222 Songs – die privaten Rolling-Stone-Playlists: Jens Balzer

von Benjamin Jungert 13.03.2013

Empfehlungen der Redaktion

Strange Fruit - Billie Holiday

Die seltsamen Früchte des Südens sind Körper, die blutig von Bäumen hängen. Abel Meer...

New Dawn Fades - Joy Divsion

Hier war der junge Mann mit seiner sehr alten Stimme, und er kündete von Verzweiflung und I...

What's Going On - Marvin Gaye

Der schlichteste und schönste Song über die Ungerechtigkeit der Welt und die Unmöglichke...

I Keep A Close Watch - John Cale

Der Destruktionsbratschendandy als Kammersänger: Nie war John Cale so verletzlich und n...

Ascension – John Coltrane Das ist für mich auch heute, knapp 50 Jahre nach seinem Erscheinen und vielleicht 25 Jahre nachdem ich ihn zum ersten Mal gehört habe, immer noch der irrste und herzzerreißendste Song, den ich kenne, die destruktivste und zugleich demütigste Musik auf der Welt, ein Werk der Wut und der Liebe. In Wahrheit ist „Ascension“ natürlich kein Song, sondern ein vierzigminütiger Schrei, aus dem sich manchmal liebliche Melodien erheben, die dann wieder verschwinden; ein vierzigminütiges Gewirr und Durcheinandergerede, aus dem sich einzelne Stimmen lösen, um dann umso funkelnder und schöner über dem Chaos zu schweben. Elf Musiker waren an dieser Kollektivimprovisation beteiligt, die John Coltrane im Juni 1965 im Studio von Rudy Van Gelder in New Jersey entfachte. Das „klassische“ Quartett Garrison/ Jones/Tyner/Coltrane traf auf junge Avantgardisten wie Pharoah Sanders und Archie Shepp – eine Big Band, wie es sie bis dahin noch nicht gegeben hatte. Denn im Spiel dieser Big Band gibt es zwar Folgen von Soli und Ensembleeinsätzen, aber ansonsten keine musikalische „Entwicklung“ im überkommenen Sinn mehr, keine Variation über Leitmotive, keine Akkord- oder Harmonieschemata.

Diese Musik ist so frei, wie Musik nur sein kann, doch zugleich – und anders als vieles von dem, was man „Free Jazz“ zu nennen pflegt – regrediert sie niemals in Chaos oder Zerstörungswut. Alles ist aufeinander bezogen und miteinander verflochten. Jedes Mal, wenn man „Ascension“ wiederhört, erkennt man neue Details. Coltrane selbst scheint kein Instrument mehr zu spielen, sondern durch sein Tenorsaxofon hindurch zu sprechen, zu schreien, zu singen, zu beten. Aber man höre auch, was darum herum passiert! Man höre, wie der Drummer Elvin Jones sich vor den Eingangsmotiven vor Coltrane geradezu wegzuducken scheint, um dann unter dem Trompetensolo von Dewey Johnson einen polyrhythmischen Sturm zu entfachen. Man höre das wunderbar lyrische Altsaxofon von John Tchicai, unter dessen schwingenden Bögen sich der Bass Jimmy Garrisons wenigstens für ein paar Takte einmal an die überkommene Rolle des Rhythmusgebens erinnert. Man höre die verzweifelten, unendlich einsam wirkenden, in den höchsten Lagen dürr sich in den Himmel windenden Tenorsaxofonschreie von Pharoah Sanders. Das ist vielleicht mein Lieblingsmoment in diesem Song: wenn die Band sich am Ende des Solos von Sanders in Gestalt eines gedämpft dissonanten Geschnatters wieder zu ihm gesellt, wirkt das wie die tröstende Ankunft von Freunden, wie die musikalische Umarmung einer vorübergehend verlorenen Seele. So ist es aber durchweg: So frei diese Musik auch ist, so stark ist der Wunsch nach Gemeinschaft in ihr. Es gibt hier keine musikalischen Hierarchien mehr, keinen musikalischen Vorder- und Hintergrund; die tiefe Sehnsucht, die aus dieser Musik spricht, ist die Sehnsucht nach Gleichheit, nach solidarischem Leben.

Universal Consciousness - Alice Coltrane

Großer Gotteslobpreis mit perlender Harfe, sirrenden Streicherklängen und dem ...

Holocaust - Big Star

Alex Chiltons Meisterwerk befreit den Rocksong vom Rock und lässt nur ein spartanisches Piano zurü...

Siamese Twins - The Cure

Der größte Teenage-Angst-Song aller Zeiten: Diese lebensmüde in den höchsten Registern wimme...

God Only Knows - Beach Boys

Hier wenden sich die himmlischen Stimmen der Beach Boys tatsächlich an den lieben Gott selbs...

By The Time I Get To Phoenix - Glenn Campbell

zur Playlist von Arne Willander

Backstreets - Bruce Springsteen

zur Playlist von Arne Willander

Powderfinger - Neil Young

zur Playlist von Arne Willander

Bestandaufnahme - Heinz Rudolf Kunze

zur Playlist von Arne Willander

Jolly Coppers On Parade - Randy Newman

zur Playlist von Arne Willander

Shipbuilding - Elvis Costello

zur Playlist von Arne Willander

I've Loved these Days- Elvis Costello

zur Playlist von Arne Willander

Kathleen - Townes Van Zandt

zur Playlist von Arne Willander

Drive - R.E.M.

zur Playlist von Arne Willander

Reel Around The Fountain - The Smiths

zur Playlist von Arne Willander

Anthem- Leonard Cohen

zur Playlist von Birgit Fuss

Keep Me In Your Heart - Warren Zevon
zur Playlist von Birgit Fuss

My Back Pages - Bob Dylan

zur Playlist von Birgit Fuss

Stay Hungry - Twisted Sister

zur Playlist von Birgit Fuss

Thunder Road - Bruce Springsteen

zur Playlist von Birgit Fuss

Walks with Me - Hobotalk

zur Playlist von Birgit Fuss

Element Of Crime - Weißes Papier

zur Playlist von Birgit Fuss

Die zehn Lieblingslieder von Wolfgang Doebeling

1950 geboren, schrieb lange für das Berliner Stadtmagazin "tip" und ist ...

Satisfaction - The Rolling Stones
zur Playlist von Wolfgang Doebeling

Heartbreak Hotel - Elvis Presley
zur Playlist von Wolfgang Doebeling

Return Of The Grievous Angel - Gram Parsons
zur Playlist von Wolfgang Doebeling

Wild Horses - The Rolling Stones
zur Playlist von Wolfgang Doebeling

Farmer In The City - Scott Walker
zur Playlist von Wolfgang Doebeling

Kathleen - Townes Van Zandt
zur Playlist von Wolfgang Doebeling

Gimme Shelter - The Rolling Stones

zur Playlist von Wolfgang Doebeling

Virginia Plain -Roxy Music
zur Playlist von Wolfgang Doebeling

Don't Worry Baby - The Beach Boys
zur Playlist von Wolfgang Doebeling

Call Me Mr. Lee - Television
zur Playlist von Wolfgang Doebeling

Die zehn Lieblingslieder von Maik Brüggemeyer
1976 geboren, arbeitet seit 2001 als Redakteur für den ROLLING STONE und s...

Tangled Up In Blue - Bob Dylan
zur Playlist von Maik Brüggemeyer

The Locust Girls - The Go-Betweens
zur Playlist von Maik Brüggemeyer

Silly Love Songs - Wings
zur Playlist von Maik Brüggemeyer

Sea Song - Robert Wyattzur Playlist von Maik Brüggemeyer

The Wild Kindness - Silver Jewszur Playlist von Maik Brüggemeyer

What Are They Doing In Heaven Today? - Washington Phillipszur Playlist von Maik Brüggemeyer

Clam, Crab, Cockle, Cowrie - Joanna Newsomzur Playlist von Maik Brüggemeyer

Lebanon
Tennessee - Ron Sexsmithzur Playlist von Maik Brüggemeyer

Peace Like A River
- Paul Simonzur Playlist von Maik Brüggemeyer

Benjamin Jungert schreibt für ROLLING STONE. Weitere Artikel und das Autorenprofil gibt es hier.

Themen aus dem Artikel:

Billie Holiday Burial 222 songs ascension joy divsion Coltrane

Mehr News und Stories

Rage Against The Machine Press Shoot, London 01/01/1992 (Sony Music Archive via Getty Images/Mark Baker)

Musik

Die 100 besten Protestsongs aller Zeiten

Musiker aller Genres haben mit ihren Liedern schon einmal Protest ausgedrückt.

Von Rolling-Stone-Redaktion

Cover von Billie Holidays "Lady In Satin"

Musik

Billie Holidays „Lady In Satin“: Brüchiger Schwanengesang

Billie Holidays ruinöser Lebensstil hatte Spuren hinterlassen, aber die dramatische Ehrlichkeit auf ihrem Abschiedswerk ist berührend.

Von Wolfgang Doebeling

Musik

Liste

ROLLING STONE hat gewählt: Das sind die 100 besten Jazz-Alben

Eine Expertenjury wählte mit der ROLLING-STONE-Redaktion die besten Alben des Jazz-Genres. Mit dabei sind unter anderem John Coltrane, Thelonious Monk, Billie Holiday und Duke Ellington.

Von Rolling Stone