6 Gründe, warum der „Oppenheimer“-Trailer so elektrisierend ist
Im Juli startet mit dem Atombomben-Historienthriller „Oppenheimer“ der neuste Streich von Christopher Nolan. Die ersten Bilder versprechen einen Film, wie es ihn von diesem Regisseur bisher noch nicht gab.
Nach „Dunkirk“ zieht es Christopher Nolan zurück in die grausigen Gefilde des Zweiten Weltkriegs: „Oppenheimer“ erzählt die Geschichte des „Vaters der Atombombe“, J. Robert Oppenheimer. Schon vor ein paar Wochen gab es erste Bilder aus dem Film, der wohl wie kein anderer Film des Regisseurs zuvor nach den Oscars schielt. Nun bekommen wir den ersten großen Trailer zu sehen – und der hat es in sich.
1. Cillian Murphy als Oppenheimer ist unheimlich
Man könnte sagen, dass Cillian Murphy einer der Lieblingsschauspieler von Christopher Nolan ist. Er ist in den „Batman“-Filmen zu sehen, spielt in „Inception“ und „Dunkirk“ mit und dürfte jetzt die Rolle seines Lebens auf den Leib geschneidert bekommen haben. Neben all dem Thrill, den der Trailer in drei Minuten verspricht, ist doch das Spannendste das nervöse, von einem leichten Wahn zerfallene Gesicht des Schauspielers. Schon klar: Die schrecklichste Waffe der Welt konnte keinem stoischen Geist entspringen.
2. „Oppenheimer“ wird eine audiovisuelle Terrorerfahrung
Die Atombombe bezieht ihren Schrecken nicht nur aus den Erzählungen über ihre todbringende Wirkung. Es gibt unzähliges Bild- und Tonmaterial von detonierenden und zündenden Bomben. Nolan schließt, das macht der Trailer deutlich, an diese suggestiven Effekte an. Die ersten Töne, die wir im Trailer hören, sind die eines Geigerzählers. Und so wie die tickende Uhr in „Dunkirk“ zum akustischen Leitmotiv wurde, wird es hier das Knacken und Knistern der protokollierten Gewalt der Atomenergie.
3. Schwarz-Weiß, ja – aber nicht nur…
So wie Christopher Nolan die Zeitebenen in seinen Filmen durchrüttelt, wird er es nun in „Oppenheimer“ auch mit dem Filmmaterial tun. Das schwankt zwischen körnigem Schwarz-Weiß und dem immer etwas ins leichte Blau tendierenden Imax-Farbspektrum. Die Schauwerte pendeln also zwischen den vielen Männern (und wenigen) Frauen, die entschlossen entscheiden, dass sie den Nazis mit der Weltuntergangswaffe zuvorkommen, dem einsamen Kampf des gequälten Wissenschaftlers, der Geheimmission einer eigens für die Entwicklung der Atombombe erschaffenen Archipels in den USA und nicht zuletzt der – so zeigt es der Trailer – fast pornographischen Inszenierung von Zündfunken, sich ausdehnendem Feuer, Höllenlärm und sehr vielen blinkenden Apparaten und Knöpfen, die gedrückt werden wollen (aber erst einmal nicht sollen).
4. Das letzte große Geheimnis
Fast jede Szene des Trailers macht die Anmutung, als handelte es sich um die Enthüllung einer Geheimzone, die bislang sorgfältig vor der Welt bewahrt werden konnte. Bislang war die Erzählung zur Atombombe eine eindeutige: Die USA haben alles richtig gemacht und rechtzeitig eine Waffe entwickelt, um die Welt vor Schlimmerem zu bewahren. Doch das, so zeigen es uns die ersten Bilder, ist so nicht ganz korrekt als Lehre aus der Geschichte. Dennoch: Das Entwickeln der Bombe im Untergrund, das Zusammenhalten der Menschen im Angesicht einer möglicherweise noch größeren Bedrohung (Hitler gewinnt den Krieg), das Verbarrikadieren in Geheimlabors und das Besprechen der Details in geheimen Zirkeln (auch mit Albert Einstein) – all das zeigt, wie sehr es Nolan darauf ankommt, uns mit seinem neuen Film in eine Welt zu locken, die wir so noch nicht wahrgenommen haben.
5. Es ist mal wieder eine Moralfabel
Christopher Nolans Filme sind erzählerisch vertrackt, doch sie enthalten von „Following“ bis zuletzt „Tenet“ vor allem eine Botschaft: Das mit der Moral ist verdammt schwierig, und am einfachsten ist es, damit umzugehen, wenn man es sich wie ein Puzzlespiel vorstellt. In „The Dark Knight“ hat der Regisseur eine teuflische Freude daran, die Grenzen des Möglichen bei der Darstellung von Erzählsträngen, die eigentlich nur moralische Experimente sind, auszuloten. „Oppenheimer“ wird dies nun noch viel intensiver auf eine Realitätsebene beziehen, in der Videospielelogik oder Zeitfiktion keine Geltung mehr haben. Wird Nolan erwachsen? Jedenfalls zeigt er uns Wissenschaft nicht als quälend langsamen Prozess der Wissensermittlung, sondern als adrenalingesättigtes Handlungsfeld, wo jeder einzelne Schritt dem Ziel näher kommt, wo Schweiß und Wahn dabei sind, weil es sich (scheinbar) um ein Wettrennen handelt, wer als erster ins Ziel kommt bei der Konstruktion der Atombombe: die bösen Nazis oder die Weltbewahrer-USA. Dass sie dabei einen Pakt mit dem Teufel eingehen, davon erzählt schon der Trailer. Oder wie es der von Matt Damon gespielte General Leslie Groves sagt: „Warum sollten wir irgendwo im Nichts für unbestimmte Zeit eingesperrt sein? Weil wir an der wichtigsten Sachen in der Geschichte der Menschheit arbeiten.“
6. Spoiler: Die Atombombe explodiert noch nicht
Im Vorfeld der Dreharbeiten hatte Christopher Nolan schon von seinem Wunsch erzählt, eine Atombombenexplosion ohne CGI-Effekte nachzustellen. Natürlich kann man den Regisseur für die handgemachten Tricks in all seinen Filmen bewundern, hier hat diese Ankündigung aber noch einmal einen anderen Stellenwert. Denn die Atombombenexplosion steht einerseits in der Mitte seiner neuen Erzählung – sie ist das, worauf alles hinausläuft – und zugleich ist der Bombeneffekt hier ein Grund, sich diesen Film überhaupt erst anzusehen. Es ist der Versuch, etwas anders und neu darzustellen, was die Menschen schon so oft auf Fotos und Videos gesehen haben, im Kino aber immer etwas flacher und weniger bedrohlich anmutete. Nun also der große Knalleffekt oder psychoanalytisch gesprochen: der große Untergangsorgasmus („Dr. Strangelove“ lässt grüßen…). Und wie machen es Zauberer mit ihren großen Tricks? Sie zünden sie nicht gleich im Trailer. Deshalb sind diese ersten Minuten von „Oppenheimer“ nichts anderes als ein Anteasern einer bald explodierenden oder schon fast detonierenden Bombe. Ja, genau, ein einziges Vorspiel.