Ry Cooder
Election Special
Warner VÖ: 17. August 2012
Vergangenes Jahr bewarb Ry Cooder seine Platte „Pull Up Some Dust and Sit Down“ mit der Forderung: „Diese Zeiten brauchen eine neue Art Protestsong.“ Jetzt wirft er mit seinem Agitprop-Album „Election Special“ sozusagen die Punk-Fortsetzung in den US-Wahlkampf. Neu ist das natürlich nicht, der Roots-Archäologe Cooder erinnert mit spartanischer Garagen-Produktion an Woody Guthrie, die Blues-Ankläger oder den frühen, präbarocken Phil Ochs, wenn er gegen den Finanzkapitalismus und seine politischen Steigbügelhalter wettert. Die Schurken verortet er kurzsichtig, wegen des aktuellen Anlasses aber nachvollziehbar, nur im Republikanerlager, was ihn zum einzigen Ausrutscher verleitet, einer Mitleidsnummer, die wie eine Parodie rüberkommt: Der US-Präsident jammert, dass ihn angesichts der verschlagenen Widersacher und deren Rassismus das „Cold Cold Feeling“ befällt.
Ansonsten hat Cooder das Herz auf dem rechten, also linken Fleck. Mal sarkastisch, mal wütend bezieht er Stellung zu Occupy, Spekulanten, Gewerkschaftsrechten, „Sweatshop“-Kinderarbeit, Irak-Krieg, dem verarmten, irregeleiteten Republikaner-Stimmvieh, der Tea Party und allen, die für den nächsten Dollar ihre Seele an den Teufel verkauft haben. Aufgenommen hat er die Songs fast im Alleingang, mit Sohn Joachim am Schlagzeug. Und mit seinem polternden, rausgebellten Straßenecken- und Kneipen-Blues und den für die galligen Texte fast zu schönen Country-Folk-Mandolinen-Balladen klingt der 65-Jährige vitaler als die meisten, die seine Kinder oder Enkel sein könnten.
Beste Songs: „Brother Is Gone“, „The Wall Street Part Of Town“