Tift Merritt
Traveling Alone
Yep Roc/Cargo
Souveräne Country-Songs, von einer Top-Studioband gespielt. Zehn Jahre nach ihrem gefeierten Debüt „Bramble Rose“ ist sie weder die neue Lucinda Williams noch die nächste Emmylou Harris geworden, sondern glücklicherweise einfach Tift Merritt geblieben. Und die hat, selbst wenn sie – wie vor ihrem fünften Studio-Album – erneut ohne Vertrag und Management dasteht, längst einen Ruf, der ihr auch für „Traveling Alone“ einen „dream cast“ (Merritt) als Session-Band beschert: Mit Gitarrist Marc Ribot und Calexico-Drummer John Convertino, Eric Heywood an der Pedal-Steel und mit Tucker Martine (Decemberists etc.), der bereits den Vorgänger produziert hatte. Doch wo „See You On The Moon“ 2010 mit streicherverwöhntem Soul-Pop bewusst und klug arrangiert an ihrem Image als heimliche Americana-Königin kratzte, kann sich Merritt hier mit elf mindestens guten Songs einfach dem live-haftig wirkenden Ensemble-Spiel einer Top-Studioband ausliefern. Die auch mal ordentlich Muskeln zeigt („Still Not Home“, „To Myself“), vielleicht auch mal einen Tick zu viel macht („Spring“), dem Akt des Vertrauens aber gerade in den Momenten mit Understatement gerecht wird, wenn Merritt im superben Titelsong Räume öffnet und mit „Sweet Spot“ oder „Too Soon To Go“ eher traditionellere Country-Tunes reicht. Da traut sich dann als Gast sogar ein gewisser Andrew Bird in die Kulisse, der als Duett-Crooner in „Drifted Apart“ doch ein bisschen verblüfft.Dem bittersüßen Gefühl, dauernd irgendwo anzukommen und doch nie ganz am Ziel zu sein, gibt Tift Merritt immer noch eine der schönsten Stimmen überhaupt. Und besonders schön wird’s, wenn sie sich auf „Traveling Alone“ in das Spiel ihrer Band einfach fallen lässt wie in eine Hängematte an einem Spätsommerabend, der schon diese leise Ahnung von Herbst in sich trägt. „Every once in a while the feeling of beauty catches my heart, runs right through me“, singt Tift Merritt dann, „if you don’t mind, I’ll stay on another couple of days.“ Wer könnte etwas dagegen haben?