30 Jahre „The Terminator“: Cyborgs, Arnie und die Erfindung des Action-Films
Vor 30 Jahren kam "The Terminator" ins Kino. Die kompromisslose und grimmige Endzeitvision von James Cameron wirkt auch heute noch so zeitlos, als hätte sie den Action-Film erfunden. Zudem war die Rolle des Cyborgs Arnold Schwarzeneggers größter schauspielerischer Triumph.
Eigentlich war Arnold Schwarzeneggers Hollywood-Karriere vor 30 Jahren schon beendet, bevor sie angefangen hatte. Der österreichische Bodybuilder, der alle Körperkult-Preise abgeräumt hatte, die es zu gewinnen gab und nun auf der Suche nach einer neuen Herausforderung war, konnte zwar mit „Conan der Barbar“ 1982 einen ersten Achtungserfolg verzeichnen, doch musste er sich danach den Vorwurf gefallen lassen, schauspielerisch eher limitiert zu sein.
Doch mit dem Zitat „I’ll Be Back“ sollte er sich nur wenig später glorios in die Filmgeschichtsbücher einschreiben.
Es brauchte schon die Chuzpe eines Regisseurs, der eine technische und filmische Vision verfolgt, um Arnie von seinem Los als muskelbepackte Witzfigur zu befreien. James Cameron hatte gerade einmal einen abendfüllenden Streifen vorzuweisen, das B-Movie „Fliegende Killer – Piranha 2“ von 1983, über das im „Lexikon des internationalen Films“ zu lesen ist, dass er ein „Horrorfilm mit durchsichtiger Handlungsführung, zweitklassigen Tricks und platten Klischees in der Personenzeichnung“ ist. Und dann wagte sich Cameron mit „The Terminator“ an einen Action-Kracher, der auf dem Papier nach einem Multimillionen-Dollar-Budget ausgesehen haben mag und dennoch für wenig Geld produziert worden war.
Für Arnold Schwarzenegger war die Rolle des T-800 der Höhepunkt seiner schauspielerischen Karriere
Arnold Schwarzenegger erwies sich mit seinen mechanischen Bewegungen und dem zuweilen ausdruckslosen Gesicht als perfekte Besetzung für die hemmungslose Tötungsmaschine T-800. Da wirkt es fast wie Ironie, dass der Österreicher ursprünglich für die Rolle des Good Guy vorgesehen war und Lance Henriksen oder auch „Magnum“-Star Tom Selleck als Killerroboter im Menschenkostüm reüssieren sollten.
Ein Roboter aus der Zukunft hat den Auftrag eine naive (aber nichtsdestotrotz resolute) Kellnerin zu „terminieren“, um zu verhindern, dass sie ein Kind zeugt, welches 2029 unter dem Namen John Connor zum Anführer der menschlichen Resistance werden würde. Eigentlich ein hanebüchener Plot, doch Cameron gelingt es mit starken Figuren (der von Michael Biehn gespielte Kyle Reese als Sarah Connors Beschützer zeigt all jene menschlichen Emotionen, die dem Terminator nicht möglich sind) und bedrückenden Bildern ein Action-Szenario zu entwickeln, das im Kino bis dato seinesgleichen suchte.
Schon allein die ikonische Anfangssequenz: Ein fremdes Wesen aus der Zukunft wird unter zuckenden Blitzen und Nebelschwaden – zusammengekauert wie ein Embryo – in die Gegenwart hineingeboren. Der Terminator ist aber nicht nur ein enthemmter Killer ohne Gesicht. Er wird den Zuschauern näher gebracht, erhält eigene Szenen, in denen er sich für seine grausame Mission präpariert. Immer wieder sehen wir die Welt durch seine (Computerdisplay-)Augen. Er spielt keinen unheimlichen Sensenmann, der nicht zu fassen ist, sondern ein außer Kontrolle geratenes menschliches Produkt, einen von Menschenhand geschaffenen und später von Maschinen weiter entwickelten Albtraum.
„The Terminator“ erschuf ein neues Genre zwischen Technikalbtraum und postmodernem Film-Noir
Demonstrativ lotet „The Terminator“ die Grenzen seines Genres aus. Eine Disco, in der Sarah Connor gerade noch ihrem Schicksal entgeht (dafür wird ihre Freundin vom Roboterjäger erschossen), heißt Tech Noir. Ein passender Begriff für die wagemutige Ästhetik des Films, ein Mix aus Film Noir und Techno-Thriller. Nur sieben Jahre später sollte der inzwischen berühmt gewordene Regisseur die Suche nach der technischen Perfektion auf die Spitze treiben. Wenn „The Terminator“ so etwas wie die Geburt des Actioners im Geiste eines kompromisslosen cinéma pure war, dann stellt „Terminator 2 – Judgement Day“ mit seiner brillanten Mischung aus Computereffekten und handgemachter Action für den Höhe- und Endpunkt des Actionfilms. Mehr ging nicht.
Im George-Orwell-Jahr 1984 machte die apokalyptische Dimension des Stoffes – von Menschen erschaffene Maschinen befreien sich mittels künstlicher Intelligenz von ihren Entwicklern und führen Krieg um die Weltherrschaft – mächtig Eindruck. Und so wurde „The Terminator“, obwohl oder gerade weil er unverhohlen und nicht nur wegen seines Budgets als B-Movie durchgehen musste, zum Kultfilm. Zweifellos hatte Cameron bei seinem Mentor Roger Corman gelernt, wie man eine straffe Dramaturgie mit ausgeklügelten Special Effects verbinden konnte, die, ökonomisch eingesetzt, ein Maximum an Wirkung erzeugen. Es gibt nur wenige Szenen aus der kahlen Zukunft, doch sie bleiben nachhaltig in Erinnerung.
Selten war das Action-Kino kompromissloser und abgründiger
Das Kino der 1980er-Jahre begeisterte und verstörte durch seine exzentrischen Bildentwürfe und seine eklektische Stoffauswahl. Unter diesen Umständen erwies sich „The Terminator“ wie kaum ein anderer Film dieser Epoche und dieses Genres als kompromissloser Erzählentwurf mit zeitloser filmischer Ausstattung. Die kargen Stadtmauern aus dem Großstadtgefängnis in „Escape From New York“ von John Carpenter finden in Camerons Albtraumvision eine sichtbare Entsprechung. Überhaupt einte die beiden Regisseure ein ähnlicher Ansatz für ein Kino des abgründigen Suspense, bis sie sich auch mittels der Wahl ihrer Geschichten (und Produzenten) spätestens in den 1990ern unterschiedlich entwickelten.
Der zweifellos gute Ruf des Films mag auch darin begründet sein, dass man ihm seine gewaltverherrlichenden Tendenzen im Angesicht des reflektierten Zeitkontextes nachsieht. Der Kalte Krieg drohte tatsächlich mehrfach heiß zu werden; ein apokalyptisches Szenario war nicht unrealistisch – und die Angst, dass letztlich ein falscher, möglicherweise durch einen technischen Kurzschluss herbeigeführter Knopfdruck über die Zukunft der Menschheit entscheiden konnte, war mehr als konkret. Filme wie „War Games – Kriegsspiele“ von John Badham und der TV-Film „The Day After – Der Tag danach“ (bis heute die meistgesehene TV-Produktion in der Geschichte des US-Fernsehens) spiegelten diese Befürchtungen. Beide Filme waren nur ein Jahr vor „The Terminator“ entstanden.
Diese Menschmaschine ist der Inbegriff des „Cool“-Seins
Zu den krassesten Szenen des „Terminator“ zählt sicherlich der nächtliche Angriff auf die Polizeistation, in der Kyle Reese und Sarah Connor Schutz und Verständnis für ihre Situation gesucht hatten. Im Handstreich entledigt sich der Killerroboter der hilflosen Polizisten und zerstört nahezu das gesamte Gebäude. Einmal mehr wird symbolisiert, dass es keine Sicherheiten gibt – und Gesellschaft wie Staat keine geeigneten Schutzräume vor dem Bösen anzubieten haben. Diese Menschmaschine war nicht nur eiskalt, sie war im eigentlichen Sinne des Modeworts „cool“.
Und so ist es nicht verwunderlich, dass es ausgerechnet die zunächst ängstliche und hilflose Sarah Connor ist, die dem Unwesen ein Ende macht und dem T-800 das Leben aushaucht. Mögen die Genres Science-Fiction und Horrorfilm immer noch den Konventionen eines dominierenden männlichen Blicks und vor allem der Allmacht männlicher Gewaltausübung folgen, spätestens mit Sigourney Weavers heldenhaftem Kampf gegen „Aliens“, Kathryn Bigelows ultrabrutalen Frauenfilmen und der generellen Emanzipation des Final-Girls im (Horror-)Kino wird die Tendenz offensichtlich, dass das vermeintlich schwache Geschlecht inzwischen längst am Drücker ist.