Chvrches
The Bones Of That You Believe
Universal
Was sollen wir wünschen? Was dürfen wir hoffen? Wer sind wir? Wohin gehen wir? Und warum ist mir heute schon wieder so melancholisch zumute? Das sind und bleiben die Fragen, mit denen sich der Gothic-Pop auch in seinen neuesten und jüngsten Filiationen befasst. Erlebte das Genre in den vergangenen beiden Jahren seine Renaissance vor allem in den Hipster-Zirkeln des global gewordenen Underground, ist es 2013 zumindest in musikalisch fortschrittlicheren Ländern wie Großbritannien auch im Charts- und Radio-Mainstream angelangt. Hier findet man den flotten Riot-Grrrl-Goth von Charli XCX ebenso wie die eher banale Rockschlager-Variante von MS MR oder den Witch-House-inspirierten R’n’B von Aluna George.
Die tollsten Melodien, die es im Genre zurzeit aber zu hören gibt, stammen von dem schottischen Terzett Chvrches: Mit hoher, kalkuliert dünner, klug gedoppelter und modulierter Stimme schwebt Sängerin Lauren Mayberry über den sehnsuchtsvollen Keyboardfiguren und pulsierenden Rhythmen ihrer Mitmusiker Iain Cook und Martin Doherty. Auf dem Debüt „The Bones Of What You Believe“ gibt es nicht nur verhangene Düsterpopstücke zu hören, sondern auch glitzernd emporperlende Disco-Synths nach Pet-Shop-Boys-Art und vom Dubstep entliehene schleifende und schleppende Bässe. Man kann sich das wie eine musikalisch und lyrisch etwas weniger wagemutige Version von Gruppen wie Purity Ring vorstellen, und mit dem Eröffnungssong „The Mother We Share“ verneigen sich Chvrches vor dem Stück „We Share Our Mother’s Health“ von The Knife. Deren Abgründigkeiten fehlen ihnen zwar. Dafür verbinden sie Melancholie und Euphorie in der bestrickendsten Weise. Aus dem Dunkel des Untergrunds streben sie unaufhörlich zum Licht – herrlich ist die Aura, die sie dabei umstrahlt.