Das Ding aus dem Sumpf, Folge 39. Eine mannshoch gefüllte Schippe mit giftigem Fuzzrock. Der Blues, nachdem er beträchtlich zu lange in der Sonne gelegen hat. Dass Jack White neben den titanischen White Stripes und den mittelgroßen Raconteurs noch eine dritte Band haben muss, nahmen zwar schon 2008 beim ersten Album von The Dead Weather viele eher genervt zur Kenntnis. Aber gegen die attitude kann man nichts sagen: Den Kanal, den White für sich freigeschlagen hat, durch die verhassten Marshmellowwucherungen der Popkultur hindurch, den bespielt er nun eben konsequent. Hätte er nicht diesen Hass gegen das Internet, würde er das Zeug in seinen Blog stellen. So kommt es halt auf Vinyl.

Vieles auf „Sea Of Cowards“ klingt tatsächlich mehr hingerotzt und dahergestottert, als Song kaum der Rede wert – dafür aber als Sound. Licks und Riffs stammen aus denselben Quellen wie bei den White Stripes (Kindheitserinnerungen an AC/DC, Led Zeppelin, Muddy Waters), die Musik von Dead Weather ist allerdings weniger pur, mehr Hexenküche und Psychedelic-R’n’B-Inferno, Prog-Rock in kurzgehackten Stücken. Mit knarzenden Türen und rasselnden Ketten, mit den Mikros ganz nah an den schmerzhaft vibrierenden Membranen und den Schimpftiraden von Kills-Sängerin Alison Mosshart. „I’m mad!“, geckert White im gleichnamigen Stück – nicht wirklich, aber zum Glück verrückt genug, eine Platte zu veröffentlichen, die zwar sicher nur wenige White-Stripes-Hörer haben wollen, die am Ende aber viel abenteuerlicher und aufwühlender ist.

(Warner)
Joachim Hentschel