Blondie
Panic Of Girls
Parlophone /EMI VÖ: vorab bei uns, offiziell am 15. Juli
„Wir sind gleichermaßen Teil der Zukunft und der Vergangenheit!“ So sieht Debbie Harry die Gegenwart ihrer Band Blondie. Eine gewagte Aussage für jemanden, der in diesen Tagen 66 wird. Aber korrekt.
Debbie Harry und Chris Stein wollten immer alles. Möglichst viele Einflüsse aufsaugen und auf eigene Weise wieder ausspucken – wie Disco („Heart Of Glass“), Rap („Rapture“) und Reggae („The Tide Is High“). Jetzt ist ihnen wieder das gelungen, was ihnen vielleicht nicht mehr alle zugetraut haben: ein klassisches Blondie-Album! Die New Yorker sind ihrer Zeit vielleicht nicht mehr voraus, sie hinken ihr aber auch nicht hinterher. Das Produzententeam Super Buddha hat sich der Tracks „D-Day“ und „Words In My Mouth“ angenommen, der Rest des Albums wurde in die Hände von Jeff Saltzman (Killers) und Kato Khandwala (Paramore) gelegt, die wissen, wie man Songs heutzutage „pimpt“ und die trotzdem ehrfürchtig mit dem Material umgingen.
„Panic Of Girls“ wird beherrscht von einem ungeheuren Vorwärtsdrang, die Gitarren wurden heruntergemischt, die Keyboards in den Vordergrund gestellt, ein leichter Elektro-Lack aufgetragen. Das großartige „Love Doesn’t Frighten Me“, vielleicht der beste Blondie-2.0-Track bis dato, muss sich nicht hinter New-Wave-Reißern wie „One Way Or Another“ verstecken. Den Balkan-Walzer „(A) Sunday Smile“ von Beirut verwandeln Blondie in eine Art „The Tide Is High“ in Slow Motion, „Girlie Girlie“, Sophia Georges Reggae-Ententanz von 1985, bekommt einen seriösen Anstrich. Bei der Single „Mother“, einer Hommage an den legendären Underground-Club im Manhattan der 90er, wirkt Debbie Harry 30 Jahre jünger. Dass ihr in der U-Bahn jemand seinen Platz anbietet, ist weiterhin eher unwahrscheinlich.
Frank Lähnemann