen Bassläufen und technoiden Hi-Hats mit den Hüften wackeln lässt. Das zumindest hat sich augenscheinlich Patrick Cowley mit seinem 15-minütigen Remix zu Donna Summers „I Feel Love“ gedacht.
Der Komponist und Musiker gilt ebenso wie Donna Summers Produzent Giorgio Moroder als Pionier der modernen elektronischen Dance Music. Der gebürtige Italiener Moroder hatte bei für „I Feel Love“ einschließlich auf elektronisches Equipment zurückgegriffen, sein Rückgrat bildet nicht mehr als ein und dieselbe Synthesizer-Sequenz, die für den hypnotischen Sog sorgt, der den Song so wirkmächtig macht. Ein Kniff, den Patrick Cowley sich zu Nutze machte und den Song somit nur wie ein Kaugummi in die Länge ziehen musste. Der Erfolg gab dem US-Amerikaner recht: sein 15-Minüter entwickelte sich zum Clubhit, die Vinylpressung des „I Feel Love“-Remixes heute als Sammlerstück. Patrick Cowley konnte diesen Erfolg jedoch nicht mehr richtig genießen: Er starb im November 1982 im Alter von nur 32 Jahren an den Folgen einer HIV-Infektion.
Tame Impala – Why Won’t You Make Up Your Mind / Erol Alkan Rework
Einer der profiliertesten Remixer der vergangenen 15 Jahre, nahm sich Erol Alkan mit „Why Won’t You Make Up Your Mind“ einen der kompakteren Songs Kevin Parkers Tame Impala an und ließ den psychedelischen Dreiminüter zu einem achtminütigen Husarenritt gedeihen. Zentral für Alkans Anliegen war Parkers stark an den futuristischen Elektro-Rock der 80er angelehntes Gitarrenriff einen prominenteren Platz in der Komposition zu geben und die schleppenden Drums wie einen D-Zug durch den Kopf rasen zu lassen. Wo das Original Gefahr läuft ins Nebensächliche abzugleiten, holt der Remix des britischen DJs und Producers noch einmal Luft und schnellt nach vorne. Erol Alkans Rework von „Why Won’t You Make Up Your Mind“ ist ein Looping schlagender Trip in den kalten Nebel des nächtlichen Kellerclub-Besuchs, ein bewusstseinserweiternder Moment, der ganz ohne synthetischen Einsatz auskommt – wenn man von Kevin Parkers und Alkans Equipment mal absieht.
Tame-Impala-Mastermind Kevin Parker scheint das Ergebnis augenscheinlich gefallen zu haben: 2013 durfte sich Erol Alkan auch am LONERISM-Song „Be Above It“ austoben.
Franz Ferdinand – Take Me Out / Daft Punk Remix
Ein Remix, der sich lange Zeit nicht als solcher erkenntlich macht. Knapp eine Minute und den Einsatz der bereits ikonischen Stakkato-Gitarren benötigt es, bis sich die Arbeit Daft Punks am Franz-Ferdinand-Klassikers „Take Me Out“ Gehör verschafft.
Doch wer sich nun die volle French-House-Dröhnung erhofft, dürfte etwas blöd dreinschauen. Guy-Manuel de Homem-Christo und Thomas Bangalter klamüsern den Indie-Hit nicht auseinander, streuen keine ordentliche Prise ihres Trademark-Sounds über die „Class Of 2005“-Song – ganz im Gegenteil sogar: Daft Punk ändern nahezu nichts an der Struktur von „Take Me Out“, verfremden ihn nur hier und da durch marginale Stör- und Fremdgeräusche, der Remix klingt als versuche sich ein zweitklassiger DJ mit einem Second-Hand-Turntable beim Scratchen. Dieser überraschend nonchalante Arbeitsethos, den man so eigentlich eher Remixen Aphex Twins zurechnen würde, ist es aber auch, der dieser Version ihren besonderen Charme verleiht.
Dass Daft Punks „Take Me Out“-Remix überhaupt einem breiteren Publikum bekannt wurde, haben wir übrigens dem NME zu verdanken. Das einstige Musikjournalismus-Flaggschiff grub ihn aus unbekannten Untiefen aus und erinnerte Franz Ferdinand daran, dass sie einst von niemand geringerem als Daft Punk geremixt worden sind. Sänger Alex Kapranos selbst schätzte im Gespräch mit dem NME Daft Punks minimalen Remix übrigens wie folgt ein: „Den Remix nehme ich als ein Zunicken der Daft-Punk-Jungs wahr, der uns wohl sagen soll: ‚Ach, eigentlich habt ihr es schon mehr oder weniger richtig gemacht.‘“
MGMT – Electric Feel / Justice Remix
Schon der Einstieg ist unwiderstehlich: 808-Snares und -Hi-Hats, Andrew VanWyngardens leicht hochgepitchte Stimme, die plötzlich wie die eines hingebungsvollen RnB-Sängers klingt, und dann – dieser Kickstart. Böse grummelnde Basswalzen, satte technoide Snares und unheilige Fanfaren aus der PC-Hölle. Justices Remix von MGMTs „Electric Feel“ hat so gut wie nichts mehr gemein mit dem süßlich-seichten Psychedelic-Indietronica-Hit. Stattdessen zeigt sich der Song von einer kämpferisch-schnittigen Seite, die jede heimische Bassbox an ihre Grenzen führt.
Ihr Remix von „Electric Feel“ sollte für Gaspard Augé und Xavier de Rosnay der Abschluss eines außergewöhnlichen, dreijährigen Aufstiegs sein: 2006 setzten sich Justice mit ihren Simian-Remix „We Are Your Friends“ auf die Karte und brachten Kanye West bei den MTV EMAs zur Weißglut, als sie ihn im Kampf um den Preis für das Video des Jahres ausstachen. 2007 schoben sie ihr Debüt „Cross“ und die darin enthaltende Hitsingle „D.A.N.C.E.“ nach, die für drei Grammy-Nominierungen sorgten. Doch das goldene Grammophon sollte ihnen erst mit ihrem „Electric Feel“-Remix vergönnt sein: 2009 wurden sie dafür in der Kategorie „Best Remixed Recording, Non-Classical“ ausgezeichnet. Justice waren endgültig in der Weltspitze der elektronischen Musikszene angekommen.
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