16. I Saw Her Standing There
Autor: McCartney | Aufgenommen: 11. Februar 1963 | Veröffentlicht: 6. Februar 1964
B-Seite (Matchbox)
Die Anfänge des Songs liegen in einer Nacht des Jahres 1962, als McCartney zu seiner Wohnung in Liverpool fuhr. „Der Text, der mir durch den Kopf ging, fing an mit:, She was just 17/ She’d never been a beauty queen‘.“ Doch als er das Fragment am nächsten Tag Lennon vorspielte, „verzogen wir an dieser Stelle beide den Mund und sagten:, Nein, nein, nein, ‚beauty queen‘ geht definitiv nicht.‘ Wir gingen also durch das Alphabet: between, clean, lean, mean…“ Am Ende einigten sie sich auf „you know what I mean“, das laut McCartney deshalb den Zuschlag bekam, „because you don’t know what I mean“.
Obwohl Lennons Beitrag unklar blieb („Ich schrieb einen Teil des Textes“, sagte er), ist „I Saw Her Standing There“ ein klassisches Beispiel dafür, wie das songschreibende Lennon-McCartney-Tandem immer mehr Fahrt aufnahm. Ein Foto aus dem September 1962, geschossen von McCartneys Bruder Mike, zeigt die beiden im Wohnzimmer von Pauls Haus: Beide haben Akustikgitarren und schauen sich an, Lennon trägt die Brille, die er so hasste, und kritzelt Texte in sein „Liverpool Institute“-Notizbuch.
Die Vorlage für den Song lieferte eine von McCartneys Freundinnen, die Tänzerin Iris Caldwell, die tatsächlich 17 war, als er sie im Dezember 1961 zum ersten Mal sah: Im „Tower Ballroom“ in New Brighton tanzte sie Twist – in Netzstrümpfen! „Es wurde nie wirklich ernst. Ich tanzte damals in verschiedenen Theatern in der ganzen Umgebung, aber wenn ich wieder zu Hause war, gingen wir zusammen aus.“ sagt sie. „Es gab keine Versprechungen und keine Liebesschwüre,“ Caldwells Bruder war Rory Storm von „Rory and the Hurricanes“, deren Drummer – Ringo Starr – die Band im August 1962 verließ, um bei den Beatles einzusteigen. Caldwell behauptet, dass McCartney den neuen Song eigentlich Storm schenken wollte, was aber Brian Epstein zu verhindern wusste.
Unter dem Titel „Seventeen“ wurde der Song 1962 fester Bestandteil ihres Live-Repertoires, manchmal in zehnminütigen Versionen, die mit mehreren Soli gestreckt wurden. Bei der knalligen Bass-Melodie bediente sich McCartney bei Chuck Berrys ’61er-Single „I’m Talking About You“, die auch bei den Beatles-Auftritten nicht fehlen durfte.“
Nachdem sich EMI entschlossen hatte, ein Album der Beatles in Auftrag zu geben, hatte George Martin zunächst überlegt, ob er das Album live im Cavern Club vor heimischem Publikum aufnehmen solle. Auch wenn man sich entschloss, das Album lieber in den EMI-Studios in Abbey Road aufzunehmen, bestand das Material doch überwiegend aus den eingespielten Live-Klassikern. Um gleich die gewünschte Atmosphäre zu erzeugen, beginnt das Album mit „I Saw Her Standing There“, eingeleitet durch einen atemlos klingenden McCartney, der die Nummer anzählt: „one-two-three-faw“. Die ungestüme Hymne auf die Jugend wurde im Studio noch durch Klatschen und „Ooohs“ aufgepeppt, die später auch auf Singles wie „She Loves You“ auftauchen sollten. Die Aufnahme, die Harrisons erstes Solo beinhaltet, wurde als B-Seite für „I Want To Hold Your Hand“ ausgewählt, die in Amerika an die Spitze der Charts marschierte. „I Saw Her Standing There“ war auch einer der fünf Songs, die am 5. Februar 1964 in der Ed Sullivan Show von 73 Millionen Amerikanern gesehen wurden.
Lennon beschreibt den Titel als „das, was Paul nun mal gut drauf hatte – und was George Martin gerne einen, Schnellimbiss‘ nannte“, wobei der Song in Lennons späterem Leben auch noch eine andere Bedeutung gewinnen sollte. Im Jahr 1974 schlossen Lennon und Elton John eine Wette ab: Sollte Lennons „Whatever Gets You Thru The Night“ (auf dem Elton Klavier spielt) die Nr. 1 der amerikanischen Charts werden, würde Lennon bei einem Elton-Auftritt auf die Bühne kommen. Als der Song dann tatsächlich an die Spitze der Charts marschierte, hielt er sein Versprechen und kam am 28. November auf die Bühne des Madison Square Garden.
Vor dem abschließenden Song sagte Lennon: „Wir dachten, wir sollten vielleicht eine Nummer zum Besten geben, die eine meiner alten Verlobten namens Paul geschrieben hat.“ Und sie beendeten das Konzert mit einer sprühenden Version von „I Saw Her Standing There“. „Ich wollte doch nur etwas Spaß und nochmal Rock’n’Roll spielen“, sagte Lennon später. Es sollte der letzte Song sein, den Lennon je auf einer Bühne spielte.
Auf dem Album: „Please Please Me“