The Cure :: The Head On The Door
Drei Cure-Alben und eines von The Glove in Deluxe Editions
Dem Cure-Sänger und -Alleingestalter Robert Smith sind künstlerische Fehlschläge ja nur schwierig nachzuweisen. Wer ein derart intensives Dauerdröhnen wie das 1982-er Album „Pornography“ unter Blutkrämpfen in die Welt gesetzt hat. wie könnte man dem jemals vorwerfen, seine Musik sei langweilig oder monoton geworden? Es ergibt auch keinen Sinn, den üblen Zustand des Privatmanns zu Beginn der 80er Jahre einerseits für die „Pornography“-Glorie verantwortlich zu machen, andererseits aber auch für die Mittelmäßigkeit des Albums „The Top“ von 1984 (3,0).
Die Platte zeigt eben, dass ein ohne Korrektiv vor sich hinarbeitender Pflegefall nicht nur große Drogen-Romantik produziert, sondern auch Grässliches wie „Give Me It“ und „Dressing Up“ – und ganz Tolles wie „The Caterpillar“ und „Shake Dog Shake“. Dies ist übrigens einer der raren Fälle, in denen die Bonus-Tracks einer Wiederveröffentlichung den Wert (und die Bewertung) steigern: Die auf der zweiten CD enthaltenen Studio-Demos deuten an, dass ein paar redaktionelle Eingriffe „The Top“ vielleicht gerettet hätten.
Die dritte Ladung Deluxe-Ausgaben (Doppel-CDs mit Remasters der Original-Alben, großteils unveröffentlichten Demos und Live-Tracks) umspannt die Jahre 1982 bis 1987, eine trotz aller Probleme umwerfend produktive Zeit. Obwohl Smith sein Cure-Projekt mutwillig in den Ruin reiten wollte, mit der Single „Let’s Go To Bed“, die in seinen Augen selbstausbeuterischer Schlonz war, für die farbverwöhnten Eighties-Hörer jedoch eine morbide Erfrischung. Das „Du du dub“, das Smith in dem Lied erfand, wurde zum Trademark-Singsangs einer Pop-Karriere und ist auf diesen Alben in allen Variantenzu hören. Hier begann er auch, den Grusel-Clown-Look ganz bewusst als exzentrisches Kasperle-Theater einzusetzen, wie die entsprechenden Videos zeigen.
„The Hadd On The Door“ von 1985 besorgte den großen Bruch in der Album-Discografie und klingt heute so fantastisch wie die wenigsten Chart-Platten aus dieser Zeit. Der rasselnde, leicht verleierte Gitarrenband-Sound (da waren The Cure auch wieder eine Band) mit gelegentlichem Seitwärts-Fall ins Sphärische wird hier auf Kinderlieder und Dramen angewendet, neben den berühmten Singles „Inbetween Days“ und „Close To Me“ stehen einige der kompaktesten, schwärmerischsten Album-Tracks, die die Band je gemacht hat.
„Kiss Me, Kiss Me, Kiss Me“ (4,0) war als Doppel-LP 1987 auch eine ausladende Handwerksschau, auf der die Band alles zeigte, was sie im Ärmel hatte. Und schon der erste Track „The Kiss“ mit fast vier Minuten Wah-Wah-Intro und „I wish you were dead!“-Rufen signalisierte, dass die ungetrübte Fröhlichkeit der Vorgängerplatte eine Ausnahme gewesen war. Twistfähige Hits wie „Just Like Heaven“ und „Why Can’t I Be You?“ gab es hier trotzdem genug.
Die Bonus-Tracks fügen diesen zwei Alben übrigens wenig hinzu – wer kein Cure-Archivar ist, dürfte ziemlich enttäuscht sein. Anders ist das bei „Blue Sunshine“ von The Glove (2,5 , 1983), dem einzigen Album von Smiths Nebenband mit Siouxsie-Kollege Steven Severin. Eine nette, aber kaum legendäre Übung in psychedelischem New-Wave-Pop, seinerzeit gesungen von Jeanette Landrey, weil Smith aus vertraglichen Gründen nicht durfte. Die Extra-CD enthält nun die Ur-Versionen mit Smiths Stimme. Doch bei allem Materialwert: Nach den insgesamt 91 Stücken der anderen drei CDs ist das bisschen Frauengesang sehr hübsch.