50 erste Dates
ES WAR EIN LANGER Weg für Qeaux Qeaux Joans, voller Tränen, Umwege und schwerer Entscheidungen. Vorläufiges Ziel ist Deutschland, wo jetzt ihr Debütalbum veröffentlicht wurde. Berlin könnte sogar eine längere Etappe sein: „Ich merke, dass sich hier gerade etwas verändert, aber es gibt immer noch mehr Kreativität als in Amsterdam für mich. Wenn es die Möglichkeit gibt, werde ich nach Berlin ziehen.“
Dabei ist Joans eng der Amsterdamer Musikszene verhaftet, die immer ihr „kleiner Hafen“ bleiben wird. Aber zum Weiterkommen sei die Musikszene in den Niederlanden zu klein. Allein aus dem Konservatorium, an dem sie studiert hat, drängen jährlich 30 Absolventen auf den Pop-Markt. Der Grund, warum Qeaux Qeaux drei Monate vor ihrem Abschluss das Studium abbrach, war aber ein anderer: „Ich war 22 und hatte festgestellt: Das bin nicht ich. Es gab dort richtige Ellenbogenkämpfe. Ich will mit Leuten zusammen und nicht gegen sie arbeiten. Ich will mit ihnen Musik machen – und zwar nicht nur mit professionellen Musikern.“
Das tat sie auch – und machte da weiter, wo sie mit 17 angefangen hatte, als sie für die Musik nach Amsterdam zog. Damals ging sie in Cafés und Clubs, um mit Blues-Leuten zu jammen – kein leichtes Unterfangen für ein Mädchen, die alteingesessenen Profis zu überzeugen. Einen der Musiker fragte sie einmal, zweimal, ob sie mit ihm auftreten könne. In der dritten Woche gab er ihr schließlich das Okay. „Ich fing an zu singen, und er prügelte mich praktisch hin und her mit seiner Musik. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte.“ Die erste Chance endete in Tränen. Als sie zum vierten Mal zum Bühnenrand kam, stimmte er angesichts von so viel Hartnäckigkeit und Mut „Mercedes Benz“ von Janis Joplin an. „Ich habe einfach angefangen zu singen, und er hat mich wirklich improvisieren lassen. An diesem Punkt wusste ich: Das ist der Weg, den ich gehen muss.“
Also spielte Qeaux Qeaux weiter mit DJs und Jazz-Musikern. Als sie Seasick Steve beim Konzert in Amsterdam fragte, ob sie mit ihm singen dürfe, fühlt sie sich wieder wie damals, als 17-Jährige. „Er lachte und das ganze Paradiso mit ihm. Schließlich holte er mich auf die Bühne -und wir begeisterten zusammen 1.500 Leute.“ Der Startschuss fiel, als ihr ein Freund 10.000 Euro für die Album-Aufnahmen zur Verfügung stellte. Und als sie mit Isa Azier ihren Gitarristen und musikalischen Seelenverwandten trifft. „Zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon mit vielen Musikern zusammengearbeitet. Ich vergleiche es immer mit Dates. Alle Typen, die du triffst, sind cool, haben die richtigen Klamotten und gutes Geld -aber du weißt, sie werden nicht der Vater deiner Kinder sein.“
Der Schreibprozess für „No Man’s Land“ war ebenfalls ungewöhnlich. Obwohl sie seit Jahren Klavier spielt, griff Joans zur Akustik-Gitarre, auf der sie kaum drei Akkorde beherrschte. Einige der Songs schrieb sie nur auf der E-Saite, mit den Basstönen. Für die Texte wünscht sie sich ebenfalls, zurück auf Anfang gehen zu können. „Joni Mitchell ist so toll, weil sie wirklich Geschichten erzählt. Als Kind tat ich das auch, aber es ging auf dem Konservatorium verloren.“ Qeaux Qeaux Joans hat schon viele Entscheidungen umgeworfen. „Jeden Tag macht man einen Schritt, genießt die Aussicht und schaut, wie es weitergeht. Den Hügel hinaufrennen, das funktioniert nicht.“
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