Ryan Gosling :: Lost River
"Lost River" - das Regiedebüt von Ryan Gosling im Review
Ein Blick auf die Dankesliste im Abspann von Ryan Goslings Regiedebüt, „Lost River“, verrät schon einiges über die Ambitionen des Schauspielers: Guillermo del Toro, Nicolas Winding Refn, Derek Cianfrance und Terrence Malick stehen ganz oben in der Aufzählung, eine Verbeugung, aber auch ein Empfehlungsschreiben. Die vier Regisseure haben sichtbare Spuren in Goslings Film hinterlassen. Del Toros lyrische Phantasmagorien, Refns explosive Gewalt, Cianfrances sozialrealistische Alltagsbeobachtungen und Malicks ätherisches Raunen scheinen kaum zusammenzugehen, doch Gosling entfaltet daraus eine wundersame Welt, die einmalig ist im US-Independentkino der vergangenen Jahre.
Der Teenager Bones lebt mit seinem kleinen Bruder, Franky, und seiner Mutter, Billy, in dem von der Immobilienkrise heimgesuchten Städtchen Lost River. Der Kampf der alleinerziehenden Mutter um das Haus der Familie scheint verloren, und auch Bones’ Streifzüge durch die verfallenen Straßen auf der Suche nach verwertbarem Metallschrott werden immer gefährlicher, weil der Kleingangster Bully das Territorium für sich beansprucht. Ein fragwürdiges Hilfsangebot erhält Billy vom Manager ihrer Bank, der ihr einen Job in seinem Nachtclub, eine Art Varieté in der Tradition des Bluttheaters Grand Guignol, anbietet. Die ausweglose finanzielle Situation ihrer Familie lässt Billy langsam in eine surreale Halbwelt abgleiten, während Bones in einer urbanen Legende Zuflucht findet. Zusammen mit dem Nachbarsmädchen Rat, seiner einzigen Verbündeten, will er das Rätsel um eine untergegangene Stadt im Lost River lösen.
Gosling verlässt sich dabei etwas zu sehr auf seine geborgte Bildsprache, die Geschichte entwickelt sich eher auf Nebenpfaden. Wie ein Anker wirken die wenigen realistischen Momente des Films, deren Alltagszauber stärker nachwirkt als der dröhnende Symbolismus. Nichtsdestotrotz ist „Lost River“ ein bemerkenswertes Debüt, mit dem Gosling sich als Filmemacher abseits der ausgetretenen Pfade des Erzählkinos empfiehlt.