The Darkness
One Way Ticket To Hell… And Back
Luftgitarren-Hymnen und donnernde Chöre: ein atemberaubendes Werk
„Oh Lord, I’m so bored, living on my own.“ Viel ist passiert im Kosmos des vermeintlichen musikalischen Treppenwitzes aus der Provinz Uncool Britannia. Der Ruhm ist bekanntlich ein Vergrößerungsglas, und über 3,5 Millionen verkaufte Debütalben sind eine Hypothek. Insbesondere, wenn es sich um das Komplettarrangement The Darkness handelt, an dem sich die Geister schieden wie selten. Diejenigen, die Justin Hawkins und seine Band riefen, wurden sie hingegen zeitweise nicht mehr los. Rock’n’Roll and all that. Gigantomanie, Drogen, Personalwechsel, writer’s block… and back. Das verfluchte zweite Album.
Mit Panflöten-Intro (natürlich „aufgenommen vom besten Panflötenspieler der Welt in den Bergen von Peru…“) und einem in diesem Genre vertrauten Schniefen beginnt es, laut Hawkins „ein Werk der Erlösung“. Es dauert nur wenig mehr als 35 Minuten, aber die sind extrem vollgepackt und zeitweise atemberaubend. Ein englisches Sprichwort lautet: „Wer am heißesten brennt, leuchtet am hellsten.“ Ein Leuchten, das natürlich wieder die ganzen 70er und die halben 80er Jahre inhaliert hat, adäquat produziert von Roy Thomas Baker (Queen, Devo, aber auch Journey, Ozzy, Cheap Trick). Noch erstaunlichere Arrangements, Melodiekaskaden und Stimmeskapaden und abseitige Textverrenkungen, vor allem aber zehn Songs, die man selbst als böse gesinnter Mensch allesamt als packende Ohrwürmer bezeichnen könnte. Triefende Luftgitarrenhymnen im Zuckerbäckerstil, Schicht für Schicht untermalt mit donnernden Chören, mächtigen Streichern, Flügelhörnern, vielleicht auch Oboen, dazwischen ein Barpiano oder eine Slidegitarre, fernöstliche Refrains, aufs Frechste vermischt mit folkig-mittelalterlichen Versatzstücken („Hazel Eyes“) oder gar Disco-Rhythmen („Girlfriend“). Zitate hier, Zitate da – es herrscht Verwirrung ob so viel sinnlicher, aber auch sensibler Dichte. Man könnte weit ausholen. Und vor allem: Wo sind die Barock-Kostüme?