New Order – Waiting For The Siren’s Call

Wie gehabt: Ein trostspendendes Album für alle Geplagten.

Klingt wie immer alles gleich und wie die früheren Sachen, aber so what? New Order ist eine der ganz wenigen Bands, die man schon daran erkennt, wie sie die Instrumente überhaupt anfassen, das ist wie ein Fingerabdruck. Peter Hook spielt eine so charakteristische Pling-Plong-Baßgitarre, Bernard Sumner hat in seiner Stimme eine bestimmte Melodie eingebaut, die man dreieinhalb Jahre nach der Rückkehr-Platte „Get Ready“ hier wieder elfrnal hören kann, und wenn man es richtig macht, kann es sein, daß man davon weinen muß.

Denn „Waiting For The Siren’s Call“ ist ein Album für die Geplagten und Beladenen. Die Hamburger Band Die Sterne hatte das Stück „Was hat dich bloß so ruiniert?“, in dem es um die Not geht, die nach Tagen voll Musik, Drogen, Liebe und hysterischem Highsein kommt, und genau davon singen New Order, obwohl man bei ihnen ja nicht auf die Texte hört. „Hey Now What Yo’re Doing“ zum Beispiel warnt freundschaftlich und hilflos vor dem Pillen- und Waffenkauf, sieht aber auch die Verzweiflung, die darin steckt: „You gotta hold your head up high/ You know it’s not too late to try!“ „Morning Night And Day“ erzählt in ebenso simplen Worten von der Tageszeiten-Verwirrung und den Schuldgefühlen nach dem Absturz bei Nacht. Ein Kater-Album und komischerweise ein Trostspender, vielleicht weil man weiß, daß die New Order-Leute in ihrer Stadt Manchester nicht nur die hellen Stunden des großen Liebessommers erlebt haben.

Eine solche Platte können sie mittlerweile wohl im Schlaf machen. Nicht einmal die bei einigen Stücken wieder dominanteren, an die Greatest-Hits-Zeit erinnernden Dance-Programmierungen klingen so, als hätte die Band sich besonders angestrengt – das hat sie schon damals so gemacht, als man ihren liebsten Party-Ort Ibiza bei uns nur aus Karl-Dall-Filmen kannte. Das Wundervolle, Genießenswerte an „5iren’s Call“ ist genau das, was Arne Willander neulich so treffend zu Tocotronic bemerkt hat: daß die Band einen beim Hören mit ihrer Monotonie so angenehm einlullt. Daß einen die Melancholie und die bittere Romantik erreichen, obwohl sie einen Stock im Hintern haben, und obwohl New Order natürlich ein exklusiv britisches Phänomen sind, das wir nie ganz verstehen werden.

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