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Die 500 besten Alben aller Zeiten – die komplette Liste
Alle 500 Meisterwerke auf einen Blick.
500. Outkast: Aquemini (1998). Zu einem Zeitpunkt, da Master P und Puff Daddy die Charts anführten, ließ OutKast ein explosives HipHop-Album vom Stapel, auf dem Gesellschaftskritik und Deep-Funk zusammenfanden. Songs wie „Rosa Parks“ setzten „Hotlanta“, die Heimatstadt des Duos, auf die Landkarte des Rap.
500. Outkast: Aquemini (1998). Zu einem Zeitpunkt, da Master P und Puff Daddy die Charts anführten, ließ OutKast ein explosives HipHop-Album vom Stapel, auf dem Gesellschaftskritik und Deep-Funk zusammenfanden. Songs wie „Rosa Parks“ setzten „Hotlanta“, die Heimatstadt des Duos, auf die Landkarte des Rap.
499. B.B. King: Live In Cook County Jail (1971). Als er 1970 in diesem Chicagoer Gefängnis auftrat, erlebte Kings Karriere eine Renaissance. Mit Blues-Standards und dem Hit „The Thrill Is Gone“ spielte er sich in die Herzen der Gefangenen
498. The Stone Roses:
The Stone Roses (1989). Ein paar glorreiche Augenblicke lang sah es aus, als könnten die Stone Roses eine neue British Invasion anführen. Doch stattdessen fielen sie auseinander, jedoch nicht ohne dieses Album zu hinterlassen, das in dem ekstatischen „I Am The Resurrection“ gipfelt und den Britpop vorwegnahm.
497. White Blood Cells:
The White Stripes (2001). Das dritte Album von Jack und Meg White hatte das rechte Maß an Dynamit für den Durchbruch in den Mainstream. Jacks Garagenrock-Gerassel und Megs spielzeuggewitterndes Getrommel drängten gleichzeitig zum Gipfel.
496. Boz Scaggs: Boz Scaggs (1969). Die grundsoliden Grooves auf diesem unterschätzten Kleinod verdanken wir der Rhythmussektion der Muscle Shoals, den souligen Gitarren Scaggs und Gastmusiker Duane Allman. Zusammen machten sie „Loan Me A Dime“ zu einem Radio-Klassiker – mehr als zehn Minuten flehender und klagender Blues, der einen umhaut.
495. Give It Up: Bonnie Raitt (1972). Raitt machte sich auf nach Woodstock, um ihr zweites Album einzuspielen. Und geriet in strömenden Regen. „In meinem Haus tummelten sich Salamander im Sand“, erzählte Raitt später. Sie flüchtete ins Studio und spielte einen wunderbaren, folkigen Blues ein.
494. Oracular
Spectacular: MGMT (2008). Zwei versponnene Hipster geraten an ein paar alte Keyboards und komponieren darauf eine Synthie-Suite des Herzschmerzes. Man braucht kein Wort von „Kids“ zu verstehen, um die Kicks des Duos zu spüren.
493. Yankee Hotel
Foxtrot: Wilco (2002)
Wilcos großer Sprung nach vorn mischte Rocktradition, Electronica, schräge Rhythmen und experimentelle Gesten. Jeff Tweedy setzte auf Hoffnung statt auf Zweifel – und alle Wetten wurden annulliert.
492. Touch: Eurythmics (1984). Annie Lennox sah aus wie ein androgyner Cyborg, sang aber mit demselben Soul, den ihr Produzent Dave Stewart hinter seinem Bart verbarg. Zusammen schufen sie einen göttlichen Synthie-Pop, aus dem besonders „Who’s That Girl“, eine versponnene urbane Eifersuchts-Fabel, und ihr Megahit „Here Comes The Rain Again“ herausragen.
491. Born Under A Bad Sign: Albert King (1967)
Kings erstes Album auf Stax kombiniert sein kompromissloses Gitarrenspiel mit dem geschmeidigen Sound der Label-Hausband Booker T. And The MG’s. Mit Hits wie „Crosscut Saw“ und „Laundromat Blues“ gewann King ein neues Publikum.
490. Tres Hombres: ZZ Top (1973). Ein Jahrzehnt bevor das texanische Blues-Trio zum MTV-Star avancierte, schnupperten ZZ Top mit dieser Platte zum ersten Mal an internationaler Berühmheit. Einer ihrer größten Hits, der John-Lee-Hooker-hafte Boogie „La Grange“, findet sich ebenso darauf wie der versoffene Rocker „Jesus Just Left Chicago“.
489. Destroyer: Kiss (1976). Als ihr fünftes Album auf den Markt kam, waren Kiss die populärste Band Amerikas, ausverkaufte Stadion-Tourneen und Fernsehfilm eingeschlossen. Um die Proto-Power-Ballade „Beth“ herum arrangiert, ist „Destroyer“ ein überdrehtes Party-Rock-Album, das immer besser wird.
488. New Day Rising: Hüsker Dü (1985). Diese drei Typen aus Minneapolis spielten einen gefühligen Hardcore-Punk, der unter anderem großen Einfluss auf Nirvana ausübte. In Hymnen wie „Celebrated Summer“ und „Perfect Example“ kreierten die Hüskers ein Gebrüll, als würden Mülllaster versuchen, die Beach Boys zu intonieren.
487. She’s So Unusual:
Cyndi Lauper (1983). Laupers erste Band war auseinandergebrochen und sie musste in einem japanischen Restaurant singen. Doch dann schaffte es ihr Debüt mit messerscharfem Dance-Pop als erstes Album einer Frau überhaupt, vier Top-Five-Hits zu landen, darunter Juwelen wie „Girls Just Wanna Have Fun“.
486. That’s The Way
Of The World: Earth, Wind & Fire (1975). Bevor er sich für afrikanische Daumenklaviere und außerirdische Philosophien interessierte, war EWF-Gründer Maurice White Schlagzeuger in den Chess Studios. Damit schuf er die Fummelmusik der Götter.
485. Vitalogy: Pearl Jam (1994). Das Vorgänger-Album „Vs.“ machte Pearl Jam zur erfolgreichsten Band der Welt. Das feierten sie, indem sie „Vitality“ produzierten, mit dem sie ihre Beherrschung aller vergangenen und künftigen Rock-Spielarten zur Vollendung brachten. Seelenvolle Balladen wie „Nothingman“ treffen auf hardcoreähnliches wie „Spin The Black Circle“.
484. All The Young Dudes: Mott The Hoople (1972). Ehe David Bowie sie unter seine Fittiche nahm, waren Mott eine Hardrock-Band mit einer Dylan-Fixierung. Bowie schrieb den Titelsong und brachte sie dazu, Lou Reeds „Sweet Jane“ zu covern. Mott klangen danach nie mehr so sexy und glamourös.
483. Entertainment!
Gang Of Four (1979)
Als sie sich 1977 zusammentaten, kombinierten Gang Of Four Marxismus mit Punk-Rock. Sie spielten einen von Stakkato-Gitarren getriebenen Funk, und die steif ruckende Aggression von Songs wie „Damaged Goods“ und „I Found That Essence Rare“ begründeten einen neuen Stil, der bis heute viele Nachahmer findet
482. Guitar Town
Steve (1986). „Ich bin auf zwei Schachteln am Tag und habe einen Motel-Teint“, singt Steve Earle im Titelstück. Als er mit 31 sein Debüt herausbrachte, hatte er in Nashville als Songwriter die Runde gemacht und wollte endlich mehr. „Guitar Town“ ist die Rockerversion eines Country-Albums über das harte Leben in den Reagan-Achtzigern.
481. Voodoo: D’Angelo (2000). Sein zweites Album nahm D’Angelo im Electric Lady auf, dem Studio, das Jimi Hendrix gegründet hatte. Dort studierte er Bootleg-Videos von Soulsängern aus den Sechzigern und Siebzigern und köchelte dann ein basslastiges, dämmeriges Album zusammen. Die Single „Untitled (How Does It Feel?)“ kling wie ein Prince-Outtake.
480. Only Built 4 Cuban Linx: Raekwon (1995). Die beste Wu-Tang-Solo-Nummer ist eine Studie in coolen, straff gewobenen Versen. Raekwon legt atemberaubende Drogen-Rap-Narrative über die hypnotisch kargen Beats von RZA – ein Rap-Album, das einigen Mafia-Filmen in nichts nachsteht.
479. Maggot Brain: Funkadelic (1971). „Spiel, als wäre gerade deine Mutter gestorben“, wies George Clinton den Gitarristen Eddie Hazel an. Das Ergebnis war „Maggot Brain“, ein an Hendrix gemahnender Angststurm. Es ist das schwerste Album des P-Funks, lässt aber trotzdem Platz für den Akustik-Funk von „Can You Get To That.
478. All Time Greatest Hits: Loretta Lynn (2002)
Wer glaubt, dass weiblicher Country niedlich ist, sollte sich „Fist City“ anhören, auf dem Lynn droht, eine Rivalin zusammenzuschlagen, wenn sie nicht die Finger von ihrem Mann lässt. Und Songs wie „Rated X“ brachten Feminismus in den Honky-Tonk.
477. Down Every Road:
Merle Haggard (1996)
Haggards harter Country-Sound erblickte in Bakersfield, Kalifornien das Licht der Welt. Seine Songs wimmeln von Herumtreibern, Flüchtlingen und einsamen Schurken. Diese aus seinen Capitol-Aufnahmen sowie den MCA- und Epic-Einspielungen zusammengestellte Vier-CD-Box präsentiert die ultimative Kollektion des Country-Sängers.
476. Life After Death: The Notorious B.I.G. (1997). Weniger als einen Monat nach dem Mord an Biggie veröffentlicht, versammelt das prophetische „Life After Death“ zwei CDs voll Humor und Draufgängertum, darunter nicht ein einziger Füller.
475. Armed Forces
Elvis Costello And
The Attractions (1979)
Costellos drittes Album besteht ganz und gar aus zusammengepresster Paranoia. Ursprünglich wollte er es deshalb „Emotional Fascism“ nennen. Der keyboardgetriebene Sound von „Accidents Will Happen“ half, den Weg zum New Wave zu ebnen.
474. Próxima Estación: Esperanza: Manu Chao (2001). Global gesehen ist Chao längst eine Person von marleyhaften Dimensionen. Über Hörner und Beatboxen hinweg rockt Chao seine Akustikgitarre, während er sich vielsprachig zu lebenswichtigen Fragen wie Politik und Marihuana auslässt.
473. The Smiths: The Smiths (1984). „Mystik schwebt in der Luft/ ich möchte an deiner Unterwäsche zupfen“, ächzte der Sänger und danach war die Rockmusik nie wieder dieselbe. Das Smiths-Debüt bereitete die Bühne für Morriseys missmutigen Witz und Johnny Marrs Gitarrenglocken. In „Still Ill“ und „This Charming Man“ stapften sie durch Englands freudlose Moore.
471. I Want To See The Bright Lights Tonight:
Richard And Linda Thompson (1974). Richard spielt Gitarre, als wäre Neil Young zum Sufi-Mystizismus konvertiert, seine Frau Linda hat die Stimme einer keltischen Emmylou Harris.
470. Radio: L.L. Cool J (1985). L.L. Cool J war gerade mal sechzehn, als er seine erste Single „I Need A Beat“ herausbrachte. Ein Jahr später hatte er seinen ersten Hit auf dem neugegründeten Label Def Jam. Der Sound, den er und Rick Rubin für austüftelten, war drahtiger und härter als HipHop je gewesen war.
469. The Score: Fugees (1996). Angeführt von Wyclef Jean machten die Fugees eklektischen, politisch bewussten R&B-Hip-Hop, aber der Durchbruch gelang ihnen mit dem Roberta-Flack-Cover „Killing Me Softly With His Song“.
468. The Paul
Butterfield Blues Band:
The Paul Butterfield Blues Band (1965). Hier bekamen die weißen amerikanischen Kids das Gefühl, sie könnten Blues spielen. Die Band hatte zwei mörderische Gitarristen: Michael Bloomfield und Elvin Bishop.
467. Tunnel Of Love:
Bruce Springsteen (1987). Nach dem groß auftrumpfenden „Born In The U.S.A.“ war dies ein Schock: Ein Album mit intimen, überwiegend akustischen Bekenntnissen. In Songs wie „One Step Up“ und „Walk Like A Man“ rührt der frisch verheiratete Rockstar mit seinen Liebesliedern für Erwachsene an Privates.
466. A Rush Of Blood
To The Head: Coldplay (2002). Auf ihrem zweiten Album präsentieren Coldplay großherzigen britischen Gitarrenrock oder – wie es Chris Martin charakterisierte – „Gefühle, bei denen man sich traurig fühlt, während man die Füße bewegt“.
465. 69 Love Songs:
The Magnetic Fields (1999). Drei Discs voll brillant ziselierter Melodien zum größten aller Gefühle. Stephin Merrit lebte eine Tin-Pan-Alley-Fanatsie aus, wickelte sein skurriles Bassspiel um Synthie-Pop-Klänge, Bubblegum, Afropop, Revuemelodien und Country. Ironie auf Anabolika, doch „Papa Was A Rodeo“ rührt noch immer zu Tränen.
464. Hysteria: Def Leppard (1987). In den Achtzigern hatte Def Leppard eine Pechsträhne, die darin gipfelte, dass Schlagzeuger Rick Allen bei einem Autounfall Silvester 1984 einen Arm verlor. Doch die Jungs ließen ihren alten Kumpel nicht im Stich, der lernte, mit den Füßen zu trommeln. Gedankt wurde es der Band, als „Pour Some Sugar On Me“ ein Hit wurde.
463. Heaven Up Here:
Echo And The Bunnymen (1981). Mit nebelverhangenenem Gitarrengewitter und apokalyptischen Drums frischten die Bunnymen Psychedelia für die New-Wave-Ära auf, während Sänger Ian McCulloch die Aura von Jim Morrision wiederbelebte. In „A Promise“ und im Titelsong trifft Melodie auf Melodram.
462. Document: R.E.M. (1987). In den Achtzigern probierten R.E.M. mit jedem Album etwas Neues aus, doch dieses geradlinige Rock-Ding machte sie zu Mainstream-Stars. „The One I Love“ wurde ein Hit, die Fans indes bevorzugten das manische „It’s The End Of The World As We Know It (And I Feel Fine)“.
461. Metal Box: Public Image Ltd. (1979). Nachdem die Sex Pistols implodiert waren, nahm Johnny Rotten wieder seinen richtigen Namen – John Lydon – an und gründete eine neue Band. PIL spielten einen gruseligen Art-Punk mit Dub-Bass und fetzender Gitarre. „Metal Box“ erschien ursprünglich als Triple-Vinyl in einer Filmbüchse.
460. Live Through This:
Hole. (1994). Auf dem Album, das Hole den Durchbruch brachte, will Courtney Love das Mädchen sein, das die größte Torte abkriegt und verbringt das gesamte Album damit, dafür zu bezahlen. Die melodische Pein von Songs wie „Miss World“, „Softer, Softest“ und „Doll Parts“ kam nur kurz vor dem Selbstmord ihres Ehemanns Kurt Cobain in die Läden.
459. Golden Hits: The Drifters (1968). Anfang der Sechziger hatten sich die Drifters zu einer geschmeidigen Soul-Combo entwickelt. Selbst nachdem Ben E. King Solopfade eingeschlagen hatte, ließen die Produzenten Jerry Leiber und Mike Stoller mit den Drifters eine zeitlosen Ode urbaner Romantik wie „Up On The Roof“ und „Under The Boardwalk“ folgen.
458. Tumbleweed
Connection: Elton John (1970). Die Mythen des amerikanischen Westens hatten John früh inspiriert. Zusammen mit seinem Texter Bernie Taupin lebte er seine Cowboy-Fantasien hier aus. „Amoreena“ bleibt unvergessen als musikalische Untermalung des Films „Dog Day Afternoon“.
457. Z: My Morning Jacket (2005). Mit ihrem vierten Album machten die Jungs aus Kentucky einen gewaltigen Satz nach vorn. So transformierten sie Americana in einen interstellaren Art-Rock. My Morning Jacket injizierten „Z“ sowohl enoeske Keyboard- und gemeißelte Gitarrenklänge als auch skynyrdmäßige Riffs und Kneipenband-Grooves.
456. Here, My Dear: Marvin Gaye (1978). Gayes Scheidungsvereinbarung nötigte ihn, eine neue Platte aufzunehmen und die Einkünfte seiner Ex-Frau zu überweisen, der Schwester von Motown-Chef Berry Gordy. So kam es, dass Gaye dieses verbittert komische Doppelalbum voller Trennungssongs einspielte, inklusive „You Can Leave, But It’s Going To Cost You“.
455. How Will The Wolf Survive?: Los Lobos (1984). „Wir waren langhaarige Kids in karierten Hemden, die mexikanische Folk-Instrumente spielten“, so Los-Lobos-Gründungsmitglied Louie Perez. Die Band aus East L.A. verband traditionelle mexikanische Klänge, Rockabilly und Blues.
454. Love It To Death: Alice Cooper (1971). Auf der Bühne gab Cooper den Schock-Rocker, der Baby-Puppen den Kopf abriss, doch seine frühen Studioaufnahmen sind smarte, rasiermesserscharfe Attacken reinsten Detroiter Rocks. Auf „Love It To Death“ unterstützte ihn Produzent Bob Ezrin bei verdrehten Thrills wie „I’m Eighteen“.
453. Strictly Business: EPMD (1988). Im Sommer 1988 mischten Erick Sermon und Parrish Smith als EPMD von Long Island aus mit ihrem neuen, langsam groovenden HipHop-Funk die Szene auf. Noch aus der Zeit bevor die Künstler sich ihre Samples genehmigen ließen, bediente sich der Titelsong sogar bei „I Shot The Sheriff“.
452. John Prine: John Prine (1971). Prines Debüt dokumentiert auf einzigartige Weise seinen großmütigen Blick auf den amerikanischen Alltag. Prine sang in „Illegal Smile“ übers Kiffen, doch die Empathie für die alten Leutchen, die er in „Hello In There“ zum Ausdruck bringt, ließ die meisten Hippie-Songwriter blasiert erscheinen.
451. Back To Black: Amy Winehouse (2007). Es macht traurig daran zurückzudenken, wie neu dieses Album klang, als es herauskam – komisch und hip, Retro, aber mit Blick nach vorn. Winehouse, eine tätowierte Dreiundzwanzigjährige mit einer Bienenstockfrisur, erwies sich dem Geist ihrer R&B-Vorbilder würdig. Fluchend und Sprüche klopfend brach sie einem das Herz.
450. For Everyman: Jackson Browne (1973). Auf seinem zweiten Album verwandelt sich Browne in den J.D. Salinger unter den kalifornischen Songwritern. Songs wie „These Days“ fangen den Wechsel von den idealistischen Sechzigern zu den desillusionierten Siebzigern ein.
449. Third/Sister Lovers: Big Star (1978). Big Star nahmen ihr drittes und letztes Album 1974 auf, es wurde aber erst 1978 veröffentlicht, zum Teil wohl weil Sänger Alex Chilton klingt, als habe er einen Nervenzusammenbruch. Ein Album voller wundervoller, losgelöster Herzschmerzballaden.
448. Synchronicity: The Police (1983). „Ich bin am besten, wenn ich Schmerz und Gefühlsstürme durchzustehen habe“, bekannte Sting gegenüber dem ROLLING STONE. Und tatsächlich zeitigte das Scheitern seiner ersten Ehe eine seiner besten Produktionen, allen voran „King Of Pain“ und die Stalker-Hymne „Every Breath You Take“. Es sollte das letzte Police-Album sein.
447. Getz/Gilberto: Stan Getz And João Gilberto (1964). Brasilianischer Bossa Nova trifft auf amerikanischen Jazz. Saxophonist Getz tat sich für dieses Fusion-Album mit dem Gitarristen und Sänger Gilberto und dem Komponisten und Pianisten Antonio Carlos Jobim zusammen.
446. Back In The USA: MC5 (1970). In den späten Sechzigern waren Motor City Five die Hausband der White Panther Party, die sich vor allem Drogen, Knarren und Sex in der Öffentlichkeit widmete. Doch auf ihrem zweiten Album kanalisieren sie ihren brachialen Sound und ihre radikalen Politvorstellungen in knappe und präzise, an Chuck Berry gemahnende Riffs.
445. Fly Like An Eagle: Steve Miller Band (1976)
Nachdem ihn ein Autounfall 1972 fast ein Jahr lang außer Gefecht gesetzt hatte, kehrte Miller triumphal mit einem Pop-Rock-Sound zurück, der die Radios der Siebzigerjahre beherrschte. Geschmeidiger Gitarren-Boogie so eingängig wie Abba und so tanzbar wie Disco.
444. The World Is A Ghetto: War (1972). Eine übel abgekochte Latin-Funk-Band, die einen Song über eine Latino-Fernsehshow aus den Fünfzigern brachte? Der Song hieß „The Cisco Kid“ und die Band War. Der Titelsong ist eine glühende Reflektion über das Leben in den Innenstädten.
443. In Color: Cheap Trick (1977). Sie waren vielleicht bloß heimatverbundene Jungs aus Rockford, Illinois, dem Herzen des Mittleren Westens der USA, doch Cheap Trick hatten ein ausgeprägtes Verständis für Rock’n’Roll. Mit dem blonden Pin-up-Burschi Robin Zander am Mikro, rockte sich das Trio durch beatleshafte Melodien wie „Oh Caroline“ und „Downed“.
442. Q: Are We Not Men? A: We Are Devo!:
Devo (1978). Sie kamen aus Akron, Ohio, trugen identische Overalls und hingen einer finsteren De-Evolutions-Theorie an. Ihr Debüt lebt von Gummi-Punk-Gitarren und finster-mechanischen New-Wave-Beats.
441. Suicide: Suicide (1977). Diese New Yorker Synthie-Punks evozieren so ziemlich alles zwischen Velvet Underground und Rockabilly. Martin Revs Elektronik klingt gewalttätig und hypnotisch, während Alan Vega herumschreit, als wäre er Teil der Rhythmussektion. Man sollte sich diese Wahnsinnsstücke keinesfalls spätabends zu Gemüte zu führen.
440. Rum Sodomy
& The Lash: The Pogues (1985). Mit einer Stimme wie ein Aschenbecher führte Shane MacGowan diese fabelhafte, irischen Folk-Punk zelebrierende Katastrophencombo an. Produziert von Elvis Costello schwankt „Rum“ zwischen Rührseligkeit und Kanonendonner.
439. Live At The Harlem Square Club, 1963: Sam Cooke (1985). Cooke war die personifizierte Eleganz, aber diesem Club in Florida heizt er ein bis er heißer ist als die Hölle und klingt trotzdem, als würde er kein Tröpfchen Schweiß vergießen. Er schmalzt „For Sentimental Reasons“ – und es ist pure Magie.
438. Boys Don’t Cry: The Cure (1980). Ehe sie sich in eine Goth-Pop-Band verwandelten, waren die Cure ein minimalistisches Post-Punk-Power-Trio. „Boys“ strotzt von eingängigen Melodien, kabbeligen Gitarren und trübsinnigem Gesang. „10:15 Saturday Night“ und „Jumping On Someone Else’s Train“ sind Geniestreiche. Und statt Gitarrensoli bekam man Bassmelodien.
437. Tha Carter III: Lil Wayne (2008). „Ich bin so weit weg von den anderen“, rappte Wayne. „Ich kann sie zum Abendessen verputzen.“ Und auf dieser schrägen, fantastischen Pop-Rap-Odyssee ließ das Genie auf Worte Taten folgen.
436. Sea Change: Beck (2002). Trennungsplatten sind selten so lieblich wie diese. „Sea Change“ ist der unverfälschte Sound vollständigen Auseinanderfallens, eine hübsch polierte Anverwandlung des in der Gosse gestrandeten Folksounds der Sixties. Die Musik scheint vom Grund des Ozeans heraufzuwallen.
435. In Utero: Nirvana (1993). Für das Nachfolgealbum von „Nevermind“ heuerten Nirvana Steve Albini als Produzenten an. Das weiße Rauschen von „Serve The Servants“ ist derart spannungsgeladen, dass man es kaum aushält. Und nur höchste Seelenpein vermag das hirn- und herzverbrühende „Rape Me“ zu erklären.
434. #1 Record: Big Star (1972). Alex Chilton und Chris Bell waren die Wunderkinder aus Memphis, die die Seele von Big Star ausmachten. Vom aufbrausenden „Feel“ bis zum akustischen „Thirteen“ mixten sie britische Pop-Feinheiten mit uramerikanischem Hardrock. Die 80er-Jahre-Explosion poppiger Garagenbands wäre ohne Big Star nicht denkbar gewesen.
433. All Things Must Pass: George Harrison (1970). Harrison hatte aus Beatles-Zeiten fast genug Songs für ein Triple-Album gebunkert, doch bei den Jams auf Seite sechs geht ihm plötzlich der Sprit aus. Die spirituellen Erkundungsreisen wie „My Sweet Lord“ und „What Is Life“ wurden indes zu Klassikern.
432. Here Come The Warm Jets: Brian Eno (1973). Enos erstes Soloalbum legte den Grundstein zu einer neuen Art glamourösen Art-Rocks: zerklüftet, freischwingend und verträumt. „Baby’s On Fire“ und „Needles In The Camel’s Eye“ sind fiese Rockstücke mit Robert Fripps stotternden Gitarrenklängen.
431. Stories From
The City, Stories
From The Sea: PJ Harvey (2000). Polly Harvey glücklich? Eine Überraschung zwar, aber ihr fünftes Album zeigt sie verliebt in New York. Das Ergebnis? Geschmeidige Songs, die intensiv und zudem überraschend eingängig klingen.
430. Vampire Weekend:
Vampire Weekend (2009). Vampire Weekend kamen frisch von der Columbia University und teilten eine Vorliebe für afrikanische Gitarrenmusik. Ihr Debüt ist voll verführerischer Indie-Pop-Songs über den College-Campus und Tête-à-Têtes mit Benetton tragenden jungen Damen. Ezra Koenigs Paul-Simon-Melodien sind gewiss so kultiviert wie seine Erziehung.
429. Another Green World: Brian Eno (1975).
Nach einer Karriere als Rockexzentriker verabschiedete sich Eno mit diesem Album von der rein synthetischen Schönheit und mixte geschmeidige elektronische Klänge („Becalmed“) mit akustischen Instrumenten („Everything Merges With the Night“).
428. Outlandos d’Amour: The Police (1978). Police wurden größer, aber nie klangen sie frischer. Leichfüßig absorbierten sie Reggae-Elemente in den kargen, hüpfenden Sound ihres Debütalbums. „Roxanne“ und „Next to You“ bewiesen zudem Stings Qualitäten als meisterlicher Songwriter.
427. Sleepless: Peter Wolf (2002). Auf diesem modernen Blues-Album gelingt Wolf ein seltenes Kunststück. Er singt unpeinlich von erwachsenen Romanzen. Mit seinem souligen Brummen bezeugt der ehemalige Sänger der J. Geils Band die Existenz wahrer Liebe und wird dabei von Mick Jagger und Keith Richards unterstützt.
426. At Budokan: Cheap Trick (1979). Nach drei Studioalben waren Cheap Trick in Japan bekannter als in den USA. Doch dieser Mitschnitt eines Konzerts in Tokio wurde ihr erster Hit in den USA. Die kreischenden japanischen Schulmädchen sind praktisch das tonangebende Instrument in Stücken wie „Surrender“.
425. Grievous Angel: Gram Parsons (1974). Mit den Byrds und den Flying Burrito Brothers erfand Parsons den Country-Rock, hier vertiefte er ihn. In Emmylou Harris fand er die ideale Duettgefährtin. Ihre Stimmen verschmelzen in den einsamkeitsgeschwängerten Klagen von „Brass Buttons“ und „$1000 Wedding“. Kurz nach den Aufnahmen starb Parsons im Alter von 26.
424. The Rising: Bruce Springsteen (2002). Springsteens Antwort auf 9/11 war ein außergewöhnliches Requiem, in dem er nach dem Sinn dieser unerklärlichen Tragödie sucht, indes er sich vor der Würde und der Courage der Toten und derer, die sie betrauern, verneigt. Mit dem ersten E-Street-Album seit den Achtzigern begann Springsteens kreative Wiederauferstehung.
423. Anthology: Diana Ross And The Supremes (1973). Die Supremes waren eine Hitfarbik voller Glamour und Herzschmerz. Diana Ross’ Höhepunkte „You Keep Me Hanging On“ und „Where Did Our Love Go” jagen einem auch heute noch Schauer über den Rücken.
422. Presenting The
Fabulous Ronettes: The Ronettes Philles (1964). Die Ronettes waren Popgöttinnen im Gewand katholischer Klosterschülerinnen, zur Hölle gefahren und wiederauferstanden, um der Welt betörende Hits wie „Be My Baby“ zu bringen.
421. The Best Of The
Girl Groups
Volumes 1 And 2
Various Artists Rhino, 1990
In den Jahren zwischen Elvis und den Beatles hielten Girlgroups wie die Shirelles und die Shangri-Las den Geist des Rock’n’Roll am Leben. Diese Serie enthält die Klassiker.
420. The „Chirping“ Crickets: Buddy Holly And The Crickets (1957).
Holly war erst 21, als er diese Songs aufnahm, einige davon auf einem Air-Force-Stützpunkt. „That Will Be the Day“ und „Not Fade Away“ verschmolzen Country, Rockabilly und R&B zu Rock’n’Roll.
419. Dummy: Portishead (1994). Die aus Bristol stammenden Portishead benutzten ein paar der gleichen Bausteine, die auch ihre triphoppenden Stadtnachbarn von Massive Attack im Repertoire hatten – bekiffte Breakbeats, jazzige Samples, Live-Gitarren –, doch Beth Gibbons brütender Pop-Kabarett-Gesang zeigte der Welt eine neue Form musikalischen Schmerzes.
418. Band On The Run: Paul McCartney And Wings (1973). Um dieses Album aufzunehmen, fuhren die Wings sieben stressgeplagte Wochen lang nach Lagos, Nigeria. Es beginnt mit der Links-rechts-Kombination von „Band On The Run“ und „Jet“ und bewies, dass McCartney noch immer der Größte war.
417. Boy: U2 (1980). Zu raffiniert für Punk, zu ironisch für New Wave. Mit „Boy“ präsentierten sich U2 als großspurige Träumer. Das Quartett aus Dublin glänzte mit Bonos schon damals stadiontauglicher Stimme und dem effektgesättigten Gitarrenspiel von The Edge – und schüttelte ein paar hymnische Songs wie „I Will Follow“ aus dem Ärmel.
416. Mule Variations: Tom Waits (1999). Nach fünfjährigem Schweigen markierte „Variations“ die triumphale Rückkehr von Waits, der zwischen bellendem Bänkel und krächzendem Minnesänger changiert. Smokey Hormels kantiges Gitarrenspiel sorgt für zusätzliche Farbe. Die Höhepunkte: Das traurige, zartfühlende „Hold On“ und „House Where Nobody Lives“.
415. Van Halen: Van Halen (1978). Dieses Debüt schenkte der Welt einen neuen Gitarrenhelden (Eddie Van Halen) und einen charismatischen Frontmann (David Lee Roth). Songs wie „Runnin’ With the Devil“ und „Ain’t Talkin’ ’bout Love“ gaben dem Hardrock seinen männlichen Schwung zurück und Eddies Technik legte die Latte für Rockgitarristen um einiges höher.
414. Beauty And The Beat: The Go-Go’s (1981). Die populärste Girl-Group, die die New Wave hochgespült hatte, surfte mit „We Got The Beat“ und „Our Lips Are Sealed“ bis an die Spitze der Charts.
413. Double Nickels
On The Dime: Minutemen (1984). Unsere Band könnte dein Leben sein“, sangen sie und brachten damit das Jedermann-Ideal des Punks auf den Punkt.
412. Pink Flag: Wire (1977). Diese britische Punk-Band schuf karge Melodien, die sich auf ihrem 21 Stücke umfassenden Debüt zu einer explosiven Splitterbombe zusammenfügten. Der brüske Wahn von „12XU“ hatte massiven Einfluss auf Hardcore-Punk und selbst Bands wie Sonic Youth oder R.E.M. ließen sich von Songs wie „Strange“ und „Ex-Lion Tamer“ inspirieren.
411. 461 Ocean
Boulevard: Eric Clapton (1974). Mit einer Platte voll federnder Grooves kehrte Clapton aus seiner Heroinsucht zurück. Er verbeugte sich vor Robert Johnson und Elmore James, doch seinen ersten Nummer-eins-Hit landete er mit dem Bob-Marley-Cover „I Shot the Sheriff“.
410. Time Out Of Mind: Bob Dylan (1997). Die düsteren, atmosphärischen Arrangements von Produzent Daniel Lanois hüllen Dylan in einen akustischen Nebel, der recht eigentlich der Isolation und Distanziertheit entspricht, die Dylan mit seiner verwüsteten, müden Stimme besingt. Die Songs – besonders „Love Sick“ und „Not Dark Yet“ – sind gespenstisch und kraftvoll.
409. Strange Days: The Doors (1967). Mit ihrem zweiten Album brachen die Doors zu düsteren Gestaden auf. Die eingängige Single „Love Me Two Times“ wird von einer dräuenden Atmosphäre der Entfremdung überschattet, die noch stärker in „People Are Strange“ und „When The Music’s Over“ durchschlägt.
408. I Do Not Want What I Haven’t Got: Sinéad O’Connor (1990). Von „Nothing Compares 2 U“ über die mütterliche Wärme von „Three Babies“ bis zu Fiedel und Beatbox auf „I Am Strechted On Your Grave“ strotzt O’Connors zweites Album vor Originalität und Vielseitigkeit.
407. Sandinista!: The Clash (1980). Mit diesem nach der nicaraguanischen Revolutionsbewegung betitelten Triple-Album erreichte der aufgeblähte Ehrgeiz The Clashs seinen Höhepunkt. Joe Strummer und Mick Jones drangen über Punk und Reggae hinaus in die Gefilde von Dub, R&B, Calypso und Gospel vor.
406. Rid Of Me: PJ Harvey (1993). Wie Patti Smith vor ihr, wollte auch Polly Jean Harvey Bob Dylan sein. Im Unterschied zu Patti Smith spielte sie sehr, sehr laut Gitarre. Ihr zweites, mit Steve Albini aufgenommenes Album ist mit agressiver Erotik und Rockwut aufgeladen. „Rid Of Me“ stampft manchmal innerhalb eines Songs von Blues über Goth zu Grunge.
405. Radio City: Big Star (1974). Wie bei Velvet Underground war auch der Einfluss von Big Star um ein Vielfaches größer als ihr kommerzieller Erfolg. Auf dieser schlanken, gitarrengetriebenen LP bringen sie einen neuen Pop-Sound hervor, indem sie ihre Liebe zu den Beatles durch den rauen Filter ihrer Memphis-Soul-Wurzeln tropfen lassen.
404. Dr. John’s Gumbo:
Dr. John (1972). Nach einer Reihe schauriger, voodoogesättigter Platten kehrte der Pianist mit inspirierten Coversongs wie „Iko Iko“ und „Junko Partner“ zu seinen New-Orleans-Wurzeln zurück. Und dank seiner rollenden Klavierläufe und seiner Reibeisenstimme gelang es ihm damit, das Interesse am Crescent-City-Sound neu zu wecken.
403. (Pronounced
Leh-Nerd Skin-Nerd):
Lynyrd Skynyrd (1973).
Die Südstaaten-Rocker haben es von Anfang an krachen lassen, schnell gespielt, schnell gelebt und aus der Hüfte geschossen. Von Al Kooper produziert, boten Skynyrd handfeste Rocker wie „Poison Whiskey“ und die ultimative Hymne „Freebird“.
402. Illmatic: Nas (1994).
Andere Rapper waren härter und besser bewaffnet, doch keiner erfasste die schleichende Bedrohung eines Lebens auf der Straße besser als dieser Zwanzigjährige aus den New Yorker Queensbridge Projects. Mit Zeilen wie „I never sleep, ’cause sleep is the cousin of death“ bewies Nas mehr poetischen Stil als alle MCs seit Rakim.
Copyright: Columbia
401. Californication: Red Hot Chili Peppers (1999). Songs statt Jams, lautete das Credo dieser Platte. Und Sänger Anthony Kiedis hob zu einem radiokompatiblen Jammern an. Außerdem half die Wiederauferstehung von Gitarrist John Frusciante großartigen Songs wie „Scar Tissue“ eine Form zu geben.
400. Anthology: The Temptations (1995).
Dieses Soul-Quintett lieferte ein Meisterwerk dampfenden, gospellastigen Souls nach dem anderen ab. „Anthology“ versammelt eine Auswahl der Temps auf dem Höhepunkt ihres Schaffens, darunter „My Girl“, „I Can’t Get Next To You“ und „I Wish It Would Rain“.
399. Rain Dogs: Tom Waits 1985. Auf „Rain Dogs“ porträtiert Waits das tragische Königreich der Straßen am gelungensten. Auf dem mit aller Pracht aufwartenden „Downtow Train“ lässt Waits zwischendurch seine schäbigen Minimalismen und seinen rudimentären Blues hinter sich, und bei „Big Black Mariah“ wird er von Keith Richards unterstützt.
398. Eliminator: ZZ Top 1983. Dieser Song-Zyklus über qualmende Reifen, High Heels und Adrenalin verwandelte verzerrte Texas-Blues-Gitarren in fetzende Peitschen und brachte damit einen wogenden Boogie auf Trab. ZZ Tops Platin-Album schillerte selbst im hochglanzpolierten Achtziger-Lack und warf einige Hits wie „Sharp Dressed Man“ ab.
397. Blue Lines: Massive Attack 1991. „Blue Lines“ war vielleicht der erste Post-HipHop-Klassiker, eine Kombination aus Rap, Dub und Soul, aus der das hervorging, was später Trip-Hop genannt wurde. „Wichtig sind für uns Tempo, die Schwere des Basses und die Stimmung“, sagte Bandmitglied 3D über den Sound von Massive Attack.
396. For Your Pleasure:
Roxy Music 1973.
Das letzte Album, das Roxy Music mit ihrem Keyboarder Brian Eno einspielten, klingt wie die Pop-Entsprechung zu künstlichem Veloursleder. Hochgradig stilisierter, abstrakter Kunst-Rock. Enos Experimentalismus und Sänger Brian Ferrys Romantizismus verleihen „For Your Pleasure“ einen wilden, spannungsgeladenen Charme.
395. Sound Of Silver:
LCD Soundsystem 2007. New Yorks regierender Elektro-Punk-Zar James Murphy legt sein Meisterstück vor: Vom Polit-Narrenstück „North American Scum“ bis zur elegischen Synthie-Pop-Trennungsschnulze „Someone Great“ klingt jeder Song auf seine Art wie ein Hit.
394. Good Old Boys: Randy Newman 1974.
Newman versicherte sich mit diesem erbarmungslosen Porträt des amerikanischen Südens seiner Wurzeln im Blues und New-Orleans-Boogie. Mit „Rednecks“ beweist er, dass er der schärfste Satiriker der Rockgeschichte ist, zumal der Song keinen Unterschied zwischen Nord- und Südstaatenrassimus macht.
393. Kala: M.I.A. 2007.
Die aus Sri Lanka stammende, in London gelandete Kunst-Punk-FUNK-Pionierin weiß ziemlich genau um ihr Talent. Ihr zweites Album stylt HipHop zu einem großen internationalen Straßenfest um, mixt Beatbox-Riddims, Spielplatzmelodien, abwegige Samples und Gewehrfeuer für ein munteres Abtanzen auf dem Schlachtfeld.
392. Let It Be: The Beatles 1970. Der Sound der größten Popband im Krieg mit sich selbst. George Harrisons mit klagender Erschöpfung vorgetragenes „I Me Mine“ spricht von der Sünde des Stolzes, während Paul McCartneys Titelsong wie ein Überlebensmantra klingt. Phil Spector produzierte den traurigen Schwanengesang.
391. The Pretender: Jackson Browne 1976. Mit Brownes viertem Album gewann kalifornischer Folkrock neues Gewicht. Während er die Songs schrieb, beging seine Frau Selbstmord, was „Pretender“ eine gespenstische Melancholie verlieh. „Who started out so young and strong, only to surrender?“, fragt Browne im Titellied.
390. Elephant: The White Stripes 2003. Jack und Meg White demonstrierten, dass ihr minimalistischer Garagenrock mehr Tiefe und Power besaß, als viele erwartet hatten. In Songs wie „Seven Nation Army“ und „The Hardest Button To Button“ werden Jack Whites Songwriter-Qualitäten endlich seinem Blues-Verständnis gerecht.
389. The End Of
The Innocence: Don Henley 1989. Der ehemalige Eagle kehrte zu den Themen von „Desperado“ zurück und legte ein paar seiner feinsten Melodien unter seine Studien zu Männern im Übergang von der Jugend ins Erwachsenenleben, von Unschuld zu Verantwortung.
388. The Indestructible Beat Of Soweto: Various Artists 1985. Das beste Album, das je als „World Music“ tituliert wurde. Diese Kompilation südafrikanischen Pops klingt auch heute noch frisch und aktuell – voller funky Beats und ruppigen Vocals, dazu ein gefühliger Track von Ladysmith Black Mambazo.
387. Enter The Wu-Tang: 36 Chambers: Wu-Tang Clan 1993. 1993 meldete sich der East-Coast-HipHop zurück. Und zwar dank einer neun Mann starken MC-Truppe aus Staten Island, die ein Faible für Kung-Fu-Filme und die dazugehörige Mythologie hatte. Dazu kam RZAs Vorliebe für bedrohliche Atmosphären.
386. Pretzel Logic: Steely Dan 1974. Donald Fagan und Walter Becker taten ihre Liebe zum Jazz kund, coverten Duke Ellington und schnappten sich das Intro von „Rikki Don’t Lose That Number“ des Hard-Bop-Pianisten Horace Silver. Die Gitarren sind hier so gestimmt, dass sie einen geschmeidigen, wasserdichten Sound produzieren, ohne kalt zu wirken.
385. Love And Theft: Bob Dylan 2001. Bob Dylan und seine Tour-Band reisten durch die amerikanische Musik des zwanzigsten Jahrhunderts und fanden dabei Jump-Blues, Slow-Blues, Rockabilly, Tin-Pan-Alley-Balladen und Country-Swing. „Summer Days“ klingt, als hätten sie exakt den Augenblick erwischt, als R&B zu Rock’n’Roll mutierte.
384. A Quick One (Happy Jack): The Who 1966. Die Who befanden sich mitten in einer experimentellen Phase und das Resultat ist auf faszinierende Weise schrullig. „Boris the Spider“ und die titelgebende Mini-Oper werfen ein Schlaglicht auf Pete Townshends Songwriter-Ambitionen.
383. More Songs About Buildings And Food: Talking Heads 1978. Das zweite Album der Heads brachte Funk und Gospel („Take Me to the River“) in ihren spartanischen, zackigen Sound. Damit erklärten die Heads sich mal eben zur neuesten New-Wave-Band.
382. Modern Lovers: Modern Lovers 1976. In der Hoffnung, auf Lou Reeds Couch schlafen zu dürfen, zog Jonathan Richman von Boston nach New York um. Dessen Einfluss ist auf der Zwei-Akkord-Hymne „Roadrunner“ zu hören. „Lovers“ schließt den harten Velvet-Sound mit romantischen Oden an die Suburbs kurz.
381. Smile (2011 Version): The Beach Boys 2011. Der fünf CDs umfassende Director’s Cut des größten Pop-Albums, das niemals vollendet wurde, ist eine Sinfonie exquisiter Ping-Pong-Harmonien und psychedelisiertem Cali-Surf-Soul. Die beigefügten Demos und Fragmente lassen erkennen, wie Brian Wilson sein Meisterwerk gestalten wollte.
380. Funky Kingston: Toots And The Maytals 1975. Locker, funky, überschwänglich: „Kingston“ ist das Paradebeispiel für die Musik von Toots And The Maytals, Jamaicas größtem Act nach Bob Marley. Das Album enthält ein paar der besten Maytals-Songs („Pressure Drop“) und macht ansonsten Anleihen bei Soul, Pop und Gospel.
379. CrazySexyCool: TLC 1994. Während der Aufnahmen zu „CrazySexyCool“ stand es mit TLC nicht zum Besten. Das Trio musste unter anderem Insolvenz anmelden. Trotzdem stiegen sie mit dem temperamentvollsten und souligsten Girl-Group-R&B aus der Asche, den man seit den Supremes gehört hatte.
378. (What’s The Story)
Morning Glory?: Oasis 1995. Mit ihrem zweiten Album beschworen die Gallagher-Brüder Vergleiche mit den Stones und den Beatles herauf und etablierten sich als eigenständige Macht. Vor allem wegen des majestätischen „Wonderwall“.
377. The Ultimate
Collection 1948-1990:
John Lee Hooker 1991.
„Collection“ beherbergt „Boogie Chillen“, „Boom Boom“ und andere historische Songs des Blues-Mannes. Bonnie Raitt sagte einmal über Hookers Stimme, „sie könne in alle Schmerzen eintauchen, die er je gespürt habe“.
376. Post: Björk 1995. Über ihr zweites Album sagte Björk: „Jeden Morgen wenn ich aufstehe, muss ich das Universum neu erschaffen“. „Post“ hüpft von Big-Band-Jazz zu Trip-Hop. Spaßfaktor: Für die Gesangsaufnahmen steckte Björk ein Verlängerungskabel ans Mikro, damit sie vom Strand aus aufs Meer hinaus singen konnte.
375. Late For The Sky: Jackson Browne 1974. Auf seinem düsteren dritten Album erforscht Browne die romantischen Möglichkeiten im Schatten der Apokalypse. „Late For The Sky“ ist von einem Unterstrom der Angst durchzogen, von „Before The Deluge“ bis hin zu „For A Dancer“; ganz zu schweigen von jeder Menge offenkundigem Songwriter-Genie.
374. Siren: Roxy Music 1975. „Neue Kunden sind immer willkommen“, scherzte Brian Ferry, als „Love Is A Drug“ der erste Hit seiner Band wurde. Diese köstliche, vom Ennui des erfahrenen Lounge-Lizards geprägte LP, die zum Teil von Ferrys damaliger Freundin Jerry Hall inspiriert wurde, lebt ebenso von Roxys Kunsthochschulwurzeln.
373. Volunteers: Jefferson Airplane 1969.
Gitarrist Jorma Kaukonen nannte Paul Kantners revolutionäres Gesangsverständnis zwar naiv, aber das hielt die Band nicht davon ab, dieses mitreißende Album abzuliefern. Neben dem prachtvollen „Wooden Ships“ findet sich daruaf „Eskimo Blue Day“ mit der tollen Zeile: „Die Natur des Menschen geht dem Baum am Arsch vorbei.“
372. Reggatta De Blanc: The Police 1979. Sting hat stets betont, dass er seine Aufgabe bei Police darin sah, „den Massen massenhaft gute Musik zu verkaufen“. Mit „Reggatta“ ist ihm das gelungen, am besten kennt man „Message In The Bottle“, aber das eigentlich Neue waren der Mutanten-Reggae von „The Bed’s Too Big Without You“ und „Walking on the Moon“.
371. Whatever People Say I Am, That’s What I’m Not: Arctic Monkeys 2006. Bruchstückhafte, rauflustige Melodien darüber, wie es ist, jung und gelangweilt in einer öden nordenglischen Stahlarbeiterstadt aufzuwachsen.
370. Mott: Mott The Hoople 1973. David Bowies „All the Young Dudes“ hatte der Karriere der Motts einen neuen Schub gegeben, doch Ian Hunter wollte, dass die Leute wussten, dass „nicht David diese Band geschaffen hat“. Sie produzierten sich selbst und brachten trotz allseitiger Skepsis und Studioschlägereien diese Betrachtung von „Rock als Sache für Verlierer“ zustande.
369. Louder Than Bombs: The Smiths 1987
Konzipiert, um das Interesse wachzuhalten, während die Smiths ein neues Album fertigstellten, geriet diese Sammlung nach Auflösung der Band zum unbeabsichtigten Nachruf. Hier finden sich ihre besten Songs von „Sheila“ bis „Panic“.
368. Eagles: Eagles 1972. Dieses Debüt war eine Blaupause für den Country-Rock. Hinter der sanftmütigen Botschaft der Band – „Take It Easy“ – stand nichtsdestotrotz ein unerbittlicher Drive. „Jeder musste gut aussehen, gut singen, gut spielen und gute Songs schreiben“, erklärte Glenn Frey im ROLLING STONE später.
367. Ray Of Light: Madonna 1998. Mit diesem Album zeigten Madonna und Produzent William Orbit, dass Electro-Musik nicht kalt klingen muss. Der Titelsong und „Nothing Really Matters“ verströmen Wärme und Andacht.
366. American
Recordings: Johnny Cash 1994. Nachdem ihn das Country-Establishment lange ignoriert hatte, kam Cash mit diesem kargen, von Rick Rubin produzierten Akustik-Album zurück und erinnerte uns daran, dass der Titan noch sehr lebendig war.
100. „Rage Against
The Machine“ – Rage Against The Machine, 1992:
Die radikalen Ansichten des Sängers Zack de la Rocha fanden in Tom Morellos Ein-Gitarren-Armee kräftige Unterstützung und sorgten für Furor wie einst The Clash.
Copyright: Epic
364. L.A. Woman: The Doors 1971. Jim Morrison sagte, die Doors wollten „zurück zu den Ursprüngen: primitiv und total entspannt.“ Aufgenommen wurde das Ganze im Proberaum, Morrisons Mikro wurde im Badezimmer aufgestellt. Das Ergebnis: Bluesige, selbstgewisse Doors. Es war das letzte Album mit Morrison.
363. Substance: New Order 1987. Die Sammlung von 12-Inch-Singles und Remixen dokumentiert New Orders Transformation von Düsterrockern zu Electro-Disco-Pionieren. Club-Hits wie „Blue Monday“ und „Bizarre Love Triangle“ haben dominierende Bassmelodien, denen beatverliebte Gitarrenbands heute noch nacheifern.
362. Siamese Dream:
Smashing Pumpkins 1993. Auf ihrer zweiten Platte drängten die Pumpkins auf einen bombastischeren, orchestrierten Sound mit multiplen Gitarren-Parts, Streichern und Mellotron. „Siamese Dream“ ist bepackt mit Hits wie „Cherub Rock“ und „Today“.
361. Stankonia: OutKast 2000. „Wir nennen es lumadelisch“, sagte Big Boi über OutKasts weit ausgreifende Mischung aus HipHop, Funk, Rock und außerweltlichen Klängen. „Ms. Jackson“ beschrieb etwas Neues im Rap, eine Entschuldigung an die Mutter einer Ex-Freundin. Und „B.O.B. (Bombs Over Baghdad)“ zuckt unter Techno-Beats und kreischenden Gitarren.
360. Singles Going Steady: Buzzcocks 1979. „Singles Going Steady“ verschmilzt acht britische 45er zu einem perfekten Punk-Album. Die Band aus Manchester machte den Sound der Ramones nervöser und schneller. Songs wie „Everybody’s Happy Nowadays“ beschreiben eine Welt permanent verweigerter Gelüste.
359. Honky Château:
Elton John, 1972. Nach einer Reihe ambitionierter Singer-Songwriter-Alben war es ein Plaisir zu hören, wie John sich in den schlichten Pop-Freuden von „Honky Cat“ erging. Binnen fünf Tagen geschrieben und erstmals mit seiner Tourband eingespielt, ist „Honky Château“ der Schnappschuss eines Künstlers, der an Lockerheit gewinnt.
358. Sketches Of Spain:
Miles Davis, 1960. Die Zusammenarbeit von Davis und dem Arrangeur Gil Evans bedurfte fünfzehn Orchester-Sessions und sechs Monate Abmischung. Es war nicht der Versuch, spanische Musik zu insinuieren. Die Schönheit des Albums entfaltet eine gewaltige Leidenschaft. Aber ist es auch Jazz? „Es ist Musik, und ich mag sie“, entgegnete Davis.
357. Between The Buttons: The Rolling Stones, 1967. Andrew Loog Oldham nannte es ihr „englischstes Album“. „Ruby Tuesday“ ist eine Art Psycho-Soul, das liebliche „She Smiled Sweetly“ konterkariert den Chuck-Berry-Song „Miss Amanda Jones“.
356. 12 Songs: Randy Newman, 1970. Der künstlerische Durchbruch gelang New-man mit seinem zweiten Album, dessen Sound Ry Cooder und ein paar von den Byrds mitprägten. Ätzender, komischer New-
man erster Güte, besonders bei „Mama Told Me (Not to Come)“, „Have You Seen My Baby“ und „Suzanne“.
355. Having A Rave Up With The Yardbirds: The Yardbirds, 1965. Befreit vom Blues-Purismus Eric Claptons und beflügelt von Jeff Becks kühnem Exhibitionismus entwickelten sich die Yardbirds zur Rock-&-Roll-Avantgarde. Dies ist die Brücke zwischen Beat und Psychedelia.
354. 52nd Street: Billy Joel, 1978. Die dreckige Schwerstarbeit, die der Erfolg von „The Stranger“ eingefordert hatte, zeitigte einen schlankeren, rockigeren Nachfolger. Wie Elton John assimilierte auch Billy Joel alle möglichen Stile. „Ich will“, so sagte er, „meinen Speiseplan nicht einschränken.“
353. My Beautiful
Dark Twisted Fantasy:
Kanye West, 2010. Epischer HipHop so durchgeknallt-inspiriert wie Kanyes Leben selbst – Elton-John-Pianos, Bon-Iver-Cameos und Kanyes selbstzerstörerischer Genius.
351. Rust Never Sleeps: Neil Young And Crazy Horse, 1979. Das Live-Album ist purer Young, voller filigraner akustischer Songs und ungezügelter Crazy-Horse-Ausbrüche. Höhepunkte: „My My, Hey Hey“ (ein Tribut an Johnny Rotten) und „Powderfinger“, in dem Youngs Gitarre den Himmel küsst wie nie zuvor.
350. Roger The Engineer
(a.k.a. Over Under
Sideways Down): The Yardbirds, 1966. Jeff Beck war zwar nur kurz bei den Yardbirds, doch auf diesem Album schob er die britischen Bluesrocker in eine kühnere, psychedelische Richtung.
349. The Black Album:
Jay-Z, 2003. Jay-Z beweist mit diesem Album einmal mehr, dass er der Größte aller Zeiten ist. Hova lässt seinen mystischen Aufstieg Revue passieren („From bricks to billboards/ from grams to Grammys“) und rammt seine Feinde mit der unwiderstehlichen Rap-Rock-Attacke „99 Problems“ in den Boden.
348. At Newport 1960
Muddy Waters, 1960. Ein donnerndes Live-Dokument aus der Zeit, als Waters Chicago-Blues ein größeres Pop-Publikum erreichte. „Newport“ enthält seine Klassiker wie „Hoochie Coochie Man“ und „Got My Mojo Working“, unterstützt von einer kompromisslosen Band, die von Mundharmonikagenie James Cotton zusammengehalten wird.
347. The Piper At The Gates Of Dawn
Pink Floyd, 1967. „Ich bin voller Drogen und Gitarren“, bekannte Syd Barrett. Das Floyd-Debüt ist voller spielerischer, psychedelischer Bilder und Acid-Gitarren, manchmal poppig („See Emily Play“), manchmal abgedreht-freakig („Interstellar Overdrive“)
346. 3 Feet High And Rising: De La Soul, 1989. De La Soul riefen das „D.A.I.S.Y. Age“ aus. Das stand für „Da Inner Sound, Y’All“, was so viel heißt wie „Lausche deiner inneren Stimme“. Keine Goldketten, nur Samples, Witze und Beats, die von P-Funk bis Johnny Cash niemanden ungeschoren lassen.
345. Stop Making Sense:
Talking Heads, 1984. Es beginnt mit einer kargen Version von „Psycho Killer“ und steigert sich zum ausladenden „Take Me To The River“, bei dem die Heads von Parliaments Bernie Worrell unterstützt werden. 80er-Funk vom Feinsten.
344. Berlin: Lou Reed, 1973. Auf seinem Solo-Durchbruch mit „Transformer“ ließ Reed seine Version von Hamlet folgen, einen trostlosen Songzyklus über eine von Misshandlungen und Drogen geprägte Beziehung. Eine hochambitionierte, düstere und beklemmende Aufführung.
343. Bat Out Of Hell,
Meat Loaf, 1977. Meat Loafs Erfolgsalbum stammt aus der Feder des Pianisten Jim Steinman, der einen Teil der Songs ursprünglich für eine Neue Version von „Peter Pan“ komponiert hatte. „Bat Out Of Hell“ ist eines der theatralischsten, grandiosesten Rockablben aller Zeiten.
342. Violator: Depeche Mode, 1990. Für viele Fans ist „Violator“ der krönende Abschluss der Ganz-in-schwarzem-Leder-Periode. In „Sweetest Perfection“, „Halo“ und „World in My Eyes“ verwandeln Depeche Mode adoleszente Lebensangst in große Synthiepop-Melodramen – und landeten mit „Personal Jesus“ einen Hit.
341. Play: Moby, 1999. „Play“ war das Techno-Album, das bewies, dass ein Mac eine Seele haben konnte. Für Songs wie „Porcelain“ und „Natural Blues“ schichtete Moby uralte Blues- und Gospel-Stimmen auf Dancegrooves. Dieses Album besaß eine Schönheit, die besonders der Werbeindustrie gefiel, die „Play“ für zahllose TV-Spots ausbeutete.
340. Damaged: Black Flag, 1981. MCA Records weigerte sich, dieses Album zu veröffentlichen und brandmarkte es als „unmoralisch“ und „elternfeindlich“. Hohes Lob, doch Black Flag erwiesen sich ihm würdig und prägten mit brutalen Gitarren und dem angepissten Urschrei von Henry Rollins den L.A.-Punk. Besonders auf „TV Party“ und „Rise Above“.
339. The Heart
Of Saturday Night: Tom Waits, 1974. Auf seinem zweiten Album ließ Waits die Liebeslieder weitgehend hinter sich und entdeckte sein Talent für Beatnik-Geschichten aus der Gosse. Am besten auf „Diamonds on My Windshield“ und „The Ghosts of Saturday Night“.
338. Cheap Thrills: Big Brother And The Holding Company, 1968. Diese Acid-Rocker aus San Francsico waren die sympathischste Band, die Janis Joplin hatte, ganz besonders wenn sie ihr mit ihrer rauen Spielweise den Rücken stärkten, wie bei „Piece of My Heart“.
337. Aqualung
Jethro Tull, 1971. Sie waren struppige Prog-Rock-Philosophen, die zu Flötensoli institutionalisierte Religion („Hymn“) und die Heuchelei der Moderne („Aqualung“) anprangerten. Nachdem es diverse Radio-Hits abgeworfen hatte, verhalf dieses Album der Band zu Stadion-Status.
336. In Rainbows: Radiohead, 2007. Was blieb den Fans, nachdem der Zahlt-was-ihr-wollt-Hype abgeebbt war? Wie wär’s mit dem intensivsten Liebeslied, das Thom York je gesungen hat, einer warmen Live-Percussion, die dem gesamten Album die Anmutung einer Hippie-Jam-Session verleiht. Die am Jüngsten Tag stattfindet.
335. Superunknown:
Soundgarden, 1994. Sie waren die headbangende Antwort Seattles auf Led Zeppelin. Doch auf „Superunknown“ wurden sie plötzlich zu echten Songwritern, die ihre Lebensangst zu Grunge-Hymnen wie „Black Hole Sun“ formten. „Wir erkannten die Bedeutung der Melodie“, sagte Chris Cornell. „Vielleicht haben wir Bryan Ferry gehört.“
334. Squeezing
Out Sparks: Graham Parker, 1979. Als zorniger junger Miesepeter im Stile von Elvis Costello surfte dieser einstige Tankwart auf der britischen Punk-Welle. Sein fünftes Album vereint Kneipenrock mit New-Wave-Hooks – und hinter allen Stücken lugt verbitterte Paranoia hervor.
333. Wild Gift: X, 1981. John Doe und Exene Cervenka harmonieren zu trashigem L.A.-Garagenrock über die verdammte Liebe und verändern nebenbei die emotionale Sprache des Punk. Sie waren die White Stripes ihrer Zeit, ein junges Paar, das Country und Blues kombinierte und dabei Schmuckstücke wie „Adult Books“ und „We’re Desperate“ hervorzauberte.
332. Shoot Out The Lights: Richard And Linda Thompson, 1982. Das letzte gemeinsame Album des britischen Folk-Paars zeichnet das erschütterndes Porträt einer Ehe, schmerzlich nah an der Realität der Thompsons. Der eingängigste Song: „Wall of Death“. Der furchteinflößendste: „Walking on a Wire“.
331. Help!: The Beatles, 1965. Der zweite Film der Pilzköpfe war ein lustiger Unfug über Swinging London, doch der Soundtrack beinhaltete immerhin Klassiker wie „You’ve Got To Hide Your Love Away“ und „Ticket To Ride“ wie auch das hübsche „I’ve Just Seen A Face“. „Help“ entdeckte keine neuen Gestade, aber es ebnete den Weg für „Rubber Soul“.
330. Tonight’s The Night: Neil Young, 1975. Mit seinem düstersten Album zollte Young zwei Freunden Tribut (Crazy-Horse-Gitarrist Danny Whitten und Roadie Bruce Berry), die an Drogen gestorben waren. Er klingt, als bewege er sich am Rande eines Zusammenbruchs, besonders in den Balladen „Tired Eyes“ und „Speakin Out“, die er mit losgelöster Weltmüdigkeit einspielte.
329. In The Jungle Groove: James Brown, 1986. Ein Kompilation der Singles, die Mr. Dynamite zwischen 1969 und 1970 veröffentlicht hat, darunter die unendlich oft gesampelten „Funky Drummer“ und „Give It Up Or Turn It Lose“, in denen Brown den heftigsten Funk seines Lebens hat – oder überhaupt den heftigsten Funk aller Zeiten.
328. Daydream Nation: Sonic Youth, 1988. Sonic Youth stehen für brillanten Kunstpunk und dies ist die Krönung ihres Schaffens. Thurston Moores und Lee Ranaldos Gitarren scheinen Signale aus einer anderen Welt aufzufangen und in die schmutzigen Großstadtdunstglocken von „Teen Age Riot“ und „Eric’s Trip“ zu injizieren.
327. Exile In Guyville
Liz Phair Matador, 1993. Das unverblümte Reden über Sex erregte die Gemüter. Doch Songs wie „Divorce Song“ sind von herzzerreißender Aufrichtigkeit. Und „Fuck and Run“ ist einer der traurigsten Songs, die je über romantische Träume und wie man sich am Ende mit weniger abfindet, geschrieben wurden.
326. Disintegration: The Cure, 1989. Das unverblümte Reden über Sex erregte die Gemüter. Doch Songs wie „Divorce Song“ sind von herzzerreißender Aufrichtigkeit. Und „Fuck and Run“ ist einer der traurigsten Songs, die je über romantische Träume und wie man sich am Ende mit weniger abfindet, geschrieben wurden.
325. Slowhand: Eric Clapton, 1977. Den Spitznamen „Slowhand“ verlieh ihm der Manager der Yardbirds. Auf diesem Album mixt Clapton kerzenbeschienene Liebeslieder mit unzerstörbaren Riffs. „Cocaine“ und „Wonderful Tonight“ sind die Hits, aber auch „Next Time You See Her“ ist beachtlich – eine sanfte Melodie mit bedrohlichem Unterton.
Station To Station:
David Bowie, 1976. Auf dem Kraut-Disco-Titeltrack ruft sich Bowie zum Thin White Duke aus. „Station to Station“ wurde in Los Angeles während eines anhaltenden Kokainsturms aufgenommen. „TVC 15“ ist New-Orleans-R&B als Roboter-Funk, „Golden Years“ ist James Brown aus dem Weltall – und das alles getragen von Bowies erstaunlichem Falsett.
323. Ghost In The Machine: The Police, 1981. Hier fügte das vormals punkige Trio Sythie-Streicher und Politik hinzu und blies das Ganze bombastisch auf. „Every Little Thing She Does Is Magic“ ist eine smarte Pop-Bombe, und „Invisible Sun“ – über die Gewalt in Nordirland – wahrhaftig bewegend.
322. Sail Away: Randy Newman, 1972. Der Produzent Lenny Waronker nannte ihn den König der Suburban-Blues-Sänger. Dies hier ist Newmans leises Meisterwerk, weniger Rock als Fickt-Euch-Kabarett. „Political Science“ (Let’s drop the big one/ And see what happens) ist auch heute noch relevant. Newman war und ist brillant – und wir haben seither nicht viel dazu gelernt.
321. Pink Moon: Nick Drake, 1972. Drake nahm sein letztes Album binnen zweier Nächte auf, lieferte die Bänder bei Island Records ab und checkte in einer psychiatrischen Klinik ein. Dank Drakes besänftigender Stimme und seines schnörkellosen akkustischen Gitarren-Pickings entfaltet sich „Pink Moon“ mit übernatürlicher Zärtlichkeit.
320. Amnesiac: Radiohead, 2001. Das beste Sequel seit „Der Pate – Teil II“. Die zweite Hälfte des von Radiohead mit „Kid A“ begonnenen Doppelschlags war oberflächlich glatter, aber unterschwellig genauso desorientierend und stellte die Rockgitarren, die sich der Vorgänger noch verkniff, in den Vordergrund.
319. Burnin’: The Wailers, 1973. Das letzte Album der Wailers mit Peter Tosh und Bunny Wailer präsentiert sich aufrecht. Bob Marleys soulhaltiges Wehklagen wird von klebrigen Orgelriffen und fetten Beats aufgefangen, die Originalversion von „I Shot the Sheriff“ klingt verzweifelter als Eric Claptons Cover-Version.
318. Back Stabbers: The O’Jays, 1972. Nach Vietnam und Watergate glitt Soul in die Finsternis der frühen Siebziger ab. Der Titelsong dieses Philly-Soul-Albums war die Schrift an der Wand: Funky, paranoid –genau wie die Zeit.
317. Surfer Rosa: Pixies, 1988. Zwischen Hardcore-Punk und Alternative war es nicht einfach, dem ungezügelten Krach der Pixies einen Sinn abzugewinnen. Ihre Geheimwaffe bestand darin, ohne Vorwarnung von süßlich auf brüllend umzuschalten. Auf „Gigantic“ singt Kim Deal wie Peppermint Patty, während die Band den Sarg des 80er-Jahre-Rocks zunagelt.
316. The Velvet
Underground: The Velvet Underground, 1969. Das Album, das das Innerste des Folk nach außen kehrte. VU galten als Gegengift zur Flower-Power-Epedemie. Die stille Desillusionierung ist hier nicht minder explosiv wie das furchteinflößende Heulen des Debüts.
315. Damn The
Torpedoes: Tom Petty And The Heartbreakers, 1979. Mit einem Haarschnitt wie Mick Jagger und einer Stimme, als würde Dylan plötzlich den Ton treffen, entkrauste Petty in Begleitung seiner Kneipentruppe den klassichen Rock.
314. The Miseducation Of Lauryn Hill: Lauryn Hill, 1998. Auf ihrem Solo-Debüt nahm Hill den Seventies-Soul und verlieh ihm Wucht und Bedeutung für die HipHop-Generation. Die Produktion von Herzensbrechern wie „Ex-Factor“ oder der swingenden Predigt „Doo Wop (That Thing)“ ist subtil und grandios.
313. Unplugged: Nirvana, 1994. Hell erstrahlt Nirvana auf diesem beeindruckenden Live-Mitschnitt, weil die Lautstärke gerade so weit heruntergedreht ist, um Kurt Cobains gequälte Seele zum Glühen zu bringen. Die kraftvollen Coverversionen von Lead Belly, Bowie und Meat Puppets bestätigen das Bild einer gehetzten, theatralischen und doch wahrhaftigen Band.
312. Nothing’s Shocking
Jane’s Addiction, 1988. Auf ihrem Major-Label-Debüt schreibt die Band die Rockgeschichte vor dem Erscheinen Nirvanas um, versöhnt Punk und Metal mit schreddernden Riffs in ozeanischen Songs und schafft es sogar noch mit „Jane Says“ einen Hit abzuliefern.
311. The Sun Records Collection: Various Artists, 1994. Ungeschliffener Blues, Country und Rockabilly, dargeboten von Elvis Presley, Jerry Lee Lewis und Johnny Cash; dazu obskure Perlen wie Bill Justis’ treffend betiteltes „Raunchy“.
310. Blood Sugar
Sex Magik: Red Hot Chili Peppers, 1991. Höhepunkt der Peppers – dank John Frusciantes energiegeladenen Gitarrenriffs und der Unterstützung von Produzent Rick Rubin. „Under the Bridge“ wurde ein Hit.
309. Willy And The
Poor Boys: Creedence Clearwater, 1969. Das beste der sechs CCR-Alben. John Fogerty als swingend rockender Kumpel, dem Regen nichts anhaben konnte, und schon gar nicht Feuer und Apokalypse in „Effigy“.
308. Songs For
Swingin’ Lovers!: Frank Sinatra, 1956. Ein Album, das den Rock’n’Roll verleugnen wollte. Die Songs waren klassische Standards, meistens schon zehn oder zwanzig Jahre alt, doch das, was Sinatra und Arrangeur Nelson Riddle kreierten, war jazzig, distinguiert, zeitlos.
307. A Hard Day’s Night:
The Beatles,1964. Der Film von Richard Lester zeigte die charmante Seite der Beatles. Der Soundtrack vertiefte das Verständnis ihres musikalischen Genius, den sie mit der aus dem Gleichgewicht geratenenen Schönheit von John Lennons „If I Fell“ nicht weniger demonstrierten als mit Paul McCartneys „Can’t Buy Me Love“.
Odelay: Beck, 1996. Beck verschanzte sich mit den samplebesessenen Produzenten der Dust Brothers im Studio, kam mit einer Technicolor-Version seiner Woodie-Guthrie-meets-Grandmaster-Flash-Vision wieder heraus und demonstrierte seinen Rock-Kollegen, dass Grunge nicht das Maß aller Coolness war.
Copyright: Bong Load Custom/ Geffen
305. Car Wheels
On A Gravel Road: Lucinda Williams,1998. Es dauerte drei qualvolle Jahre, dieses Alternative-Country-Meisterwerk fertigzustellen. Williams schrieb Songs, die mit schotterpistenschrammelnder Gitarre das amerikanische Leben erforschen.
304. Grace: Jeff Buckley, 1994. Buckley hatte eine Stimme wie ein sexualisierter Engel. Nachzuhören am besten im unbarmherzigen Rocksong „Eternal Life“, der Led Zeppelins Blues-Verständnis auf den Kopf stellt und trotzdem eine Hommage ist. Statt den Fersen Höllenhund an den Fersen zu besingen, beschwört Buckley, der 1997 ertrank, hier die Unsterblichkeit.
303. John Wesley
Harding: Bob Dylan, 1967. Während er sich von seinem 1966 erlittenen Motorradunfall erholte, bog Dylan mal eben nach links in die Country-Musik und zum asketischen Mystizismus ab und dockte mit seinen biblischen und amerikanischen Geischichten in Nashville an.
302. Fear Of A
Black Planet: Public Enemy, 1990. Auf ihrem dritten Album dehnen Public Enemy ihre Breitwand-Vision des HipHop auf Cinemascope aus. Anständiger Krach bei „Fight the Power“, aufmunternde Gesten in „Brothers Gonna Work It Out“ plus den Agit-Funk von „911 Is A Joke“.
301. Coat Of
Many Colors: Dolly Parton, 1971. Der Titelsong handelt davon, wie man auch in Lumpen seinen Stolz behält, auf „Traveling Man“ brennt Partons Mutter mit ihrem Liebhaber durch und auf „If I Lose My Mind“ hat ihr Freund vor ihren Augen Sex mit einer anderen.
300. Master Of Reality:
Black Sabbath, 1971. Die größte Sludge-Metal-Band aller Zeiten auf dem Höhepunkt ihrer Schaffenskraft. „Paranoid“ hat vielleicht die größeren Hits, doch das nur sechs Monate später veröffentlichte „Master of Reality“ ist kraftvoller. Höhepunkt ist „Sweat Leaf“, eine dräuende Liebeserklärung ans Marihuana, die nur noch von „Into the Void“ übertroffen wird.
299. Weezer : Weezer 1994. Als es veröffentlicht wurde, war das Weezer-Debüt ein cooles Power-Pop-Album mit ein paar Hits wie „Buddy Holly“. Doch River Cuomos Band sollte in den folgenden Jahren zahllose schluffige Mucker beeinflussen – und steht inzwischen in der Rock-Hackordnung gleich hinter Nirvana.
298. The College Dropout: Kanye West 2004. Auf seinem Debüt brach der selbst ernannte „first nigga with a Benz and a backpack“ mit Regeln, von deren Existenz seine Konkurrenten nicht einmal wussten – von der Gospel-Orgie „Jesus Walks“ bis hin zur Luther-Vandross-Hommage „Slow Jamz“.
297. We’re Only In It For The Money: The Mothers Of Invention 1968. Mit einem Feuerwerk an haarsträubenden Studio-Streichen machte Zappa all das nieder, was ihm am damaligen Flower-Power-Wahn auf den Keks ging.
296. Meat Is Murder: The Smiths 1985. Musikalisch inspririert von Riffs der Kölner Gruppe Can waren die brutalen Songs über Prügelstrafen und den Horror der Fleischindustrie nichts für zarte Gemüter. Auf „How Soon Is Now?“ besingt Morrissey mit großem Pathos die Tragik, ein einsamer, schüchterner Junge zu sein. Mehr Drama sollte folgen.
295. Songs Of Love And Hate: Leonard Cohen 1971. Es war sein bis dato intensivstes Album. Cohen schrammelte auf seiner Gitarre und nuschelte dazu von der zerstörerischen Kraft der Liebe. Das zärtliche Kratzen seiner Stimme scheint jeden Song in ein antikes Drama zu verwandeln.
294. Kick Out the Jams: MC5 1969. Es war der ultimative Schlachtruf: „Kick out the jams, motherfuckers!“ Das Album, von Rob Tyner und seiner Detroiter Anarcho-Combo live eingespielt, propagierte Rock’n’Roll als bürgerlichen Ungehorsam. In einer Detroiter Kaufhauskette wurde es umgehend aus den Regalen verbannt.
293. White Light/White Heat: The Velvet Underground 1968. Es war ihre extremste Platte: Velvet Underground ersäuften ihre Songs in dröhnendem Gitarren-Fuzz und ließen bei „Sister Ray“ die Verstärker 17 Minuten lang jaulen.
292. The Basement Tapes: Bob Dylan And The Band 1975. „Alles geht“ lautete das Motto des entspannten Folk-Rock-Albums von 1967. Die Sessions, lange nur als Bootleg erhältlich, wurden acht Jahre später regulär veröffentlicht.
291. Talking Heads: 77: Talking Heads 1977. Sie trugen saubere Oberhemden und verkauften Normalität als Rebellion. „Lange Zeit dachte ich: ,Fickt euch doch selbst‘“, sagte David Byrne 1976 dem „Punk“-Magazin, „aber inzwischen möchte ich von der Welt akzeptiert werden.“ Das Resultat war ein intensives, emotional komprimiertes Debütalbum.
290. Call Me: Al Green 1973. Zum Zeitpunkt, als Green und Produzent Willie Mitchell „Call Me“ aufnahmen, schienen sie einfach nichts falschmachen zu können. Mit einer Killer-Version von Hank Williams’ „I’m So Lonesome I Could Cry“ wollte Green wohl Ray Charles beweisen, dass auch er Country-Songs in ein adäquates Soulterrain übertragen konnte.
289. Something Else By The Kinks: The Kinks 1968. Das melodischste Album der Band beinhaltet zwei ihrer besten Songs: „Waterloo Sunset“ und „Death Of A Clown“. In den USA fiel die Platte durch, aber sie bereitete den Nährboden für ihr idyllisches Meisterwerk „The Village Green Preservation Society“.
288. Anthem Of The Sun: Grateful Dead 1968. Das zweite Album der Band wurde mit Überblendungen aus Live-Aufnahmen und Studio-Takes so zusammengefügt, dass die magische Atmosphäre ihrer Auftritte erhalten blieb. „Wir haben das Album bewusst so gemischt, dass der halluzinogene Charakter noch verstärkt wurde“, so Jerry Garcia.
287. Los Angeles: X 1980. Mit ihrem Debüt legte die L.A.-Punk-Band das erste Westcoast-Punk-Album vor, das vor allem ob des hymnischen „Los Angeles“ und des atemlosen Tempos von „Johnny Hit And Run Paulene“ in Erinnerung bleibt. Produziert von Ray Manzarek, lieferte das Album den Beweis, dass Punk und Klassik-Rock Berührungspunkte haben.
286. I’m Still In Love With You: Al Green 1972. Nachdem er mit „Let’s Stay Together“ die Charts erobert hatte, veröffentlichte Green 1972 eine zweite LP, die den Vorgänger in puncto Intimität und Sensibilität noch übertraf. Ein Album voll kleiner Meisterwerke wie „Love And Happiness“.
285. Music Of My Mind: Stevie Wonder 1972. Als sein alter Vertrag mit Motown ausgelaufen war, nutzte ein selbstbewusster Wonder die Gelegenheit, die künstlerische Kontrolle endgültig an sich zu reißen. Mit „Music Of My Mind“ produzierte er einen entspannten Prolog zu den kommenden Großtaten und spielte praktisch jede Note selbst ein.
284. The Cars: The Cars 1978. „Wir scherzten darüber, dass wir unser erstes Album ,The Car’s Greatest Hits‘ hätten taufen sollen“, sagte Gitarrist Elliot Easton. Tatsächlich war ihr Debüt schräg genug, um sie als Teil der Bostoner New-Wave-Szene zu etablieren. Und fast jeder dieser Songs wurde auch im Radio gespielt.
283. Can’t Get Enough: Barry White 20th 1974. 1974 war White mit drei Alben in den Charts vertreten, deren orchestrale Hits sich am Disco-Feuer wärmten. Aber der frisch vermählte Maestro war auch ein begnadeter Balladeur, der die Schlafzimmer-Erotik von „I Can’t Believe You Love Me“ für zehn Minuten am Köcheln halten konnte.
282. Folk Singer: Muddy Waters 1964. Da man befürchtete, der Folk-Boom würde den Blues verdrängen, schickten die Chess-Bosse Waters nur mit akustischen Instrumenten ins Studio. Die Sessions – mit Willie Dixon und einem jungen Buddy Guy – erwiesen sich als so fruchtbar, dass dieses Album im Blues- wie im Folk-Lager begeistert aufgenommen wurde.
281. My Life: Mary J. Blige 1994. Mit klassischem R&B und dezenten Samples war „My Life“ Bliges autobiografischer Offenbarungseid. Optimistische Vorsätze wie „Be Happy“ entstanden, als sie mit ihrer Drogenabhängigkeit und einer desolaten Beziehung zu kämpfen hatte. „Es war, als habe ein selbstmörderischer Nebel über dem Album gelegen“, gestand sie später.
280. All That You Can’t Leave Behind: U2 2000. „Unsere besten Arbeiten machten wir in unseren Dreißigern“, sagte Bono 2000. U2s zehntes Album thematisiert die menschliche Existenz und Sterblichkeit – vor allem in der Soul-Ballade „Stuck In A Moment You Can’t Get Out Of“.
„,Aladdin‘ war so etwas wie ,Ziggy goes to America‘“, sagte Bowie über die „Ziggy“-Fortsetzung, die er überwiegend auf seiner ersten großen US-Tour schrieb. „Time“ ist ein Bindeglied zwischen beiden Alben, aber „The Jean Genie“ und eine ruppige Version von „Let’s Spend The Night Together“ zeigten bereits einen härteren, lauteren Bowie.
278. Anthology Of American Folk Music: Harry Smith, Ed. 1952. Diese Compilation beeinflusste Folkies wie Pete Seeger und den frühen Bob Dylan. Jerry Garcia ließ seinen Plattenspieler mit halber Geschwindigkeit laufen, um die Soli nachspielen zu können.
277. Rhythm Nation 1814: Janet Jackson 1989. Jackson kontrollierte mit „Rhythm Nation“ zwei Jahre lang die Radiowellen. Zusammen mit den Produzenten Jimmy Jam und Terry Lewis gelang ihr der große Pop-Wurf, der spielerisch mit HipHop-Funk, slow jams und sogar Hair-Metal jongliert.
276. Mothership Connection: Parliament 1975. George Clinton führte seine Brüder aus Detroit durch ein visionäres Album, das mit endlosen Jams wie „Supergroovalisticprosifunkstication“ und „Give Up The Funk“ dem SciFi-Groove ein Denkmal setzte.
88. „The Slim Shady LP“ – EMINEM,
Aftermath/Interscope, 1999
Dr. Dre produzierte
die Platte des weißen
Spinners: Psychotherapie
und Comedyshow
unter Einfluss von Ecstasy.
Copyright: Aftermath/Interscope
274. Nightbirds: Labelle 1974. Keine Disco, die in den Siebzigern nicht „Lady Marmalade“ im Repertoire hatte. „Hey, sister, go sister, soul sister, go sister!“ Und niemand hatte das funky Girl-Group-Ding so drauf wie die Damen von Labelle. Sie waren Funkadelic-meets-The-Supremes mit Plateau-Absätzen, silbernen Space-Outfits und Songs über Prostituierte.
273. Going To A Go-Go: Smokey Robinson And The Miracles 1965. Nie war Motown so sexy und so mondän. Mit seinem atemberaubenden Falsett veredelte Robinson die schmerzlichsten Balladen, darunter „The Tracks Of My Tears“ und „Ooh Baby Baby“.
272. Dig Me Out: Sleater-Kinney 1997. Als Drummerin Janet Weiss auf der dritten LP zu den Gitarristinnen Corin Tucker und Carrie Brownstein stieß, mutierte das Riot-Grrrl-Phänomen zu einer potenten Rockband. Mit der unbändigen Kraft eines weiblichen Racheengels treibt Tuckers Vibrato die Band nach vorne.
271. The Beach Boys Today!: The Beach Boys 1965. Sie lebten für Cars, Girls und Surf, doch Brian Wilson zeigte bereits Anzeichen seiner Genialität. Er schrieb bezaubernde kalifornische Musik-Miniaturen, aber auch das verwunschene „She Knows Me Too Well“.
270. Some Girls: The Rolling Stones 1978. „Keith lässt sich jedes Jahr von den Bullen erwischen“, schimpfte Mick Jagger. Keith Richards wuchsen die Drogen über den Kopf und die Stones standen kurz vor dem Exitus. Mit „Miss You“, dem sinistren „Shattered“ und „When The Whip Comes Down“ meldeten sie sich eindrucksvoll zurück.
269. Psychocandy: The Jesus And Mary Chain 1985. Die Schotten zelebrierten den Weltuntergang – und amüsierten sich köstlich dabei. Ihr Debüt ist ein dekadenter Alternative- Rock-Geniestreich, der sich seine Vorlagen im Bubblegum-Pop suchte, um sie dann in einem Meer aus Noise und Feedback zu ertränken.
268. Paul Simon: Paul Simon 1972. Sein erstes Album nach dem Ende von Simon & Garfunkel war ein Meisterwerk in puncto Songwriting, gitarristischer Virtuosität und gesanglicher Finesse. Mit dem Reggae „Mother And Child Reunion“ und dem Samba „Me And Julio Down By The Schoolyard“ lieferte es einen Vorgeschmack auf kommende Simon-Alben.
267. Quadrophenia: The Who 1973. Es war das Album, das Vespas, Parkas und Popper mit einem Schlag wieder hip machte. Pete Townshend reaktivierte die Wurzeln der Who in der Londoner Mod-Szene der frühen Sechziger und komponierte eine ambitionierte Rock-Oper über den einsamen Jungen, der in der Großstadt nach Liebe sucht.
266. Child Is Father To The Man: Blood, Sweat And Tears 1968. Keyboarder Al Kooper stellte das eklektische Jazz-Rock-Ensemble zusammen. Bei Coverversionen von Tim Buckley und Randy Newman und eigenen Songs wie „I Can’t Quit Her“ ging das Konzept prächtig auf.
265. The Genius Of Ray Charles: Ray Charles 1959. In den Fünfzigern arbeitete Charles verbissen an der Perfektionierung seines eigenen Sounds, der aus Jazz, Gospel und Blues gespeist wurde. Auf „Genius“ ließ er es etwas lockerer angehen und widmete sich swingendem Pop mit Big-Band-Begleitung.
264. Workingman’s Dead: Grateful Dead 1970. Die Dead reduzierten ihren Sound für diese acht bewegenden Country- und Folk-Lieder, die sich mit den besten Dylan-Songs messen lassen können. Besonders eindrucksvoll: das morbide „Black Peter“ und „Dire Wolf“.
263. Tracy Chapman: Tracy Chapman 1988. Mitten im Hair-Metal-Boom der späten Achtziger machte eine junge Folksängerin Schlagzeilen. Chapman, die sich zuvor als Straßensängerin in Boston durchgekämpft hatte, faszinierte mit einer markigen Stimme und beeindruckendem Storytelling. Mit „Fast Car“ hatte sie sogar einen Hit.
262. Crosby, Stills and Nash: Crosby, Stills And Nash 1969. Jimi Hendrix nannte CSN „groovy, Western-sky music“. Auf ihrem Debüt als Trio schwelgten sie in göttlichen Hippie-Harmonien. Zu den Highlights zählen „Marrakesh Express“ und „Suite: Judy Blue Eyes“.
261. American Beauty: Grateful Dead 1970. Im Studio waren die Dead nie besser als auf diesem Album mit angekifften Country-Songs. Bereits sechs Monate nach dem eher folkigen „Workingman’s Dead“ veröffentlicht, wartet „American Beauty“ mit einigen Dead-Klassikerm auf, darunter „Box Of Rain“ und „Friend Of The Devil“.
260. Stardust: Willie Nelson 1978. Es ist Nelsons Verneigung vor der amerikanischen Song-Tradition. Auf dem Höhepunkt seines Country-Ruhms grub er Tin-Pan-Alley-Standards wie „Georgia On My Mind“, „Unchained Melody“ oder „Don’t Get Around Much Anymore“ aus und ließ die betagten Hits so swingen, als seien sie ihm gerade erst im Schaukelstuhl eingefallen.
259. The Velvet Rope: Janet Jackson 1997. Mit dem stilistisch offenen, sexuell unverblümten HipHop-Soul von „The Velvet Rope“ legte Janet das Image des braven Mädchens endgültig ab. Auf „Got ’til It’s Gone“ kombiniert sie Joni Mitchell mit Q-Tip und schockiert die Moralapostel mit einer Lesben-Variante von Rod Stewarts „Tonight’s The Night“.
258. The Village Green Preservation Society: The Kinks 1968. Nachdem sie ihr frühes Garagenband-Faible gegen ausgefeiltere Arrangements eingetauscht hatten, gelang den Kinks eines ihrer anrührendsten Alben: Ray Davies’ nostalgische Liebeserklärung an eine vergangene Welt, die sich vor unseren Augen auflöst.
257. Whitney Houston: Whitney Houston 1985. Sie war Model und Nightclub-Sängerin, als man ihr mit elegantem R&B ein Debüt nach Maß schneiderte. Ihr stimmliches Talent war enorm: Selbst flachem Material wie „Greatest Love Of All“ konnte sie ihren Stempel aufdrücken. Der beste Song ist jedoch der Synthie-Funk „How Will I Know“.
256. Trans-Europe Express: Kraftwerk 1977. Die roboterhaften Synth-Grooves der Düsseldorfer Gruppe beeinflussten Sound-Tüftler wie Brian Eno, aber auch Rapper wie Afrika Bambaataa, der sich für „Planet Rock“ beim Titeltrack bediente.
255. Metallica: Metallica 1991. Bon-Jovi-Produzent Bob Rock half, „Metallica“ zu einem der bestverkauften Metal-Alben aller Zeiten zu machen, nicht zuletzt dank „Enter Sandman“ und „Nothing Else Matters“. „Ich bekomme Angst, wenn ich im Publikum sehe, wie sich Pärchen bei diesem Song umarmen“, so James Hetfield.
254. Dictionary Of Soul: Otis Redding 1966. „Try A Little Tenderness“ war ein Bing-Crosby-Song aus den Dreißigern, den Redding ausgrub und in eine Memphis-Soul-Perle verwandelte. Ähnliches tat er auf „Dictionary“ mit dem „Tennessee Waltz“ oder „Day Tripper“ von den Beatles, aber auch mit seinen eigenen Songs wie „My Lover’s Prayer“.
253. The River: Bruce Springsteen 1980. Springsteen sagte, er habe fünf Alben gebraucht, um über Beziehungen schreiben zu können, „über Leute, die versuchen, sich gegenseitig Halt zu geben“. „The River“ balanciert diese grüblerischen Songs mit dem fulminanten Drive der E Street Band aus.
252. The Blueprint: Jay-Z 2001. Wäre Frank Sinatra als Rapper in Brooklyn geboren worden, hätte er ein Album wie „The Blueprint“ gemacht, auf dem sich alles ums Prahlen und Protzen dreht. Jay-Z disst seine Konkurrenten, pöbelt über die Polizei und gibt mit den Ladies an, die angeblich überall auf der Welt nur auf ihn warten.
251. Low: David Bowie 1977. Kaum in Berlin, holte Bowie Produzent Brian Eno an Bord. „Low“ war Teil eins einer Trilogie, die von elektronischen Experimenten lebte, aber auch von drahtigem Funk wie „Sound And Vision“. Bowies kreativer Output in dieser Phase war so groß, dass er auch Iggy Pops „Lust For Life“ und „The Idiot“ produzierte.
250. Reasonable Doubt: Jay-Z 1996. „Das Studio war für mich die Couch des Psychiaters“, gestand Jay-Z dem ROLLING STONE und so wimmelt es auf seinem Debüt von Träumen und Albträumen. Gleichzeitig etablierte es Jay-Z als den Freestyle-Rapper seiner Generation – und ließ auf dem zotigen „Ain’t No Nigga“ die 16-jährige Foxy Brown erstmals von der Kette.
249. Automatic For The People: R.E.M. 1992. „Es klingt nicht wie wir“, warnte Peter Buck im Vorfeld, aber genau das wollten R.E.M. erreichen. Überwiegend akustisch eingespielt (die Streicher wurden von Led Zeps John Paul Jones arrangiert), strahlte das Album eine verwunschene Schönheit aus.
248. The Shape Of Jazz To Come: Ornette Coleman 1959. Seine Musik war so abgefahren, dass einst wütende Zuschauer sein Saxofon von einer Klippe geworfen hatten. Coleman war ein Pionier des Free-Jazz: keine Akkordik, keine Harmonik. Das Resultat konnte poetisch sein, aber auch anstrengend.
247. Live Dead: Grateful Dead 1969. Für die Dead, die nach zwei teuren Studioalben in der Kreide standen, erwies sich dieses Live-Album nicht nur als preiswert, sondern als lebenswichtig. Ihre Magie kam eben hauptsächlich auf der Bühne zum Tragen – wie etwa im 23-minütigen Jam auf „Dark Star“ oder der wilden Version von Bobby Blands „(Turn On Your) Love Light“.
246. Freak Out!: The Mothers of Invention 1966. Zappa nahm über 60 Alben auf, doch das erste war vielleicht das relevanteste. Mit diesem Doppelalbum trat ein heiliger Verrückter auf die Bühne, der mit Doo-Wop, Pop-Parodien und Protestsongs, aber auch Art-Rock und klassischer Avantgarde brillant zu jonglieren verstand.
245. All Killer, No Filler!: Jerry Lee Lewis 1993. Er ist berühmt als Piano-Wüterich der 50er Jahre, doch seine Karriere als Hitlieferant währte weit länger. Hört man „What Made Milwaukee Famous (Has Made A Loser Out Of Me)“, mag man dem Killer nicht widersprechen, wenn er behauptet: „Elvis was the greatest, but I’m the best.“
244. The Marshall Mathers LP: Eminem 2000. Vor seiner zweiten LP galt Eminem als witziger Schock-Rapper – danach war er plötzlich die Stimme einer Generation. Songs wie „The Real Slim Shady“ fanden ein riesiges Publikum, das sich mit seiner nackten Wut identifizierte.
243. Black Sabbath: Black Sabbath 1970. In einem zwölfstündigen Kraftakt haute die einstige Blues-Band ihr klobiges Debüt heraus – und die frühere Hippie-Affinität machte einem düster dröhnenden Sound Platz. Es waren die Geburtswehen des Heavy Metal. Die Slide-Gitarre auf „The Wizard“ und der Grunge-Boogie von „Wicked World“ waren wegweisend.
242. Run-D.M.C.: Run-D.M.C. 1984. „Ecken und Kanten sind erwünscht“, sagte Run und die metallische Gitarre in „Rock Box“ lieferte den schlagenden Beweis. Auf ihrem Debüt ließen Run-D.M.C. die Party-Reime des frühen Rap hinter sich und entwickelten einen neuen B-Boy-Style – vom Dress-Code bis zu den harten Beats.
241. Let It Be: The Replacements 1984. Von den Beatles zu klauen war frech, doch hinter dem Albumtitel ein Post-Punk-Meisterwerk zu verstecken, war fast schon genial. Songs wie „I Will Dare“ dokumentieren Paul Westerbergs schreiberische Ambition, die sich in einer unkonventionellen Mischung aus Punk und Country äußeren.
240. Can’t Buy A Thrill: Steely Dan 1972. Während sie tagsüber als angestellte Songschreiber arbeiteten, nutzten Donald Fagen und Walter Becker die Nachtstunden in ihrem Büro, um an ihrem Debüt zu arbeiten. „Wir machen Rock’n’Roll, aber mit Swing“, sagte Becker. Cooler Lounge-Jazz wie „Do It Again“ war dafür der beste Beleg.
239. Like A Prayer: Madonna 1989. „Ich liebe die Herausforderung, Kunst und Kommerz zu vereinen“, sagte Madonna. Künstlerische Anerkennung fand sie mit einigen ihrer bislang persönlichsten Songs, darunter „Till Death Do Us Part“ und „Oh Father“. Nicht zu vergessen der Titeltrack, dessen Video vom Vatikan mit dem Bannstrahl der „Blasphemie“ belegt wurde.
238. Howlin’ Wolf: Howlin’ Wolf 1962. Mit den sexuell unzweideutigen Songs von Willie Dixon – darunter „Shake For Me“, „The Red Rooster“ und „Back Door Man“ – lieferte das „Schaukelstuhl-Album“ rüden Chicago-Blues vom Feinsten. 1971, bei „The London Howlin’ Wolf Sessions“, brachte Wolf Eric Clapton bei, wie man „The Red Rooster“ wirklich zu spielen habe.
237. The Who Sings My Generation: The Who 1966. Das Debütalbum gilt mit seinen Power-Akkorden als Maximum-R&B. Nachdem ein Manager Pete Townshend gesagt hatte, das Demo von „My Generation“ sei zu fade, öffnete die daraus resultierende Explosion ein Fenster in die Zukunft.
236. Mr. Excitement!: Jackie Wilson 1992. Wilson war ein mitreißender Performer, der R&B und Balladen mit einer Stimme interpretierte, die laut Arrangeur Dick Jacobs „wie Honig auf Mondstrahlen“ klang. Das Highlight dieses 3-CD-Sets – das seine Karriere von den Fünfzigern bis zu den Siebzigern abdeckt – ist die endlose Klimax von „Higher And Higher“.
235. The Ultimate Collection: Patsy Cline 2000. Mit 30 Jahren starb sie bei einem Flugzeugabsturz, doch schon damals war sie unsterblich. „Walkin’ After Midnight“ und „I Fall To Pieces“ schafften es in die Pop-Charts und ihr Cover von „Crazy“ war für den darbenden Willie Nelson ein Geschenk Gottes.
234. Bookends: Simon And Garfunkel 1968. Paul Simon nannte es „das essenzielle Simon-&-Garfunkel-Album“. Der überwiegend schwermütige Streifzug umfasst das epische „America“ ebenso wie „Mrs. Robinson“. Das Duo produzierte selbst und bewies dabei bemerkenswertes Stilgefühl.
233. Mr. Tambourine Man: The Byrds 1965. „Wow, man, you can even dance to that!“, stellte ein verblüffter Bob Dylan fest, als er zum ersten Mal hörte, was die Byrds mit ihren elektrischen 12-String-Gitarren aus seinem Material gemacht hatten. Das Debütalbum der Byrds sollte die Ära des Folk-Rock einläuten.
232. The Kink Kronikles: The Kinks 1972. Das Doppelalbum, nur in den USA erschienen, kompiliert die Highlights aus den Jahren 1966 bis 1970. Gassenhauer wie „Waterloo Sunset“ demonstrierten Ray Davies’ scharfe Beobachtungsgabe, die er wie kein Zweiter zu meisterlichen Miniaturen verarbeitete.
231. A Night At The Opera: Queen 1975. Freddie Mercury wollte Queen zum „Cecil B. DeMille der Rockmusik“ machen – und auf diesem überkandidelten Album lassen sie ihrer Exzentrik wirklich freien Lauf. „Bohemian Rhapsody“ war eine Mini-Rock-Oper, wie sie die Welt noch nie zuvor gehört hatte.
230. Nick Of Time: Bonnie Raitt 1989. Nachdem sie von ihrem früheren Label abserviert worden war, revanchierte sich Raitt mit diesem Album, das einen Grammy gewann. Produzent Don Was half Raitt, ihr Material auf den Punkt zu bringen, ohne die Magie ihrer Slide-Gitarre zu vernachlässigen. Und wie sie selbst feststellte: Ihr zehntes Album war „mein erstes nüchternes“.
229. Toys In The Attic: Aerosmith 1975. Es war das Album, auf dem Aerosmith ihren wüsten Blues-Rock perfektionierten. Gitarrist Joe Perry lieferte auf „Walk This Way“ und „Sweet Emotion“ einige der göttlichsten Riffs der 70er Jahre, während sich Steven Tyler wie ein schlampiger Pfau aufplusterte und unvergessliche Songs über sein bevorzugtes Hobby zum Besten gab: Sex.
228. Paid In Full: Eric B. And Rakim 1987. Wer sich fragt, warum der Old-School-Titan Rakim vielen noch immer als bester Rapper aller Zeiten gilt, braucht nur dieses Album aufzulegen. „Paid In Full“ war eines der ersten HipHop-Alben, das 70s-Funk-Samples integrierte, um daraus Klassiker wie „I Know You Got Soul“ zu basteln.
227. Doolittle: Pixies 1989. Kurt Cobain gab gerne zu, dass er sich die Laut-Leise-Dynamik, die u.a. „Smells Like Teen Spirit“ auszeichnete, von den Pixies abgeschaut habe. „Doolittle“ lebt von den Hardcore-Gewittern, von Black Francis’ Stream-of-Consciousness-Entladungen, von eigenwilliger Melodik und einer bizarren Surf-Metal-Gitarre.
226. Nebraska:Bruce Springsteen 1982.„Nebraska“, auf einem Vierspur-Gerät in seinem Schlafzimmer aufgenommen, gab Springsteen ohne weitere Bearbeitung zur Veröffentlichung. Es sind Songs über geprügelte Hunde und andere Underdogs, doch zum Abschluss des Albums folgt mit „Reason To Believe“ eines seiner tröstlichsten, hoffnungsvollsten Lieder.
225. American Idiot: Green Day 2004. Die punkigen Rotzlöffel aus den Neunzigern wurden mit einem Schlag erwachsen und bewiesen das mit einem reifen Konzept-Album. Billie Joe Armstrong wütete gegen die politische Idiotie der Bush-Ära und scheute dabei vor großen Gesten nicht zurück, die auch The Who gut zu Gesicht gestanden hätten.
224. The Neil Diamond Collection: Neil Diamond 1999. Seine melodramatischen Aufführungen sind für viele ein heimliches Laster, was das Vergnügen nicht schmälert, wenn Diamond lauthals Titel wie „Sweet Caroline“, „Cherry, Cherry“ oder „I Am… I Said“ schmettert.
223. War: U2 1983. Als ihr drittes Album erschien, waren U2 auf bestem Wege, eine der wichtigsten Bands der 80er Jahre zu werden. „War“ ist das politischste Album der Band – mit Songs über die polnische Solidarnosc („New Year’s Day“) oder den irischen Bürgerkrieg („Sunday Bloody Sunday“), befeuert von leidenschaftlichem Gitarren-Rock.
222. New Orleans Piano: Professor Longhair 1972. Kein Pianist hatte mehr Witz und Charme. Seine rollende, rumbaähnliche Spielweise, gekrönt von seinem Jodeln und Pfeifen, machten Stücke wie „Tipitina“ zu einem Testament schierer Lebensfreude. „New Orleans Piano“ vereint die Atlantic-Singles der Jahre 1949 bis 1953, darunter auch die Party-Hymne „Mardi Gras In New Orleans“.
221. Loveless: My Bloody Valentine 1991. Das vierte Album erwies sich als Meilenstein der Shoegazer-Szene. Die flirrenden Gitarren-Sounds, kontrastiert von Bilinda Butchers ätherischer Stimme, erweiterten die Möglichkeiten vom Noise-als-Melodie-Konzept.
220. Look-Ka Py Py: The Meters 1970. Die Groove-Götter aus New Orleans liefern hier instrumentale Leckerbissen, die später von Rappern wie Nas oder N.W.A. für Samples geplündert wurden. George Porter Juniors Monster-Bass und das unglaubliche Schlagzeugspiel von Ziggy Modeliste waren eine Klasse für sich.
219. Licensed to Ill: Beastie Boys 1986. Sie hatten gerade die Highschool abgeschlossen, als die New Yorker Rapper „Licensed To Ill“ aufnahmen – noch immer eine revolutionäre Mischung aus HipHop-Beats, Metal-Riffs und einigen der frechsten und unverfrorensten Reime, die je gebastelt wurden.
218. The Queen Is Dead: The Smiths 1986. The „pope of mope“ wurde Morrissey genannt und er machte seinem Ruf als Ober-Nöler alle Ehre. Das Album – das melodisch anspruchsvollste der Smiths – ist randvoll mit Wutausbrüchen („The Queen Is Dead“), grenzenloser Trauer („There Is A Light That Never Goes Out“) und poltriger Gesellschaftkritik („Frankly, Mr. Shankly“).
217. Two Steps From The Blues: Bobby Bland 1961. Sein tiefer, aufwühlender Gesang in Stücken wie „Little Boy Blue“ oder „Cry, Cry, Cry“ machte Unterscheidungen zwischen Blues und Soul obsolet. „I Pity The Fool“ und „Lead Me On“ gehören zu den herzerweichendsten Songs überhaupt.
215. New York Dolls: New York Dolls 1973.„Could you make it with Frankenstein?“, fragten sie ohne mit der Wimper zu zucken. New Yorks durchgeknallte Glam-Punker klauten Riffs von Chuck Berry und Fats Domino und klatschten pfundweise Make-up drauf. Es war ein faszinierender Mix aus Style und Schleim, der aus Songs wie „Personality Crisis“ und „Bad Girl“ tropfte.
214. Proud Mary: The Best Of Ike & Tina Turner: Ike & Tina Turner 1991. Auf frühen Singles wie „A Fool In Love“ beweist Tina Turner urwüchsige Kraft und Leidenschaft. Dann kommen die Rock’n’Roll-Coverversionen, der Funk aus den Siebzigern, ganz zu schweigen von „River Deep, Mountain High“.
213. Tattoo You: The Rolling Stones 1981.„Tattoo You“ war sehnig und bluesig – als ob die Stones zu den unverwüstlichen Bluesern mutiert wären, die sie als Jugendliche vergöttert hatten. Das Album war nicht zuletzt erfolgreich dank der Single „Start Me Up“, auf der Jagger es schaffte, die Zeile „you can make a dead man come“ so zu verpacken, dass sie sogar im Radio gespielt wurde.
212. Crooked Rain, Crooked Rain: Pavement 1994. Auf diesem Album dreht sich alles um Liebe und Rock’n’Roll, um federnden Pop und dezenten Noise – und ums „Range Life“, mit dem sich Steven Malkmus die Smashing Pumpkins zu ewigen Feinden machte.
211. Wish You Were Here: Pink Floyd 1975. Der Nachfolger von „Dark Side Of The Moon“ war ein weiterer Kommentar zum täglichen Wahnsinn – abgeschlossen von der zwölfminütigen Suite „Shine On Your Crazy Diamond“, die ihrem erratischen Ex-Mitglied Syd Barrett ein Denkmal setzte.
210. Everybody Knows This Is Nowhere: Neil Young With Crazy Horse 1969. Young und Crazy Horse waren erst wenige Monate zusammen, als sie „Nowhere“ aufnahmen – und das ungekünstelte, jamlastige Resultat legt davon Zeugnis ab.
209. Ten:Pearl Jam 1991. Als ihr Debütalbum erschien, rangen Pearl Jam mit Nirvana um die Grunge-Krone – ein Wettstreit, den sie verloren. Und doch sollte „Ten“ den harten Rock der kommenden Jahre nicht weniger prägen als „Nevermind“: Eddie Vedders gequälter Gesang und Mike McCreadys klagende Gitarren-Soli inspirierten tausende Nachahmer.
208. Tea For The Tillerman: Cat Stevens 1970. Die kammermusikalischen Pop-Arrangements machten dies zum ambitioniertesten Album des britischen Folkies. In „Wild World“ und „Hard-Headed Woman“ giftet er seiner Ex D’Arbanville nach, die sich wenig später mit Mick Jagger vergnügte.
207. Abraxas: Santana 1970. „Black Magic Woman“, die Hit-Single des Albums, war Santana in Reinkultur: Afro-Latin-Grooves, getragen von einer psychedelischen Blues-Gitarre. Es war ein Fleetwood-Mac-Song aus der Feder von Peter Green, einer von Carlos’ Gitarren-Helden. Auch der zweite Hit war eine Coverversion, diesmal Tito Puentes „Oye Como Va“.
206. Dirty Mind: Prince 1980. Mit seinem Mix aus Funk, Pop, Synthie-Rock und sexuellen Anzüglichkeiten ist „Dirty Mind“ ein Meisterwerk. Es beinhaltet eine der vergnüglichsten Trennungs-Songs („When You Were Mine“) und die Inzest-Suggestion „Sister“. „Ich wollte nicht bewusst provozieren“, sagte Prince. „Ich wollte nur bewusst ich selbst sein.“
205. Wheels Of Fire: Cream 1968. Halb Studio-, halb Live-Album, kann „Wheels Of Fire“ nicht nur mit dem klassischen Cream-Track „White Room“ aufwarten, sondern liefert den Beweis für Eric Claptons meisterliches Interpretationstalent. In der Version von Robert Johnsons „Crossroads“ spielt er eins seiner denkwürdigsten Gitarren-Soli.
204. Modern Times: Bob Dylan 2006. Die Geschichte als ewiger Kreislauf: Dylan ließ Slim Harpo und Memphis Minnie wiederauferstehen und weigerte sich noch immer, klein beizugeben. „Heart burnin’, still yearnin’“, singt er auf „Ain’t Talking“, dem letzten Track des Albums. Es ist ein aufrechter Gang durch eine zerstörte Welt, einem Woody Guthrie würdig.
203. Bad: Michael Jackson 1987. Der heiß erwartete Nachfolger von „Thriller“ baute Jacksons Hit-Kollektion mit „Bad“, „The Way You Make Me Feel“ oder „Man In The Mirror“ weiter aus. Doch diesmal artikulierte er auch einige seiner zwielichtigeren Gefühle, etwa die Gewaltfantasien in „Smooth Criminal“.
202. Parsley, Sage, Rosemary And Thyme: Simon And Garfunkel 1966. Das dritte Album des Duos warf flotte Uptempo-Hits wie „The 59th Street Bridge Song“ ab, aber auch literarisch anspruchsvollen Folk wie „For Emily“.
201. The Downward Spiral: Nine Inch Nails 1994. Trent Reznor hatte sich in das Haus von Sharon Tate, dem Mordopfer der Manson-Family, verkrochen, um dort das zweite NIN-Album aufzunehmen. Zentrales Thema: die Selbstzerstörung des Menschen.
200. Highway To Hell: AC/DC 1979. Bon Scott war eine bourbonschluckende Naturgewalt, und als die Arbeiten zu ihrem vierten Album begannen, hatten er und Gitarrist Angus Young eine zwingende Links-Rechts-Kombination entwickelt, die AC/DC-Songs den finalen Killer-Punch verliehen und in fulminanten Stücken wie dem berühmten Titelsong gipfelte.
199. Is This It: The Strokes 2001. Das Debüt der struppigen Mods lieferte ein Gitarren-Feuerwerk, das New York wieder auf die musikalische Landkarte zurückbrachte. „Is This It“ mischte Velvet-Underground-Schmutz mit beschlipstem New-Wave-Pop und rundete das Ganze mit Julian Casablancas’ Notizen aus New Yorks Lower East Side ab.
198. Little Walter – The Best Of, 1957
Er quälte seine Mundharmonika wie sonst nur die Bop-Saxofonisten, die er verehrte, ihre Instrumente traktierten – und gab so dem Chicago Blues eine neue Dynamik. Mit „Juke“ schaffte er es 1952 an die Spitze der R&B-Charts. Walter starb viel zu früh im Alter von 37 Jahren nach einer Schlägerei.
197. R.E.M. – Murmur, 1983
Die Geburtsurkunde des Alternative Rock, ausgestellt für die Generation X. Obwohl „technisch limitiert“ – so Co-Produzent Don Dixon – gelangen R.E.M. faszinierend geheimnisvolle Songs. Peter Bucks Gitarre schwebt glockenhell, während Michael Stipe seine Nuschel-Lyrics serviert, als wären sie eine neue Sprache.
196. Various Artists – Nuggets: Original Artyfacts From The First Psychedelic Era 1965-1968, 1972
Die 27 Tracks waren kurze, witzige, simple Garagenrock-Perlen, die Kritiker und Patti-Smith-Gitarrist Lenny Kaye kompiliert hatte. Proto-Punk für die Prog-Rock-verstopften Siebziger.
195. John Mayall With Eric Clapton – Blues Breakers, 1966
Es waren Claptons Soli auf diesem Album, die in London den Clapton-is-God-Kult auslösten. Die Band coverte gekonnt Robert Johnson und Freddie King – und bretzelte Ray Charles’ „What’d I Say“ mit einem langen Drum-Solo auf.
194. Lou Reed – Transformer, 1972
Für David Bowie war der Velvet-Underground-Kopf eine Inspiration. Er revanchierte sich, indem er Reeds erfolgreichstes Album produzierte. Gitarrist Mick Ronson lieferte die Prise Glam, und „Walk On The Wild Side“ machte das Hitparaden-Publikum mit einem Transvestiten vertraut.
193. Green Day – Dookie, 1994
Es war das erste Album des Punk-Pop-Revivals der Neunziger. Sänger-Gitarrist Joe Armstrong komprimierte seine kleinstädtische Frustration in dreiminütige Songs wie „Welcome To Paradise“, „Basket Case“ und dem ansteckenden „Longview“, von dem Armstrong sagte, es sei „Selbsttherapie in Form von TV-Konsum“.
192. The Flying Burrito Brothers – The Gilded Palace Of Sin, 1969
Die Ex-Byrds Gram Parsons und Chris Hillman initiierten diesen immens einflussreichen Meilenstein des Country-Rocks voll L.A.-Hillbilly-Hymnen, Hippie-Soul und wundervollen Gesangsharmonien.
191. The Stooges – Fun House, 1970
Don Galluci, garagenrockerprobter Keyboarder der Kingsmen, produzierte das zweite Album und ließ dem unerbittlichen „Troglodyte Groove“ der Stooges freien Lauf. „I stick it deep inside“, knurrte Iggy Pop auf „Loose“ – und Punk-Torpedos wie „T.V. Eye“ machten aus dieser Drohung bitteren Ernst.
190. Elvis Presley – From Elvis In Memphis, 1969
„I had to leave town for a little while“, heißt es im ersten Song. Mit diesem Album meldete sich Elvis zurück – und brillierte in Country und Gospel, Soul und Pop. Mit „In The Ghetto“ versuchte er sich sogar an einem gesellschaftskritischen Song.
189. Quicksilver Messenger Service – Happy Trails, 1969
Das Live-Album fängt das „Ballroom“-Phänomen der späten Sechziger ein. Die Acid-Blues-Band aus San Francisco hob mit ihren Twin-Gitarren zum Höhenflug an, komponierte aber auch ein vertracktes Instrumental wie „Cavalry“, das bewies, dass Psychedelia nicht nur aus nebulösen Trips bestand.
188. Buffalo Springfield – Buffalo Springfield Again, 1967
Ihr zweites Album glänzte mit meisterlichem L.A.-Folk-Rock von Stephen Stills, wegweisendem Country-Rock von Richie Furay und zwei frühen Perlen von Neil Young, zum Beispiel das rohe „Mr. Soul“.
187. Peter Gabriel – So, 1986
Bereits auf der Single „Shock The Monkey“ hatte Gabriel den Funk entdeckt, doch es dauerte vier Jahre, bis er mit „Sledgehammer“ und „Big Time“ Ernst machte. Weitere Highlights: die dunkle Liebesballade „In Your Eyes“ und das erhebende „Don’t Give Up“, ein Duett mit Kate Bush.
186. Sly And The Family Stone – Fresh, 1973
Im Laufe der Siebziger ließ Stone seinen Lastern immer freieren Lauf. Doch er hatte noch ein paar Asss im Ärmel: das hinreißende „If You Want Me To Stay“ und eine eigenwillige, struppige Version von Doris Days „Que Sera, Sera“.
185. The Stooges – The Stooges, 1969
„Marihuana und das Gefühl der völligen Isolierung“ seien der Anlass gewesen, den Hippie-Idealen einmal richtig in den Arsch zu treten. Ex-Velvet-Underground John Cale produzierte ein rudimentäres Debüt, auf dem Iggy Pop spätere Punk-Klassiker wie „I Wanna Be Your Dog“, „No Fun“ und „1969“ vom Stapel ließ.
183. Willie Nelson – Red Headed Stranger, 1975
Nelsons Konzept-Album über einen flüchtigen Mörder war textlich ambitioniert, aber musikalisch so reduziert, dass Nelsons Label den kommerziellen Erfolg bezweifelte. Man irrte sich gewaltig.
182. Fleetwood Mac – Fleetwood Mac, 1975
Das erste Album, dass die Engländer Mick Fleetwood, John und Christine McVie mit dem kalifornischen Pärchen Lindsey Buckingham und Stevie Nicks aufnahmen, warf bereits Klassiker wie „Say You Love Me“ und „Rhiannon“ ab und offenbarte einen immensen Reichtum an Harmonien.
181. Bob Marley And The Wailers – Natty Dread, 1974
Die Wailers hießen fortan Bob Marley And The Wailers, doch „Rebel Music“ sollte ihr Motto bleiben. „Lively Up Yourself“ besang die Revolution, während das gospelnde „No Woman, No Cry“ an die Hoffnung auf eine bessere Zukunft appellierte.
180. The Rolling Stones – The Rolling Stones, Now!, 1965
„Now!“ bedient sich am Material der zweiten und dritten UK-Veröffentlichung, verneigt sich vor Chuck Berry, Bo Diddley, Willie Dixon und Muddy Waters und enthält drei gelungene Eigenkompositionen von Jagger/Richards.
179. Abba – The Definitive Collection, 2001
Die schwedischen Edel-Popper entpuppten sich in den Siebzigern als die erfolgreichste Gruppe der Welt. Hits wie „Knowing Me, Knowing You“ oder „Fernando“ kontrastierten die grandiosen Melodien mit nordischer Tristesse.
178. Curtis Mayfield And The Impressions – The Anthology 1961-1977, 1992
Mayfield singt wundervolle Balladen („Gypsy Woman“), hoffnungsfrohe Hymnen („People Get Ready“, „Move On Up“), aber auch illusionslose Sittengemälde aus dem Ghetto („Superfly“).
177. Funkadelic – One Nation Under A Groove, 1978
Das Album brachte George Clintons Botschaft vom bewusstseinserweiternden Groove auf den Punkt, vom Monster-Funk des Titelsongs über den kosmischen Soul von „Into You“ bis zum philosophischen Scat von „The Doo Doo Chasers“.
176. Aerosmith – Rocks, 1976
Nachdem sie schon mit „Toys In The Attic“ bewiesen hatten, dass sie mehr als nur eine Stones-Kopie waren, ließen Aerosmith auf dem zutreffend betitelten „Rocks“ die Muskeln spielen. Zu einem Zeitpunkt, als Pomp und Bombast die Stadien regierten, hielten sie mit Tracks wie „Back In The Saddle“ und „Last Child“ den Ball flach.
175. The Carpenters – Close To You, 1970
Mit ihrer Wohlfühl-Musik und dem Saubermann-Image verkörperten Richard und Karen Carpenter den Mainstream der frühen 70er Jahre. Doch als Jahre später der Softrock seinen Siegeszug antrat, sollte die schlichte Eleganz von Balladen wie „Close To You“ und „We’ve Only Just Begun“ selbst Indie-Bands beeinflussen.
174. Bob Dylan – Desire, 1976
Der Nachfolger von „Blood On The Tracks“ wurde, in bester Dylan-Manier, in einer nächtlichen Session eingespielt, bei der offensichtlich reichlich Tequila floss. „Sara“, das Resümee seiner zerbrechenden Ehe, und das politisch engagierte „Hurricane“ sind die Highlights.
173. Todd Rundgren – Something/Anything?, 1972
Über die Länge eines prall gefüllten Doppelalbums demonstrierte Studiozauberer Rundgren das ganze Kaleidoskop seiner Talente. Der Pop-Soul von „Hello It’s Me“ sollte seine Trademark werden.
172. Rod Stewart – Every Picture Tells a Story, 1971
Stewarts bestes Album lebt von seiner Wärme und lockeren Atmosphäre. „Mandolin Wind“ ist eine bewegende Ballade, der Titelsong eine trunkene Party – und „Maggie Mae“ entpuppte sich als der große Hit.
171. The Byrds – The Notorious Byrd Brothers, 1968
Angeblich nahm das Pferd auf dem Cover den Platz von David Crosby ein, der gefeuert worden war. Doch trotz interner Probleme lieferten die Byrds einen warmen Soundtrack für Menschen, die gerade aus dem „Summer of Love“ erwacht waren.
170. The Who – Live At Leeds, 1970
Konfrontiert mit der Frage, wie der Nachfolger zu „Tommy“ aussehen solle, drehten die Who ihre Verstärker voll auf. Die Band verzichtete auf jegliche Schnörkel, sondern setzte auf Lautstärke und pure Power – und nahm mit einer monströsen Version von Eddie Cochrans „Summertime Blues“ den Stadion-Rock der 70er Jahre vorweg.
169. Bob Marley – Exodus And The Wailers, 1977
Der Titel gibt bereits den ersten Hinweis: „Exodus“ entstand nicht in Jamaika. Nachdem er sich bei einem Attentat eine Kugel eingefangen hatte, siedelte Marley mit den Wailers nach London um. Songs wie „Jamming“ und „Three Little Birds“ dokumentieren jedoch die Essenz des Reggae.
168. Elvis Costello – My Aim Is True, 1977
Bei den Aufnahmen zu seinem Debüt hörte Costello oft The Clash. Aber auch wenn die Songs eher Pub-Rock denn Punk sind, offenbaren die Texte eine punkige Bissigkeit. Das Mörder-Mystery von „Watching The Detectives“ und die giftige Ballade „Alison“ etablierten Costello als scharfzüngigsten Songschreiber seiner Generation.
167. Metallica – Master Of Puppets, 1986
Ihr drittes Album hat inhaltlich einen roten Faden: Manipulation. „Es sind die Drogen, die dich kontrollieren“, sagte James Hetfield. Die Musik prägen laut lärmende Gitarren im Turbo-Gang. Wenn die Band in „Welcome Home (Sanitarium)“ das Tempo einmal drosselt, dann nur, um die Atemlosigkeit der restlichen Songs zu betonen.
166. Elvis Costello And The Attractions – Imperial Bedroom, 1982
Die Komplexität seiner Texte spiegelt sich auch in der Musik seines siebten Albums wider. Deshalb experimentierten Costello und Beatles-Toningenieur Geoff Emerick mit einer ungewohnten Sound-Palette (Akkordeon, Mellotron, Bläser), die den emotionalen Tumult adäquat abbilden sollten.
165. Marvin Gaye – Let’s Get It On, 1973
Gaye grübelte über das Wesen von Liebe und Sex – und wie man die Kluft zwischen beiden überbrücken könnte. Es war die erwachsene Variante jener Motown-Songs, die seine Karriere initiiert hatten. Wir hören hier einige der wundervollsten Momente, die er je aufgenommen hat.
164. Linda Ronstadt – The Very Best Of Linda Ronstadt, 2002
Ronstadt war immer mehr leidenschaftliche Interpretin denn geniale Songschreiberin. Aber sie konnte einen Popsong wie keine andere anknipsen – man höre nur „Long Long Time“, in dem sie mit ihrer Stimme Steine zum Weinen bringt.
163. Prince – 1999, 1982
„Ich wollte kein Doppelalbum machen“, sagte Prince, „aber ich konnte mit dem Schreiben nicht aufhören. Und zum Aussortieren bin ich nicht geboren.“ Während sich die zweite Hälfte eher um Sex und Dance dreht, liefert die erste Hälfte eine Fusion von Rock und Funk, wie man sie bis dato noch nicht gehört hatte.
162. Radiohead – OK Computer, 1997
Mit „OK Computer“ begannen Radiohead, ihren Rock zu dehnen. Das Resultat: ein unheilschwangeres Album mit unvergesslichen Stücken wie „Karma Police“ und „Paranoid Android“. Gitarrist Jonny Greenwood arrangierte dazu Streicher, die wie White Noise klingen – und Thom Yorke machte Entfremdung zum Modewort.
161. Otis Redding – The Dock Of The Bay, 1968
Redding nahm sein „Soul-Folk“-Experiment – wie er „The Dock Of A Bay“ nannte – vier Tage vor seinem tödlichen Flugzeugabsturz auf. Das posthume Album, von Gitarrist Steve Cropper zusammengestellt, ist die Essenz des Souls.
160. T. Rex – Electric Warrior, 1971
Marc Bolan verzauberte England, als er seinem tolkieninspirierten Hippie-Folk ein überraschend muskulöses Glam-Outfit verpasste. Der musikalische Zwitter zitterte und zuckte – und nutzte gerne Autos als sexuelle Metaphern: „You got a hubcap diamond star halo.“
159. Kiss – Alive!, 1975
Die Doppel-Live-LP, überwiegend in De-troit aufgenommen bedeutete für Kiss den Durchbruch – und verewigte Songs wie „Strutter“ und „Rock And Roll All Nite“. „Ich hab einen Riesenspaß auf der Bühne“, sagte Sänger Paul Stanley. „Ich tänzle herum und unterhalte mich bestens.“
158. Elton John – Captain Fantastic And The Brown Dirt Cowboy, 1975
John (Captain Fantastic) und Texter Bernie Taupin (Brown Dirt Cowboy) strickten mit dieser musikalisch überbordenden Nabelschau am eigenen Mythos.
157. Joy Division – Closer, 1981
Mit seinen dröhnenden Gitarren, den eisigen Bass-Melodien und den überlauten Vocals ist „Closer“ eines der beklemmendsten Alben, die je gemacht wurden. Dazu schrieb Sänger Ian Curtis Texte, in denen er seine Epilepsie und seine Eheprobleme thematisierte. Nach seinem tragischen Selbstmord am 18. Mai 1980 wurde er zur Legende.
156. Beastie Boys – Paul’s Boutique, 1989
Für ihr zweites Album engagierten die Beasties die Dust Brothers, ein Produzententeam, das ihnen einige der cleversten Samples mitbrachte – von den Ramones bis zu den Funky 4+1. Der Albumtitel ist eine Anspielung auf „Abbey Road“. Und wie dieses verknüpft auch „Paul’s Boutique“ Song-Fragmente in nie zuvor gehörter Form.
155. The Pretenders – Pretenders, 1980
Nachdem sie jahrelang Platten-Reviews geschrieben und mit den Sex Pistols abgehangen hatte, stellte Chrissie Hynde eine Band zusammen, die ebenso tough war wie sie selbst. „Pretenders“ ist prall gefüllt mit No-Nonsense-Rock wie „Brass In Pocket“, das von Radio-DJs geliebt wurde und zum Highlight der New-Wave-Jahre geriet.
154. Howlin’ Wolf – Moanin’ In The Moonlight, 1959
Wolf knurrte bedrohlich und ließ, mit den explosiven Gitarren von Willie Johnson und Hubert Sumlin, so manchem die Haare zu Berge stehen. Den Rolling Stones, Eric Clapton und anderen britischen Lehrlingen wiesen diese Klänge den Weg zum Blues.
153. A Tribe Called Quest – The Low End Theory, 1991
Viele versuchten sich an einem Mix aus HipHop und Jazz, doch erst auf diesem Album gelang der Genre-Mix. Thematisch hakten Tribe hier alles ab, vom Musikbiz bis zum Kampf der Geschlechter – und der Groove dazu frisst sich immer tiefer.
152. The B-52’s – The B-52’s, 1979
Das Album erinnert an eine Highschool-Clique, die mit schrägen Witzen, schrulligen Sounds und ihren verschrobenen Spitznamen eine LP zu füllen versucht. Niemand konnte sich dieser funkigen Kopfgeburt entziehen. Mit ihren Spielzeug-Instrumenten und Bienenkopf-Frisuren lieferten die B-52’s Musik aus dem Second-Hand-Laden.
151. Arcade Fire – Funeral, 2004
Liebe, Verlust, eine vorzeitig abgebrochene Jugend und die Zerbrechlichkeit der Hoffnung: Das waren die Themen, mit denen sich die siebenköpfige Band auf ihrem Debüt vorstellte. Es ist Indie-Rock mit orchestralem Flair, der seinen Esprit in gemeinschaftlicher Ekstase findet.
150. Bruce Springsteen – Darkness On The Edge Of Town, 1978
Der Realismus hielt Einzug in seine Songs und machte Springsteen zum Chronisten der Arbeiterklasse mit ihren Träumen und Agonien – hier stellvertretend in „The Promised Land“ und „Racing In The Street“.
149. Santana – Santana, 1969
Es war ein einzigartiger Mix aus Latino-Rhythmen, Rock-Gitarre und Blues, mit dem sich der 22-jährige Carlos Santana auf seinem Debüt vorstellte. Drogen waren ein anderer Bestandteil: „Sie zeigen mir Schönheit und Transzendenz.“ „Santana“ hatte den gleichen Effekt auf seine Fans.
148. Led Zeppelin – Houses of the Holy, 1973
Auf Album Nummer fünf entdeckten Led Zep den Groove. „D’yer M’aker“ ist ihre Interpretation von Reggae, und „The Crunge“ verneigt sich vor James Brown. Ihre kosmische Seite ließ die Band einmal mehr aufblitzen in „The Rain Song“ und dem Wikinger-Klagelied „No Quarter“.
147. Crosby, Stills, Nash And Young – Déjà Vu, 1970
Neil Young transformierte die folkrockigen CSN in ein wahres Kraftpaket. Idealistischer Pop (Graham Nashs „Teach Your Children“), militanter Blues (David Crosbys „Almost Cut My Hair“) oder Stills’ Choralgesang „Carry On“. Das klagende „Helpless“ ist eins von Youngs frühen Meisterwerken.
146. Jefferson Airplane – Surrealistic Pillow, 1967
Das kopflastige Airplane-Debüt ist ein halluzinogenes Destillat aus Folk-Blues-Vocals, Garagenrock-Gitarre und knackigen Pop-Songs. „White Rabbit“ und „Somebody To Love“ waren die Erkennungsmelodien des „Summer of Love“. Und „Today“ ist noch immer die beste Ballade über die goldenen Jahre von San Francisco.
145. Steely Dan – Aja, 1977
Ihr sechstes Album, von Walter Becker und Donald Fagen wie immer mit handwerklicher Liebe eingespielt, war der Versuch, sich als Mainstream-Jazz-Pop-Superstars zu etablieren. Und dank cleverer, süffiger Songs wie „Deacon Blues“ und „Peg“ trat genau das ein.
144. N.W.A – Straight Outta Compton, 1998
„Do I look like a motherfucking role model?“, fragt Ice Cube auf „Gangsta Gangsta“. Seine Wutausbrüche, Eazy-E’s Ghetto-Sprüche und Dr. Dres Polizeisirenen-Beats stießen die Tür zu einer neuen HipHop-Ära auf.
143. Dr. John – GRIS-Gris, 1968
In den Sechzigern zog Pianist Mac Rebennack von New Orleans nach L.A., lernte die kalifornische Psychedelia kennen, nannte sich fortan „Dr. John, The Night Tripper“ und nahm diesen Swamp-Funk-Klassiker auf. „GRIS-Gris“ kombiniert New-Orleans- R&B mit Voodoo-Gesängen.
142. Phil Spector – A Christmas Gift For You, 1963
Das beste Weihnachtsalbum in der Geschichte des Pop. Ronnie Spector schmelzt „Frosty The Snowman“ und beraubt „I Saw Mommy Kissing Santa Claus“ seiner kindlichen Unschuld. Und alles versinkt in der Schneedecke von Phil Spectors Produktion.
141. B.B. King – Live At The Regal, 1965
B.B. Kings definitives Live-Album wurde 1964 aufgenommen – zu einem Zeitpunkt also, als ein neues weißes Rock-Publikum den Blues entdeckte. King spielte – präzise und druckvoll wie immer – emotionale Versionen seiner wichtigsten Songs, unter anderem „Every Day I Have The Blues“ und „How Blue Can You Get“.
140. Blondie – Parallel Lines, 1978
New Wave feierte seinen Durchbruch zum Pop: „Parallel Lines“ ist die perfekte Synthese aus Punk-Rotz, 60s-Pop-Sensibilität und New Yorker Underground-Glamour. Debbie Harry etablierte einen neuartigen Sex-Appeal, der den halbseidenen Big Apple gesellschaftsfähig machte. Madonna dürfte sicher fasziniert zugeschaut haben.
139. The Meters – Rejuvenation, 1974
Produzent Allen Toussaint baute seine Hits auf einem straffen, Morse-Code-ähnlichen Rhythmus-Muster auf, wie er es von den Marching Bands und Mardi-Gras-Kapellen seiner Heimat New Orleans kannte. Der disziplinierte Funk, gemischt mit Rock und Southern R&B, prägt dieses Album mit Highlights wie „People Say“.
138. Dr. Dre – The Chronic, 1992
Mit N.W.A. hatte Dr. Dre den Gangsta-Rap bereits im Mainstream etabliert. Auf „The Chronic“ gab er seinen Reimen noch mehr Zunder, baute Samples von alten George-Clinton-Hits ein, schob den Bass-Regler hoch und engagierte einen coolen Rapper namens Snoop Doggy Dog.
Copyright: Death Row
137. The Replacements – Tim, 1985
Auf dem Major-Label-Debüt der „Mats“ changiert Sänger und Gitarrist Paul Westerberg brillant zwischen großer Riff-Pose („Bastards Of Young“) und hausgemachter Verzweiflung („Here Comes A Regular“). Keine 80er-Band war darin besser.
136. Elton John – Greatest Hits, 1974
Die Compilation beinhaltet fast jede Single, die John im Zeitraum von 1970 bis 1974 veröffentlicht hat – von „Your Song“ bis „Don’t Let The Sun Go Down On Me“. Man versteht danach, warum der Piano-Man zu den erfolgreichsten Künstlern der Siebzigerjahre zählte.
135. Pavement – Slanted And Enchanted, 1992
Die archetypische amerikanische Indie-Rock-Platte: Die Musik ist relaxed, die Produktion rudimentär, die Texte sind schrullig und die Melodien durchaus gefällig. Und doch ist der mit Noise angereicherte Sound stets spannungsgeladen und intensiv.
134. The Notorious B.I.G. – Ready To Die, 1994
B.I.G. alias Biggie Smalls nahm die Erinnerungen an seine gewalttätige Jugend in Brooklyn und komprimierte sie zu „Ready Or Die“, dem großartigsten HipHop-Debüt. „Big Poppa“ handelt von Sex, „Juicy“ ist zum Schießen – und in „Things Done Changed“ und „Everyday Struggle“ gibt er Gangsta-Schnurren zum Besten.
133. Bruce Springsteen – The Wild, The Innocent & The E Street Shuffle, 1973
Mit seinem zweiten Album schüttelte Bruce das New-Dylan-Etikett endgültig ab. Mit seiner Band, in den Bars von New Jersey gestählt, stürzte er sich vielmehr auf die lockersten, witzigsten, jazzigsten Songs.
132. Original Soundtrack – Saturday Night Fever, 1977
Disco im Multi-Platin-Rausch. Die Helium-hohen Falsett-Harmonien der Bee Gees, mit angenehm synkopierten Grooves verschmolzen, ob im funkigen „Disco-Inferno“ der Trammps oder im schmachtenden „More Than A Woman“ von Tavares.
131. Black Sabbath – Paranoid, 1970
Es gibt kaum eine Metal- oder Heavyrock-Band der letzten 40 Jahre, die sich nicht an Tony Iommis unerbittlichem Gitarren-Fuzz orientiert hat, an der brutalen Rhythmusmaschine von Bill Ward und Geezer Butler oder Ozzy Osbournes markerschütterndem Kreischen – perfekt in Szene gesetzt in „Paranoid“, „Iron Man“ oder „War Pigs“.
130. Television – Marquee Moon, 1977
Sie waren die Gitarren-Mystiker des New Yorker Untergrunds: Television mixten das wütende Heulen von Velvet Underground mit der epischen Länge von Yes-Songs und den Doppel-Gitarren-Spiralen von Quicksilver Messenger Service. Doch es war ihr lyrischer Anspruch, der das Debüt so beeindruckend machte.
129. Talking Heads – Remain In Light, 1980
Es war die Wasserscheide des New Wave: Die New Yorker Avant-Punk-Ästheten mutierten zu polyrhythmischen Pop-Zauberern. David Byrne & Co. kombinierten den Druck des P-Funk, die Grooves des Afro-Pop und die Sound-Visionen von Brian Eno. „Once In A Lifetime“ wurde ein Hit.
128. Iggy & The Stooges – Raw Power, 1973
David Bowie half dabei, den desolaten Stooges einen neuen Deal mit Columbia zu besorgen. Iggy Pop und der neue Gitarrist James Williamson revanchierten sich mit erhöhter Schlagzahl: Titel wie „Search And Destroy“ oder „Gimme Danger“ sind pures Punk-Dynamit.
127. The Byrds – Younger Than Yesterday, 1967
Trotz interner Probleme lieferten „die nächsten Beatles“ ihr erstes reifes Album ab – eine Mischung aus spacigem Twang und elektrischer Tanzschaffe. Trotz „Summer of Love“ ein Werk mit Bodenhaftung.
126. Bob Marley and the Wailers – Catch A Fire, 1973
Marleys Debüt auf einem Major erweiterte sein Publikum, ohne die Reggae-Fundamente zu unterminieren. Produzent und Island-Chef Chris Blackwell remixte die Original-Bänder zwar für ein internationales Publikum, doch der Aufschrei aus dem Ghetto verlor nichts an Dringlichkeit.
125. Janis Joplin – Pearl, 1971
Mit „Pearl“ lieferte Joplin ein Soloalbum, das ihre stimmlichen Qualitäten voll ausschöpfte. Ob Hippie-Gospel oder Country-Soul: Nie sang sie so überzeugend und intim. Den Erfolg von „Me And Bobby McGee“ konnte sie nicht mehr miterleben: Joplin starb vor Beendigung des Albums an einer Überdosis Heroin.
124. Moby Grape – Moby Grape, 1967
San-Francisco-Rock und Hippie-Power-Pop auf seinem Zenit. Moby Grape sangen wie kleine Teufelchen und schrieben knackige Songs mit acidgetränktem Country Blues. Die drei Gitarristen – Jerry Miller, Peter Lewis und Skip Spence – ließen dazu Blitz und Donner regnen.
123. Run-DMC – Raising Hell, 1986
Zusammen mit Produzent Rick Rubin lieferten Run-DMC ein Album ab, das den Mainstream zwang, sich dem HipHop zu öffnen. Begleitet von einem exzellenten Jam Master Jay an den Turntables, rappten Run und DMC voll auf den Putz und rannten mit einer wüsten Version von Aerosmiths „Walk This Way“ bei MTV offene Türen ein.
122. Original Soundtrack – The Harder, 1973
Mit diesem Soundtrack trat der Reggae seinen Siegeszug an. Jimmy Cliff, der Protagonist des Films, singt das hymnische „Many Rivers To Cross“. Aber auch Desmond Dekker und Toots & The Maytals demonstrieren den Reichtum des neuen Rhythmus.
121. Sly and the Family Stone – Stand!, 1969
Mit „Stand!“ und „You Can Make It If You Try“ schwimmt Sly Stone auf der Optimismus-Welle der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Und er legte den Finger in offene Wunden, wenn er wie in „Don’t Call Me Nigger, Whitey“ auf Rassismus und Diskriminierung verweist.
120. The Byrds – Sweetheart Of The Rodeo, 1968
Es war ihr neues Mitglied Gram Parsons, der den bislang eher psychedelischen Byrds den Nashville-Sound näherbrachte. Songs von Bob Dylan oder Merle Haggard als Country-Rock.
119. Etta James – At Last!, 1961
1955 hatte die Single „Roll With Me, Henry“ aus Etta James einen frühreifen Teen-Star gemacht. Sechs Jahre später war aus ihr eine temperamentvolle Interpretin geworden, die sich auf diesem atemberaubenden Album auch des Pops und R&Bs bediente – und den Typus der Crossover-Diva schuf.
118. Kanye West – Late Registration, 2005
Von großspurigen autobiografischen Songs („Touch The Sky“) bis zu witzigem Club-Pop („Gold Digger“), von James-Bond-Melodien bis Southern HipHop: Auf seinem zweiten Album legte West alle Fesseln ab und begann, die Popmusik neu zu vermessen.
117. Derek and the Dominos – Layla And Other Assorted Love Songs, 1970
Eric Clapton, unsterblich in die Frau seines Freundes George Harrison verliebt, offenbarte seine gequälte Seele auf einem emotionalen Blues-Album, das durch Claptons und Duane Allmans Gitarrenspiel glänzt.
116. The Rolling Stones – Out Of Our Heads, 1965
Es war ihr drittes Album in England, aber bereits das vierte auf dem US-Markt. Während sich die UK-Version noch auf Coverversionen von R&B- und Blues-Vorlagen beschränkte, lieferte die US-Version mit „The Last Time“, „Play With Fire“ und „Satisfaction“ bereits den Beweis, dass die Stones ihre eigene Identität gefunden hatten.
The Who Sell Out, 1968:
Ihr erstes Konzeptalbum war eine Hommage an die englischen Piraten-Radios – zusammengehalten von Werbespots und Radio-Jingles.
114. Cream – Disraeli Gears, 1967
Auf ihrem kompaktesten Album setzten Cream ihre instrumentale Transformation poppiger Songs fort – vom funkigen „Strange Brew“ über die Wah-Wah-Orgie „Tales Of Brave Ulysses“ bis hin zum trippigen „Dance The Night Away“. Zudem enthält „Disraeli Gears“ den Hit „Sunshine Of Your Love“, das durch Ginger Bakers wilde Drums besticht.
113. Joni Mitchell – Court And Spark, 1974
Mit seiner schnörkellosen Eleganz entwickelte sich „Court And Spark“ zu Mitchells erfolgreichstem Album und warf mit „Help Me“ obendrein eine Top-Ten-Single ab. Unterstützt von Saxofonist Tom Scotts Fusion-Band L.A. Express, fand Mitchell einen Folk-Pop-Jazz-Groove, der noch immer ein Standard für sophistication ist.
112. The Mamas and the Papas – If You Can Believe Your Eyes And Ears, 1966
Die „First Family of Cali-Folk“ schaffte es mit ihren göttlichen Gesangsharmonien an die Spitze Charts weltweit. Und John Phillips erwies sich als genialer Songwriter.
111. Radiohead – The Bends, 1995
Die erste Hälfte der Neunziger wurde von Nirvana geprägt, die zweite von Radiohead. Ihr zweites Album verband ernste, majestätische Gitarren mit Thom Yorkes gemarterter Schulbuben-Stimme – und bediente sich dabei gleichermaßen am Pathos von U2 und der Melancholie von The Smiths.
110. The Velvet Underground – Loaded, 1970
Kurz vor Abschluss ihres vierten Albums trennte sich Lou Reed von der Band. Aber er hinterließ ein Album, das unter dem Velvet-Undergound-Gitarren-Geröll auch Partikel von Doo-Wop und das Knistern der alten Sun-Studios aufblitzen ließ.
109. The Rolling Stones – Aftermath, 1966
Das erste Stones-Album, das komplett von Jagger/Richards geschrieben wurde, machte ihrem Bad-Boy-Image alle Ehre und porträtierte die Groupies, Ganoven und Parasiten im Swinging London. Man trifft auf harte Riffs („It’s Not Easy“), erlebnishungrige Girls („Under My Thumb“) und zeitgenössische Psychedelia („Paint It Black“).
108. David Bowie – Hunky Dory, 1971
Bowies erstes großes Album, im Alter von 24 Jahren aufgenommen, war eine visionäre Mischung aus Kitsch, grellen Rock-Gitarren und traditionellen Balladen. Bowie markierte die extremen Pole seines stilistischen Spektrums mit Hommagen an Bob Dylan und Andy Warhol, entwickelte aber auch eine neue Glam-Variante des Rock’n’Roll.
107. Sam Cooke – Portrait Of A Legend 1951-1964, 2003
Cooke wagte den Sprung vom Gospel zum Rock’n’Roll. Höhepunkt dieses Karriere-Überblicks ist die Bürgerrechtshymne „A Change Is Gonna Come“, deren Erfolg Cooke nicht mehr erlebte: 1964 wurde er in einem Motel in L.A. erschossen.
106. Ramones – Rocket To Russia, 1977
Mit dem dritten Album trugen die Ramones ihre Botschaft von den drei Akkorden, dem Dampfhammer-Beat und den zerschlissenen Jeans in die ganze Welt hinaus. „Rockets To Russia“ gab ihre wüsten Auftritte im New Yorker CBGB in bekömmlicher Dosierung wieder. Das Album bescherte ihnen in den USA sogar einen Top-50-Erfolg.
105. Ray Charles – Modern Sounds In Country And Western Music, 1962
Es war der rassenübergreifende Brückenschlag, den der Titel versprach: Charles’ erfolgreichstes Album veredelte Country-Standards mit opulent-souligen Streicher-Arrangements.
104. James Taylor – Sweet Baby James, 1970
Als er sein zweites, kommerziell erfolgreiches Album aufnahm, ging Taylor privat durch die Hölle und musste sich zwei Mal in einer Psychiatrie behandeln lassen. Aber die autobiografischen Texte, die sparsamen Melodien und die Kraft in seiner Stimme machten das Album zum Prototypen des empfindsamen Folk-Pops.
103. John Coltrane – Giant Steps, 1960
1959 machte Coltrane zwei wichtige Aufnahmen: Er wirkte auf Miles Davis’ „Kind Of Blue“ mit und nahm seinen ersten eigenen Klassiker auf. Coltranes Faible für freischwebende Noten-Cluster eröffnete der Jazz-Improvisation neue Horizonte – und nahm seine lyrischen Alben vorweg.
102. Cream – Fresh Cream, 1966
Bassist Jack Bruce, Drummer Ginger Baker und Gitarrist Eric Clapton – die erste „Supergroup“ – gaben dem Blues einen psychedelischen Dreh. Ihr Debüt ist kompakt und prägnant und lieferte die Grundlage für ihre Live-Jams, die oft genug in 15-minütige Improvisationen ausarteten.
101. Frank Sinatra – In The Wee Small Hours, 1955
Eine nachtdunkle Atmosphäre und das Gefühl von Einsamkeit und verlorener Liebe eint das Material, das für dieses intime Sinatra-Album zusammengestellt wurde – der Prototyp des Konzeptalbums sozusagen.
100. The Zombies – Odessey And Oracle, 1969
Man machte den größten Teil der Aufnahmen im Londoner Abbey-Road-Studio – und nutzte die gleichen Studer-Vierspur-Maschinen wie die Beatles. Mit seinem barock-psychedelischem Pop-Kolorit ist das Album tatsächlich eine Kreuzung aus „Sgt. Pepper“ und dem präzisen Drive der British-Invasion-Bands.
Platz 99: Sly And The Family Stone – „There’s A Riot Goin’ On“
„Stand“ von 1969 vibrierte noch mit unerschütterlichem Optimismus. Den desillusionierenden Siebzigern begegnete Sly dann aber mit einem düster-deprimierenden, betäubenden Funk.
Copyright: Epic, 1971
Platz 98: Elvis Costello – „This Year’s Model“
Mit seinem zweiten Album näherte sich Costello dem Punk. Wobei Punk für ihn nicht Pöbel und physische Konfrontation bedeutet, sondern sich in emotional bissigen Texten, aber auch im präzisen Rhythmus seiner Band auszudrücken. „Radio, Radio“, eine Breitseite gegen Pop-Berieselung, bringt seine Wut auf den Punkt.
Copyright: Radar, 1978
Platz 97: Bob Dylan – „The Freewheelin’ Bob Dylan“
Die Poesie und brillant formulierte Wut seiner Texte, aber auch die simplen, unwiderstehlichen Melodien von „Masters Of War“ oder „Blowin’ In The Wind“ machen Dylans zweites Album zu einem Meilenstein des amerikanischen Songs.
Copyright: Columbia, 1963
Platz 96: The Who – „Tommy“
Townshends Aufarbeitung kindlicher Traumata, sexuellen Missbrauchs und gesellschaftlicher Repression wird oft unter dem Rubrum „Rock-Oper“ abgehakt. Anders ausgedrückt: „Tommy“ klingt so, als sei das Thema von „My Generation“ auf volle Länge ausgewalzt worden, vorwärtsgepeitscht von Keith Moons höllischen Drums.
Copyright: Decca, 1969
Platz 95: Miles Davis – „Bitches Brew“
Davis wollte seine Musik dem Hendrix- und Sly-Stone-Publikum zugänglich machen. Das Resultat war ein Doppelalbum mit Jazz-Rock-Fusion, das er mit einer „elektrischen“ Band um Gitarrist John McLaughlin und Saxofonist Wayne Shorter aufnahm. Die brodelnden Klangwolken tragen aber nach wie vor Davis’ Handschrift.
Copyright: Columbia, 1970
Platz 94: Hank Williams – „40 Greatest Hits“
Als er an Neujahr 1953 mit 29 Jahren auf dem Rücksitz eines Cadillacs starb, war Williams der größte Star der Country-Musik. Sein näselnder Gesang, die liebeskranken Balladen und poltrigen „Long Gone Daddy“-Goodbyes hinterließen ihre Spuren bei vielen – von Elvis bis hin zu Beck.
Copyright: Polydor, 1978
Platz 93: Prince – „Sign ‘O’ The Times“
Vom wichtigsten R&B-Album der Achtziger kennt man vor allem den apokalyptischen Titelsong, den Funk-Hammer „Housequake“ und das brillante „If I Was Your Girl-friend“. Doch gerade die schlichten Momente bleiben unvergesslich, etwa die flehende Gitarre in „The Cross“.
Copyright: Paisley Park, 1987
Platz 92: Buddy Holly – „20 Golden Greats“
Holly, im ländlichen Texas aufgewachsen, verband Rockabilly, Party-Kracher und orchestrale Balladen – ein eklektischer Mix, der eine gewaltige Wirkung auf die Beatles haben sollte. „Rave On“, „Peggy Sue“ und „Not Fade Away“ machten ihn zu einem der ersten Ausnahme-Songwriter.
Copyright: MCA, 1978
Platz 91: Elton John – „Goodbye Yellow Brick Road“
Elton John selbst verglich sein Doppelalbum mit dem „Weißen Album“ der Beatles – und hatte dafür durchaus Argumente: Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung war er der profilierteste Hit-Lieferant seit den Fab Four. Alles an „Goodbye Yellow Brick Road“ ist überdimensional – vom Wagnerianischen Pomp auf „Funeral For A Friend“ bis zum vorgetäuschten Live-Auftritt der fiktiven Band Bennie and the Jets oder dem donnernden Rock’n’Roll von „Saturday Night’s Alright For Fighting“. „Candle In The Wind“ ist eine Hommage an Marilyn Monroe und der Titelsong ist überbordende Fantasie mit einer Melodie, die auch von George Gershwin stammen könnte.
Copyright: DJM Records, 1973
Platz 90: Stevie Wonder – „Talking Book“
„Ich glaube nicht, dass Sie nachvollziehen können, woher ich komme“, warnte Wonder die Motown-Bosse 1971. „Ich glaube nicht, dass Sie es überhaupt verstehen.“ In der Tat: Die zwei Alben, die Wonder 1972 veröffentlichte – „Music Of My Mind“ und „Talking Book“ –, waren mit den ehernen Gesetzen von Motowns Hitfabrik nicht kompatibel. „Talking Book“ war geprägt von persönlicher Sinnsuche und gesellschaftlichen Kommentaren, zudem produzierte Wonder das Album nicht nur, sondern spielte praktisch alle Instrumente selbst. Und doch war es brillanter Pop. „Superstition“ und „You Are The Sunshine Of My Life“ waren Nummer-eins-Singles, während „Big Brother“ in eine politischere Richtung drängte.
Copyright: Tamla, 1972
Platz 89: Dusty Springfield – „Dusty In Memphis“
Die in London geborene Soulsängerin Dusty Springfield hatte lange den Ruf einer Pop-Queen. Sie hatte sich bisher mit motownähnlichem Pop-Futter wie „I Only Want To Be With You“ begnügt, als Atlantic-Produzent Jerry Wexler sie nach Memphis einlud, um ein Album zu machen. Von der Vorstellung, mit den gleichen Musikern zusammenzuarbeiten, die die von ihr geliebten Aretha-Franklin-Aufnahmen eingespielt hatten, war sie so verschreckt, dass sie keine einzige Note herausbrachte. Ihre Vocals wurden nachträglich in New York aufgenommen, doch das Resultat wurde dadurch nicht geschmälert: glühender Soul und eine sexuelle Unmissverständlichkeit in Songs wie „Breakfast In Bed“ oder „Son Of A Preacher Man“.
Copyright: Atlantic, 1969
Platz 88: Johnny Cash – „At Folsom Prison“
Ende der Sechziger wurde Cash vom amerikanischen Country-Radio komplett ignoriert. „At Folsom Prison“ war das mehrfach vergoldete Album, das seine Karriere wieder auf Vordermann bringen sollte. Bereits ein Jahr später schrieb er die Liner Notes für Dylans countryfiziertes Album „Nashville Skyline“ und belegte mit „At San Quentin“, seinem zweiten Gefängnis-Album, vier Wochen lang Platz eins der amerikanischen Charts. Doch bereits „At Folsom Prison“ war Johnny Cash in Höchstform. Begleitet von seiner Tour-Band witzelt sich Cash durch den „Cocaine Blues“, durch „25 Minutes To Go“ oder den „Folsom Prison Blues“ mit der berühmten Zeile „I shot a man in Reno just to watch him die“. Die 2.000 Insassen johlten vor Begeisterung.
Copyright: Columbia, 1968
Platz 87: Pink Floyd – „The Wall“
Pinks Floyds visuell ambitioniertestes Album wurde inspiriert von ihrem eigenen Erfolg: den alle Rekorde brechenden Tourneen nach Veröffentlichung von „The Dark Side Of The Moon“. Als die Band 1977 in riesigen Arenen spielte, stieß Roger Waters erstmals auf die Mauer als Metapher für Isolation und Ausbruch. Er schloss die Demo-Versionen im Juli 1978 ab, um danach mit der Band ein Jahr an den Aufnahmen des Doppelalbums zu feilen. „The Wall“ mag ein Dokument des Selbstmitleids sein, hat in seiner Unmäßigkeit aber auch fraglos hypnotische Momente: die totalitäre Wucht von „In The Flesh?“, das selbstmörderische Ambiente von „Comfortably Numb“ und die antiautoritäre Agitprop von „Another Brick In The Wall, Pt. 2“.
Copyright: EMI, 1979
Platz 86: Born In The U.S.A.
Bruce Springsteen
Springsteen schrieb viele dieser Songs in einer kreativen Eruption, die auch die Geburtsstunde von „Nebraska“ sein sollte. „Vor allem auf der ersten Seite trägt ,Born‘ die gleiche Handschrift wie ,Nebraska‘“, sagte er, „die Charaktere, die Geschichten – nur dass sie bei ,Born‘ in einem Rock-Kontext stehen.“ Dies war allerdings ein elementarer Unterschied: Die E Street Band pumpte so viel Druck in den eigentlich ironisch gemeinten Titelsong, dass ihn Millionen als hurrapatriotische Akklamation missverstanden. Die bleibende Kraft des Albums liegt aber gerade in seinem unerschütterlichen Optimismus wie dem Gefühl der Hilflosigkeit – oder wie Springsteen es formulierte: „being handcuffed to the bumper of a state trooper’s Ford“.
Copyright: Columbia, 1984
Platz 85: Aretha Franklin – „Lady Soul“
Franklins drittes Atlantic-Album in weniger als zwei Jahren entpuppte sich als ein weiterer Klassiker und glänzte mit Highlights wie „(You Make Me Feel) Like A Natural Woman“, „Ain’t No Way“ und einer smarten Version des Rascals-Hits „Groovin’“. Das Album erschien in einem Jahr, in dem Triumph und Tragik für sie nah beieinanderlagen: Sie erschien auf dem Cover von „Time“, doch gleichzeitig konnte man in der Zeitschrift nachlesen, dass ihre Ehe mit ihrem damaligen Manager Ted White vor dem Aus stand. Franklin verdichtete ihre Rage zu emotionalen Meisterwerken, vor allem Curtis Mayfields spirituellen Appell „People Get Ready“, das sehnsuchtsvolle „Since You’ve Been Gone (Sweet Sweet Baby)“ und „Chain Of Fools“.
Copyright: Atlantic, 1968
Platz 84: Aretha Franklin – „I Never Loved A Man The Way I Love You“
Ihr Debüt für Atlantic sollte die Platte werden, auf der Gospel, R&B und Rock’n’Roll aufeinanderprallten und das hervorbrachten, was wir heute Soul nennen. Die Tochter eines Predigers in Detroit stand bei ihrem Label Columbia mit 80.000 Dollar in der Kreide, als sie Atlantic-Produzent Jerry Wexler 1966 unter Vertrag nahm. „Ich brachte sie in die Kirche zurück“, sagte Wexler, „setzte sie ans Klavier und ließ sie einfach sie selbst sein.“ Sie nahm kurzerhand den Titelsong auf und ließ dabei ihre untergründige Sexualität aufglühen, während ihr Schrei nach „Respect“ – ein Song von Otis Redding und Arethas erste Nummer eins in den Pop-Charts – das Marschlied der Frauenbewegung werden sollte.
Copyright: Atlantic, 1967
Platz 83: The Jimi Hendrix Experience – „Axis: Bold as Love“
Sein erstes Album hatte den Rock’n’Roll mit einem Gitarren-Feuerwerk bereichert, von dem vorher niemand zu träumen gewagt hatte. Auf seinem zweiten Album ging Jimi Hendrix noch einen Schritt weiter und zog alle psychedelischen Register: Gedankenspiele über außerirdisches Leben, jazzige Schlagzeug-Passagen, Balladen, Heavy Metal und das bekiffte Glaubensbekenntnis von „If 6 Was 9“: „I’m the one who’s gonna have to die when it’s time for me to die, so let me live my life the way I want to.“ Überall lässt Hendrix seine Gitarre heulen, röhren, singen, sprechen, flattern und fliegen. Und mit dem zerbrechlichen „Little Wing“ lieferte er einen der kryptischsten, zauberhaftesten Love-Songs der Rock-Geschichte.
Copyright: Reprise, 1968
Platz 82: Neil Young – „Harvest“
„Harvest“ warf mit „Heart Of Gold“ Youngs einzige Nummer-eins-Single ab und trug dazu bei, den Siegeszug des Softrock in den 70er Jahren vorzubereiten. Young hielt sich in Nashville auf, um – zusammen mit James Taylor und Linda Ronstadt – in der Fernsehshow von Johnny Cash aufzutreten. Gleich am nächsten Tag begab man sich in ein Studio, um dort mit schnell zusammengetrommelten Sessionmusikern Teile des Albums einzuspielen. Als Bassist sprang Tim Drummond ein, der zuvor mit James Brown gespielt hatte. Seine ehemaligen Kollegen Crosby, Stills und Nash lieferten später ihre Beiträge. In Songs wie „Old Man“ orientierte man sich klanglich an der typischen Americana-Besetzung (Steel-Gitarre, Slide-Gitarre und Banjo).
Copyright: Reprise, 1972
Platz 81: The Clash – „The Clash“
„Ich mache mir über nichts Illusionen“, sagte Joe Strummer, „versuche aber trotzdem, die Dinge positiv zu verändern.“ Der jugendliche Elan ist auf dem Clash-Debüt greifbar, in wütenden Songs über Arbeitslosigkeit („Career Opportunities“), Rassismus („White Riot“) oder die debile englische Musikindustrie („White Man In Hammersmith Palais“). Der größte Teil der Gitarrentracks wurde von Mick Jones eingespielt, da in Strummers Punk-Ästhetik kein Platz für Studio-Tüfteleien war. Die US-Version ließ zwei Jahre auf sich warten, wobei einige Originalsongs gegen neuere Singles ausgetauscht wurden – darunter auch „Complete Control“, in dem die Band genau solche Eigenmächtigkeiten der Plattenfirmen anprangert.
Copyright: Epic, 1979
Platz 80: John Lennon – „Imagine“
Nach der Urschrei-Therapie von „Plastic Ono Band“ lockerte sich Lennon auf seinem zweiten Soloalbum merklich auf. Er bewies zwar noch immer die alte Bissigkeit in „Gimme Some Truth“ und „How Do You Sleep?“, dem bitterbösen Frontalangriff auf McCartney, doch offenbarte er mit „Jealous Guy“ und „Oh Yoko!“ auch seine Eifersucht und Verletzbarkeit. „Imagine“, bewusst zugänglich und transparent gehalten, wirkt wie sich verflüchtigender Zynismus. Über den Titelsong sagte Lennon: „Er wendet sich gegen Religion, gegen Nationalismus, gegen Konventionen, gegen Kapitalismus, aber weil er eine Zuckerglasur hat, wird er problemlos geschluckt. Wenn man eine politische Meinung an den Mann bringen will, muss man etwas Honig draufstreichen.“
Copyright: Apple, 1971
Platz 79: Led Zeppelin – „Led Zeppelin II“
Das Album – auf die Schnelle zwischen Tourneen aufgenommen – eröffnet mit einem der imposantesten Momente der Rock-Geschichte: Jimmy Pages verschlepptem Riff zu „Whole Lotta Love“. „Auf unserem zweiten Album hört man, wie sich die Band-Identität langsam herauskristallisiert“, sagte Page dem ROLLING STONE. Gemeint war die geballte Power von John Bonhams göttlichem Schlagzeugspiel, Robert Plants Geheul, John Paul Jones’ strammem Bass und nicht zuletzt seiner eigenen Saiten-Hexerei. Weitere Highlights für glückliche Headbanger: „The Lemon Song“, „Heartbreaker“ und „Ramble On“, auf dem Plant einem Mädchen in Mordor begegnet – und die Verkaufszahlen von Tolkiens Büchern anschließend in die Höhe trieb.
Copyright: Atlantic, 1969
Platz 78: Otis Redding – „Otis Blue“
Für sein drittes Album nahm Redding drei Songs seines Idols Sam Cooke auf, der im Dezember des vorangegangenen Jahres umgekommen war. Ihre stilistischen Ansätze waren durchaus unterschiedlich: Cooke war einschmeichelnd und souverän, Redding roh und inbrünstig. Aber Reddings Versionen von „Shake“ und „A Change Is Gonna Come“ zeigen, wie Cookes Sound und Message Reddings Southern Soul geprägt haben – nachzuhören in seinen Eigenkompositionen „Respect“ und „I’ve Been Loving You Too Long“, aber auch in seiner Version des Stones-Hits „(I Can’t Get No)Satisfaction“. „Ich setze die Worte anders ein als im Original“, sagte Redding, „nicht zuletzt weil ich mir die Version selbst ausgedacht hatte“, erklärte Redding.
Copyright: Volt, 1965
Platz 77: AC/DC – „Back In Black“
Während man für die Aufnahmen probte, verabschiedete sich Sänger Bon Scott auf eine Sauftour und wurde kurze Zeit später tot auf dem Rücksitz eines Wagens gefunden. Er war an seinem Erbrochenen erstickt. Nachdem man zwei Tage wie gelähmt war, sagte Gitarrist Malcolm Young: „Scheiß drauf, ich werd nicht das ganze Jahr hier hocken und heulen.“ Er rief seinen Bruder Angus an und zusammen mit dem neuen Sänger Brian Johnson und dem bewährten Produzenten „Mutt“ Lange ging’s wieder an die Arbeit. Das Resultat war das musikalische Äquivalent zu einem Vorschlaghammer: „Back In Black“ ist Hardrock in seiner pursten Form. Und „Hells Bells“ und „You Shook Me All Night Long“ sind bluesbasierter Dampf-Gitarrenrock.
Copyright: Atlantic, 1980
Platz 76: Prince and the Revolution – „Purple Rain“
Der Soundtrack zu seinem halbbiografischen Film war anzüglich genug, um in den USA die Zensur-Organisation „Parents’ Music Resource Center“ ins Leben zu rufen. Nicht minder aufsehenerregend waren allerdings auch seine Talente als Gitarrist, namentlich auf „Let’s Go Crazy“. Doch letztlich lebt „Purple Rain“ von seinen brillanten Eingebungen: „When Doves Cry“ – der Hit, der Prince den Durchbruch bringen sollte. Und Keyboarder Dr. Fink erzählte, dass der Titelsong eigentlich von Bob Seger inspiriert sei: Als Prince mit seinem Album „1999“ auf Tour war, spielte Seger oft in den gleichen Städten. Prince entschloss sich daraufhin, einfach mal eine Ballade im Seger-Stil aufzunehmen.
Copyright: Warner Brothers, 1984
Platz 75: James Brown – „Star Time“
Sein Einfluss war so unermesslich, dass selbst die 4-CD-Box „Star Time“ nicht sein ganzes Schaffen abdecken kann – immerhin platzierte Brown zwischen 1956 und 1988 unfassbare 100 Singles in den Top 40 der amerikanischen R&B-Charts. Dennoch ist hier jede Phase seiner Karriere bestens dokumentiert: der beschwörende Soul von „Please, Please, Please“, seine spontane Neudefinition von R&B in „Papa Got A Brand New Bag“, seine Rolle in der Bürgerrechts-Bewegung mit „Say It Loud – I’m Black And I’m Proud (Pt. 1)“, sein Beitrag zum 70er-Funk („Get Up I Feel Like Sex Being A Sex Machine“) oder seine Vorlage für den HipHop in „Funky Drummer“. Bei den 71 Songs hat man nicht ansatzweise den Eindruck, die Soul-Power könne einmal versiegen.
Copyright: Polydor, 1991
Platz 74: Neil Young – „After The Gold Rush“
Für sein drittes Album feuerte er Crazy Horse, griff sich seine Akustische und ging in den Keller. Hier, im Souterrain seines Hauses im Topanga Canyon, hatte Young sich ein kleines Studio eingerichtet, das so beengt war, dass sich nur drei oder vier Personen dort aufhalten konnten. Doch es war groß genug, um herzerweichende Balladen wie „Tell Me Why“ oder „Don’t Let It Bring You Down“ aufzunehmen. Die Musik ist behutsam und in Songs wie „Southern Man“ durchaus provokativ. Nils Lofgren, damals ein 17-jähriges Gitarrenwunderkind, durfte sich in den Keller quetschen, aber Young wies ihm das Klavier zu – ein Instrument, das er noch nie gespielt hatte. Es war eine unorthodoxe Entscheidung, die für Young typisch war – und perfekt funktionierte.
Copyright: Reprise, 1970
Platz 73: Led Zeppelin – „Physical Graffiti“
„Ich besaß schon vor George Harrison eine Sitar“, beteuerte Jimmy Page, als er auf seine langjährige Liebe für indische Musik angesprochen wurde. Led Zeppelins Frontmann teilte sein Faible: 1972 fuhren Plant und Page sogar nach Bombay, machten mit indischen Studiomusikern experimentelle Aufnahmen und traten in einer Underground-Disco auf. Mit „Physical Graffiti“ trieben sie ihre Fusion von Ost und West weiter voran und integrierten arabische und indische Klänge in „Kashmir“ und „Into The Light“. Es sollte überhaupt ihr eklektischstes Album werden: Schmutziger Blues („Black Country Woman“) mischt sich mit Pop-Balladen („Down By The Seaside“) und dem elfminütigen „Time Of Dying“. Es war das exzessivste Album der Band.
Copyright: Swan Song, 1975
Platz 72: Curtis Mayfield – „Superfly“
Isaac Hayes’ „Shaft“ kam zuerst, hatte aber nur eine gute Single und viele instrumentale Füller. Curtis Mayfield gelang es, einen Blaxploitation-Soundtrack zu schreiben, der aufregender war als der zugrunde liegende Film. „Superfly“ kombinierte Streicherarrangements mit Bass-Grooves und Wah-Wah-Gitarren. Darüber sang Mayfield in seinem abgeklärten Falsett und erzählte die deprimierenden Ghetto-Geschichten vom „Pusherman“ und von „Freddie’s Dead“, von den Drogenkriegen und der schwarzen Realität in den Siebzigern. „Superfly“ klang, als habe man Marvin Gayes „What’s Going On“ auf den Boden der sozialen Realität geholt. „Mit meinen Texten artikuliere ich das, was die meisten Leute in meiner Umgebung empfinden“, sagte Mayfield.
Copyright: Curtom, 1972
Platz 71: Paul Simon – „Graceland“
Frustriert, dass seine Songs im Studio nie so richtig zu zünden schienen, entschloss sich Paul Simon, diesmal den umgekehrten Weg einzuschlagen. „Ich dachte mir: Ich bin im Songschreiben bewandert genug, um erst die Instrumental-Tracks aufzunehmen – und dann die eigentlichen Songs dazu zu schreiben.“ Simon musste sich Kritik gefallen lassen, dass er dafür nach Südafrika reiste (damals noch wegen der Apartheid geächtet) und mit den besten Musikern aus den Townships zusammenarbeitete. Unterstützt vom quirligen Gitarristen Ray Phiri und der Vokalgruppe Ladysmith Black Mambazo kreierte Simon ein Album, das Isolation und Befreiung thematisierte und musikalisch den Rahmen dessen sprengte, was damals als World Music galt.
Copyright: Warner Brothers, 1986
Platz 70: Billy Joel – „The Stranger“
Bereits seit Mitte der Siebziger zeigte seine Karriere nach oben, aber erst mit seinem fünften Album hatte er sein Rezept gefunden: a bottle of red, a bottle of white und ein scharfes Auge für das Kolorit des New Yorker Alltags. Ob er nun über den kleinen Gauner in Little Italy singt („Moving Out (Anthony’s Song)“), die Femme fatale in „She’s Always A Woman To Me“ oder die Underdogs Brenda und Eddie von Long Island („Scenes From An Italian Restaurant“) – seine wundervoll erzählten Geschichten würzt der Piano-Man stets mit Humor und Mitgefühl. Für „Just The Way You Are“ bekam er sogar einen Grammy – und durfte sich obendrein darüber freuen, dass so ziemlich jede Hochzeitsparty-Combo den Song in ihr Repertoire aufnahm.
Copyright: Columbia, 1977
Platz 69: Led Zeppelin – „Led Zeppelin IV“
„Ich stecke viel Arbeit in meine Texte“, sagte Robert Plant 1975 dem ROLLING STONE. „Natürlich sind nicht alle meine Sachen künstlerisch so wertvoll, dass man sie unters Mikroskop legen sollte.“ Auf dem vierten Zeppelin-Album kontrastiert Plant die Schlüpfrigkeit von „Black Dog“ mit den elegischen Lyrics der epischen Ballade „Stairway To Heaven“, während Gitarrist Jimmy Page von der Blues-Apokalypse „When The Levee Breaks“ zur glühenden Little-Richard-Hommage „Rock & Roll“ springt und von da aus weiter zur mandolinenseligen „Battle Of Evermore“. Darüber sagte Page später: „Es klang wie eine ,Tanz-um-den-Maibaum‘-Nummer.“ Maibaum oder nicht: „Led Zeppelin IV“ war das Beste, was der Hardrock in den Siebzigern zu bieten hatte.
Copyright: Atlantic, 1971
Platz 68: Michael Jackson – „Off the Wall“
„Es waren die Balladen, die „Off The Wall‘ zu einem Michael-Jackson-Album machten“, sagte Jackson über sein fünftes Soloalbum, das vier Top-Ten-Singles abwarf und den Erfolg der Jackson 5 in den Schatten stellte. „Ich hatte schon mit meinen Brüdern Balladen aufgenommen, aber sie waren nie sonderlich begeistert davon und taten es wohl nur mir zuliebe.“ Auf „She’s Out Of My Life“ hört man sogar, wie er im Studio zusammenbricht und bittere Tränen vergießt. Aber es sind die unwiderstehlichen Dance-Tracks – von Jackson und Produzent Quincy Jones kunstvoll modelliert –, die Zeugnis davon ablegen, dass Disco seine Existenzberechtigung hat. „Don’t Stop ’til You Get Enough“ und „Rock With You“ bringen noch heute jede Party in Schwung.
Copyright: Epic, 1979
Platz 67: Radiohead – „Kid A“
„,Kid A‘ gab uns das Gefühl, als würde man einen dicken Radiergummi rausholen und von vorne anfangen“, sagte Thom Yorke im Oktober 2000 – genau in der Woche, in der ein Radiohead-Album erstmals Platz eins der US-Charts belegte. „Ich habe Probleme damit, den Weg, den wir eingeschlagen haben, noch als Rockmusik zu bezeichnen.“ Nichtsdestotrotz bleibt „Kid A“ das bahnbrechendste Rock-Album der Nullerjahre. Gerade als man glaubte, die Alternative-Helden der Neunziger würden die neuen U2 werden, schlugen sie einen Haken und lieferten ein gebrochenes, unkalkulierbares Anti-Opus ab. Electronica („Idioteque“) und Free-Jazz („The National Anthem“) zum Trotz: „Kid A“ verwandelt fremde Klänge in eine erstaunlich zugängliche Elegie.
Copyright: EMI, 2000
Platz 66: Van Morrison – „Moondance“
„Das war genau die Art von Band, die ich liebe“, sagte Van Morrison über die „Moondance“-Sessions: „zwei Bläser und eine Rhythmusgruppe.“ Morrison nahm diese Soul-Band-Besetzung und gab so großzügig Jazz, Blues, Poesie und irische Kindheitserinnerungen in den Mix. Songs wie „And It Stoned Me“, „Crazy Love“ oder „Caravan“ erinnern an lichtdurchflutete Träume. Im elegant swingenden Titelsong zerlegt Morrison die Worte geradezu – als suche er nach einer neuen Sprache für seine Gefühle. „Into The Mystic“, das Kernstück des Albums, liefert schon im Titel das passende Resümee: Es sind nächtliche Erleuchtungen und außerweltliche Visionen, die Van Morrison der Welt mit „Moondance“ zugänglich macht.
Copyright: Warner Brothers, 1970
Platz 65: Phil Spector – „Back To Mono (1958-1969)“
Als Bobby Hatfield von den Righteous Brothers erstmals „You’ve Lost That Lovin’ Feelin‘“ hörte, speziell den langen Solopart seines Partners Bill Medley, fragte er: „Aber was soll ich denn machen, wenn nur er die ganzen ersten Verse singt?“ Produzent Phil Spector antwortete: „Du kannst in der Zwischenzeit zur Bank gehen.“ Der Produzent als Künstler war Spectors Erfindung. Mit Streichern, Bergen von Percussion, Händeklatschen und jeder Menge Overdubs baute er seine „Wall of Sound“ und schuf einen monumentalen Teenage-Lust-Pop. In dieser Box befinden sich unter anderem „Be My Baby“ von den Ronettes, „A Fine, Fine Boy“ von Darlene Love und „Da Doo Ron Ron“ von den Crystals.
Copyright: ABKCO, 1991
Platz 64: The Rolling Stones – „Sticky Fingers“
Drummer Charlie Watts glaubt sich zu erinnern, dass „Sticky Fingers“ auf den Songs basierte, die Mick Jagger bei den Dreharbeiten zu „Ned Kelly“ in Australien schrieb. „Mick spielte plötzlich viel Gitarre, aber wenn er Rhythmus spielte, klang er wie die brasilianischen Gitarristen, die den Beat anders setzen – oder wie die Gitarre auf einem James-Brown-Track. Es machte Spaß, dazu Schlagzeug zu spielen.“ Auf „Sway“, „Can’t You Hear Me Knocking“ und „Moonlight Mile“ war es der neue Gitarrist Mick Taylor, der dem Stones-Sound neue Nuancen verlieh. „Brown Sugar“ wiederum ist ein klassischer Stones-Stampfer und zwei der besten Songs wurzeln im Country: „Wild Horses“ und „Dead Flowers“.
Copyright: Rolling Stones Records, 1971
Platz 63: U2 – „Achtung Baby“
Nachdem man jahrelang das Image der ernsten Rocker kultiviert hatte, nahmen U2 auf „Achtung Baby“ alles ein wenig lockerer. Mit den Produzenten Brian Eno und Daniel Lanois wurde in Berlin und Dublin ein Album aufgenommen, das windschlüpfrigen Rock mit pulsierenden Euro-Grooves verband. Sie klangen nicht mehr wie junge Männer, die auf alles eine Antwort wissen, sondern wie Erwachsene, die an ihren Zweifeln und Sehnsüchten schwer tragen. „Eigentlich ist es ein Etikettenschwindel“, sagte Bono 1992 dem ROLLING STONE. „Wir nannten es ,Achtung Baby‘ und kommen auf all den Fotos nicht mehr aus dem Grinsen raus. Dabei es war wahrscheinlich die heftigste Platte, die wir je gemacht haben.“ U2 klangen plötzlich menschlicher als je zuvor.
Copyright: Island, 1991
Platz 62: Guns N’ Roses – „Appetite For Destruction“
Das bestverkaufte Debütalbum aller Zeiten hatte mehr zu bieten als das Heulbojen-Organ von Axl Rose, dem einzigen bis heute verbliebenen Gründungsmitglied der Band. Gitarrist Slash steuerte Blues-Feeling und Punk-Energie bei, während die Rhythmussektion Titeln wie „Welcome To The Jungle“ und „Mr. Brownstone“ eine gehörige Portion Funk verpasste. Wenn all diese Elemente abgerufen wurden – wie in den letzten zwei Minuten von „Paradise City“ –, ließen Guns N’ Roses die anderen 80er-Metaller wie gefönte Pudel aussehen. Was auch Axl Rose nicht verborgen blieb: „Viele der Rockbands bestehen doch nur aus verdammten Warmduschern, die zu Gefühlen nicht fähig sind.“
Copyright: Geffen, 1987
Platz 61: Sly and the Family Stone – „Greatest Hits“
Sie kreierten ein musikalisches Utopia: Sly and the Family Stone waren eine Band aus schwarzen und weißen Musikern, die Funk und Rock mit lebensbejahenden Vibes kombinierten. Sly Stone, ihr Mastermind, scheute sich nicht, in „Thank You (Falettinme Be Mice Elf Agin)“ harten Funk mit Hippie-Psychedelia zu verschmelzen. Die „Greatest Hits“ umfassen gospelnahe Balladen („Everybody Is A Star“), Dance-Stücke („Everyday People“) und Ohrwürmer („Hot Fun In The Summertime“). Irgendwann entdeckte Stone, dass sein Utopia auch ein dunkles Ghetto besaß – und fand mit dem Album „There’s A Riot Going On“ eine brillante musikalische Form dafür.
Copyright: Epic, 1970
Platz 60: Captain Beefheart and His Magic Band – „Trout Mask Replica“
Beim ersten Hören klingt „Trout Mask Replica“ wie ein apokalyptischer Amoklauf durch den Blues. Don Van Vliet (alias Captain Beefheart) knurrt und grummelt und rezitiert Poesie zu chaotischen Gitarren-Splittern. Doch jede Note wurde im Vorfeld sorgfältig geplant: Um die Songs minutiös zu konstruieren, probte die Magic Band monatelang zwölf Stunden pro Tag – in einem Raum, dessen Fenster geschwärzt waren, um die kollektive Konzentration zu erhöhen. Das avantgardistische Geheul auf Stücken wie „Ella Guru“ und „My Human Gets Me Blues“ sollte moderne Primitive von Tom Waits bis PJ Harvey nachhaltig beeinflussen.
Copyright: Straight, 1969
Platz 59: Creedence Clearwater Revival – „Chronicle Vol. 1“
Zwischen 1968 und Anfang 1972 lieferten CCR 13 Top-40-Hits am Stück – noch immer das Nonplusultra für eine amerikanische Band. John Fogarty, Army-Reservist und Little-Richard-Fan, galt in der Ballroom-Scene von San Francisco als Populist, weil er Ohrwürmer wie „Down On The Corner“ und „Proud Mary“ schreiben konnte, die R&B und Boogie mit dem hippiesken Westcoast-Lifestyle vermählten. Textlich ging Fogarty dabei durchaus auch auf die sozialen Probleme der Zeit ein und attackierte den Vietnamkrieg in „Who’ll Stop The Rain“ oder die Klassengesellschaft in „Fortunate Son“. Diese Zusammenstellung beweist, wie man amerikanische Realität in zweiminütige Songs packen konnte.
Copyright: Fantasy, 1976
Platz 58: The Rolling Stones – „Beggars Banquet“
„Als wir zwischen 1964 und 1966 durch die USA tourten“, erinnerte sich Keith Richards, „hatte ich mir eine riesige Plattensammlung zugelegt, aber nie die Zeit gefunden, sie auch zu hören. Ende 1966, Anfang 1967 packte ich sie endlich aus und legte die Platten auf.“ Nach „Their Satanic Majesties Request“, ihrem psychedelischen Ausrutscher von 1967, war es Richards’ Plattensammlung, die die Stones wieder zu ihrer Version Amerikas zurückbrachte: Country auf „Dear Doctor“, Blues auf „Prodigal Son“ und der Sound der Protestmärsche auf „Street Fighting Man“. „Sympathy For The Devil“ war eine Hymne auf die Abgründe des menschlichen Herzens. Die Stones waren wieder zu ihren Wurzeln zurückgekehrt.
Copyright: Decca, 1968
Platz 57: Stevie Wonder – „Songs In The Key Of Life“
Bei den Aufnahmen zu diesem Album verbrachte Wonder oft 48 Stunden nonstop im Studio, aß nichts, schlief nicht, während alle Beteiligten damit kämpften, die Augen offenzuhalten. „Wenn ich einmal im Flow bin“, sagte er, „bleibe ich dran, bis der Höhepunkt erreicht ist.“ Der Flow war so ergiebig, dass er 21 Tracks ablieferte, die in ein Doppelalbum mit zusätzlicher EP verpackt wurden. Höhepunkte sind die aufgekratzten „Isn’t She Lovely“ und „Sir Duke“. Aber auch in Funk, Jazz und Afrobeat, ja selbst einem Menuett für ein Streich-Quartett demonstrierte Wonder sein außergewöhnliches Können. 19 Jahre später machte Coolio aus „Pastime Paradise“ die Nummer-eins-Single.
Copyright: Motown/Universal, 1976
Elvis Presley – „Elvis Presley“: Im November 1955 kaufte RCA Presleys Plattenvertrag mit Sun Records, inklusive der bisherigen Singles und unveröffentlichten Master. Es war das erste Rock’n’Roll-Album, das Platz eins der amerikanischen Charts belegte.
Copyright: RCA, 1956
Platz 55: The Jimi Hendrix Experience – „Electric Ladyland“
Sein drittes Album war das erste, das Hendrix selbst produzierte – ein fiebriger Traum aus extraterrestrischem Elektro-Soul, den er im New Yorker Record Plant aufs Band zu bannen versuchte. Hendrix verließ das Studio oft, um im Scene, einem Club um die Ecke, noch mit anderen Musikern zu jammen. „Voodoo Chile“, eine 15-minütige Live-im-Studio-Blues-Expedition mit Stevie Winwood an der Orgel und Jack Casady (Jefferson Airplane) am Bass, spiegelt diese Vorgehensweise wider. Neben psychedelischem Delta-Blues lieferte Hendrix aber auch das präzise, punktgenaue „Crosstown Traffic“ und eine spacige Version von Dylans „All Along The Watchtower“.
Copyright: Reprise, 1968
Platz 54: Ray Charles – „The Birth Of Soul: The Complete Atlantic Recordings“
Soul ist eine Kreuzung aus dem Himmelreich und der Latrine – Gospel und Blues zerren von beiden Seiten und streiten sich um die arme Seele. Ray Charles war so ziemlich der Erste, dem der Brückenschlag zwischen beiden Extremen gelang. Charles hielt sich mit Gigs in der Gegend von Seattle über Wasser, als Atlantic 1952 seinen Vertrag übernahm. In den nächsten sieben Jahren lieferte er eine geniale Single nach der anderen, von „What’d I Say“ bis „I Got A Woman“, die vom Gospel-Song „It Must Be Jesus“ abgekupfert war: Charles war der Erfinder der dreiminütigen Ekstase. Diese Box beinhaltet alle R&B-Aufnahmen, die er für Atlantic machte.
Copyright: Atlantic, 1991
Platz 53: The Beatles – „Meet the Beatles!“
Es war das erste Album, das amerikanische Beatlemaniacs kaufen konnten. Man bediente sich dafür an „With The Beatles“, dem zweiten Originalalbum, warf fünf Coverversionen über Bord und fügte drei neue Songs hinzu, unter anderem die Singles „I Want To Hold Your Hand“ und „I Saw Her Standing There“. Es war eine Vorgehensweise, die vielleicht den künstlerischen Intentionen der Beatles zuwiderlief, aber zweifellos in einem interessanten Album resultierte. Lennon und McCartney hatten als Songschreiber gerade einen Lauf. Und sie waren zu diesem Zeitpunkt noch ein echtes Team. „I Want To Hold Your Hand“ schrieben sie zusammen am Klavier im Haus von Jane Asher, McCartneys damaliger Freundin.
Copyright: EMI, 1964
Platz 52: Al Green – „Greatest Hits“
Die Musik, die Al Green und Produzent Willie Mitchell in Memphis aufnahmen, sollte zu der intuitivsten Soulmusic der 70er Jahre zählen. „In Memphis folgt man einfach seinem Gefühl“, sagte Green 1972 dem ROLLING STONE. „Es gibt hier kein modernes, mondänes Studio mit dickem roten Teppich. In Memphis geht man einfach irgendwo rein und haut einen inspirierten Soul-Jam raus.“ Mit Mitchell und kongenialen Mitstreitern wie Drummer Al Jackson Jr. im Rücken erwies sich Green als der geborene Album-Künstler, der Herz-&-Schmerz-Klassiker wie das 73er Album „Call Me“ aus dem Ärmel schüttelte. Doch auch diese Compilation klingt wie ein homogenes Album, mit Hits wie „Let’s Stay Together“, „I’m Still In Love With You“ und „Tired Of Being Alone“.
Copyright: Hi, 1975
Platz 51: Simon and Garfunkel – „Bridge Over Troubled Water“
Auf ihrem fünften und letzten Studioalbum gingen die Wege von Paul Simon und Art Garfunkel auseinander: Simon arbeitete an dem Album, während sich Garfunkel in Mexiko aufhielt, wo er mit einer Rolle in „Catch-22“ seine Leinwand-Karriere forcieren wollte; Garfunkel legte gegen Simons „Cuba Sí, Nixon No“ ein Veto ein, während Simon Garfunkels Vorschlag torpedierte, einen Bach-Choral aufzunehmen. Das Album aber zeigte noch einmal die Früchte ihrer Partnerschaft – in spröden, ironisch gebrochenen Songs wie „The Boxer“, deren engelsgleiche Harmonien wie akustischer Balsam klingen. Der Titelsong wurde allerdings von Garfunkel alleine gesungen.
Copyright: Columbia, 1970
Platz 50: Little Richard – „Here’s Little Richard“
„Ich kam aus einer Familie, in der man für Rhythm & Blues kein Verständnis hatte“, sagte Little Richard dem ROLLING STONE 1970. „Bing Crosby, ,Pennies From Heaven‘ oder Ella Fitzgerald war alles, was ich zu hören bekam. Aber ich wusste, dass es etwas geben musste, das lauter war. Ich wusste nur nicht, wo ich suchen sollte. Bis ich erkannte, dass ich selbst es war.“ Richards wüstes Debütalbum vereinte Singles wie „Rip It Up“ und „Long Tall Sally“, die mit ihrem Boogie-Woogie-Piano und den spitzen Falsett-Schreien dem Rock’n’Roll völlig neue Dimensionen erschlossen. „Tutti Frutti“ enthält obendrein die wohl inspiriertesten Textzeilen, die je aufgenommen wurden: „A wop bop alu bop, a wop bam boom.“
Copyright: Specialty, 1957
Platz 49: The Allman Brothers Band – „At Fillmore East“
Das wohl größte Live-Doppelalbum aller Zeiten dokumentiert nicht nur die improvisatorische Klasse der Band, sondern auch ihr einmaliges Talent, das Publikum in ihre Jams miteinzubeziehen. „Es schien irgendwie mitzuspielen“, sagte Sänger und Keyboarder Gregg Allman über die Konzerte vom März 1971. Das atemberaubende Gitarren-Tandem mit Duane Allman und Dicky Betts befand sich in Höchstform und verschmolz in Songs wie „Whipping Post“ und „In Memory Of Elizabeth Reed“ Blues und Jazz mit spielerischer Leichtigkeit. Doch ihre telepathische Kommunikation wurde abrupt unterbrochen: Drei Monate nach der Veröffentlichung kam Duane bei einem Motorradunfall ums Leben.
Copyright: Capricorn, 1971
Platz 48: Public Enemy – „It Takes A Nation Of Millions To Hold Us Back“
Laut, fies, funky, avantgardistisch, politisch, urkomisch – das brillante zweite Album der Band ist alles zusammen. Chuck D bellt seine verzwickten Reime heraus und orientiert sich dabei an dem abgehackten Duktus amerikanischer Sportreporter, während sein Sidekick Flavor Flav für die komischen Momente sorgt. Die Bomb Squad, das eigene Produktionsteam, liefert dazu vielschichtige, hypnotische Jams, die sie manchmal mit heulenden Sirenen würzen. „Bring The Noise“ macht seinem Titel alle Ehre. „Wenn man meine Musik noise nennt“, so Chuck D, „dann kann ich nur sagen: Na gut – I’m bringing more noise.“
Copyright: Def Jam, 1988
Platz 47: John Coltrane – „A Love Supreme“
Im Jahre 1957 traf der Saxofonist zwei wichtige Entscheidungen: Coltrane trennte sich von seinem Arbeitgeber Miles Davis, schloss sich Thelonious Monks Band an und erschloss sich mit seinen langen, ekstatischen Soli neue Horizonte. Zum Zweiten trennte er sich vom Heroin – was sich als elementarer Schritt zu einem spirituellen Neubeginn erweisen sollte, von dem der legendäre, hymnische Titelsong Zeugnis ablegt. Es war transzendentale Musik, die nicht zufällig mit dem Höhepunkt der Bürgerrechtsbewegung zusammenfiel. Coltranes majestätisches, oft mit physischer Intensität gespieltes Saxofon war aber nie Selbstzweck. Es waren tief empfundene Dankbarkeit und schiere Freude, die seinem Spiel Flügel verliehen.
Copyright: Impulse, 1964
Platz 46: Bob Marley And The Wailers – „Legend“
„Reggae ist zu simpel für amerikanische Musiker“, sagte Marley einmal. „Du musst in dieser Musik leben und wissen, warum du sie spielen willst. Man spielt sie nicht, weil man glaubt, damit eine Million verdienen zu können.“ Sinnigerweise war es gerade dieses Greatest Hits-Album, das sich auf der ganzen Welt millionenfach verkaufte. Es beinhaltet alles, was Marley auszeichnete: sein nuanciertes Songwriting, seine politische Botschaft und sein Talent, jamaikanischen Rhythmus und die Spiritualität der Rastas zu einer universellen Message zu formen. Die Pistolero-Ballade „I Shot The Sheriff“, das beruhigend wiegende „No Woman No Cry“ und der hehre Schwur des „Redemption Songs“ sind dafür eindrucksvolle Beispiele.
Copyright: Island, 1984
Platz 45: The Band – „The Band“
Zu vier Fünfteln stammte The Band aus Kanada (nur Drummer Levon Helm kam aus Arkansas), doch auf ihrem zweiten Album drehte sich alles um Amerika. Die Songs von Gitarrist Robbie Robertson ließen die Pionier-Tage wieder auferstehen („Across The Great Divide“), den Bürgerkrieg („The Night They Drove Old Dixie Down“), reflektierten aber auch den heiklen Zustand der Nation in den 60er Jahren. Die druckvollen Keyboards von Garth Hudson und Helms polterndes Schlagzeug zeugen von langen Jahren on the road, doch Robertsons Geschichten erwecken eigentlich erst richtig zum Leben durch Helms knorrige Stimme, Rick Dankos glockenhellen Tenor und Richard Manuels ätherischen Schmelz.
Copyright: Capitol, 1969
Platz 44: Patti Smith – „Horses“
„Jesus died for somebodys’s sins, but not mine“, singt sie trotzig im gewagten Remake des Them-Klassikers „Gloria“. Es ist der Einstieg in ein Album, das sich offen zur Meuterei bekennt, aber den Glauben an die transformierenden Kräfte des Rock’n’Roll nicht verliert. „Horses“ machte Patti Smith zur Königin des Punk, bevor Punk überhaupt existierte, doch sie war mehr daran interessiert, den Rock für die Poesie zu öffnen. Sie suchte nach Visionen, die Keith Richards und Arthur Rimbaud miteinander verbanden – und fand sie mit Hilfe ihrer Band (Pianist Richard Sohl, Gitarrist Lenny Kaye, Bassist Ivan Kral und Drummer Jay Dee Daugherty) und ihres Freundes Robert Mapplethorpe, der auch das ungeschönte, wundervolle Cover-Porträt machte.
Copyright: Arista, 1975
Platz 43: Pink Floyd – „The Dark Side Of The Moon“
„Ich denke, jedes Album war ein Schritt in Richtung ,Dark Side Of The Moon‘“, sagte Keyboarder Rick Wright. „Wir sogen alles in uns auf – wie man im Studio aufnahm und wie man bessere Songs schrieb.“ Bevor sie ins Studio gingen, waren sie monatelang mit dem Material durch England getourt. Es war der Höhepunkt ihrer spacigen Klang-Expeditionen, die sie Anfang der 70er Jahre forciert hatten. Im Studio aber setzten sie Roger Waters’ Visionen vom alltäglichen Wahnsinn punktgenau um, sei es mit melodischer Präzision („Breathe“, „Us And Them“) oder filmischer Grandeur (Clare Torrys Gast-Arie in „The Great Gig In The Sky“). „Dark Side“ ist jedenfalls eines der bestproduzierten Alben aller Zeiten.
Copyright: EMI, 1973
Platz 42: The Doors – „The Doors“
Nachdem sie als Hausband in L.A.’s Whisky a Go Go zunächst gefeiert, dann aber gefeuert worden waren, waren die Doors willens, ihren poetischen Rock, oft von Ray Manzareks Orgel dominiert, der ganzen Welt vorzustellen. Die dunkelvisionäre Pop-Art des Debüts fand bei kommerzieller orientierten Hörern zunächst allerdings wenig Anklang. Doch die Doors trafen auf eine Goldader, als sie einen längeren Jam von „Light My Fire“ auf Single-Länge komprimierten. Robbie Krieger hatte den Song geschrieben, nachdem Jim Morrison von seiner Band einen Song mit einem universellen Thema gefordert hatte.
Copyright: Elektra, 1967
Platz 41: The Sex Pistols – „Never Mind The Bollocks, Here’s The Sex Pistols“
„Wenn sich die Sessions so entwickelt hätten, wie ich mir das vorgestellt hatte, wäre das Album für die meisten Leute ungenießbar gewesen“, sagte Johnny Rotten. „Will man, dass die Leute zuhören, muss man schon Kompromisse machen.“ Aber dieses Gefühl teilten damals die wenigsten. Das einzige Studioalbum der Sex Pistols schien alles einstampfen zu wollen, was der Rock’n’Roll bisher auf die Beine gestellt hatte. „Never Mind …“ war die Bergpredigt des Punk – und ihr Echo hallt noch immer nach.
Copyright: Virgin, 1977
Platz 40: Love – „Forever Changes“
„Als ich das Album aufnahm“, so Sänger Arthur Lee, „stellte ich mir vor, dass ich in diesem Moment sterben würde – dass das also meine letzten Worte sein würden.“ Lee sollte das Album allerdings noch bis in die Nuller Jahre live spielen. Das dritte Album der Band aus L.A. war wüst und witzig und eine echte Pioniertat. Mit orchestralem Flair und Mariachi-Bläsern wurde das Folkrock-Fundament zu einem eleganten Armageddon umgestaltet. Ende der 90er Jahre verbrachte Lee eine Zeit hinter Gittern. Zurück in der Freiheit, gab er den Zeilen des Songs „Live And Let Live“ eine besondere Bedeutung: „Served my time, served it well.“
Copyright: Elektra, 1967
Platz 39: The Beatles – „Please Please Me“
Zehn der 14 Songs ihres Debütalbums nahmen die Beatles am 11. Februar 1963 in gut zwölf Stunden auf. Allein schon was Effizienz betrifft, ist es eins der größten Alben der Rock-Geschichte. Sie hatten zu diesem Zeitpunkt bereits einen brachialen Sound entwickelt, einen Frontalangriff aus vibrierender Energie und perfekten Gesangsharmonien: Ob es nun Coverversionen wie „Boys“ von den Shirelles waren oder aber Lennon-McCartney-Klopfer wie „There’s A Place“ und „I Saw Her Standing There“, spielte dabei keine Rolle. Es passte ins Bild, das sich Lennon am Ende der eintägigen Session John Lennon das Hemd vom Körper riss und mit einer letzten Energieleistung seinen geschundenen Stimmbändern zwei Takes von „Twist And Shout“ entlockte.
Copyright: Parlophone, 1963
Platz 38: Muddy Waters – „The Anthology“
McKinley Morganfield alias Muddy Waters spielte zunächst akustischen Delta-Blues in Mississippi. Als er 1943 nach Chicago zog, brauchte er eine elektrische Gitarre, um sich in den lärmenden Bars der South Side überhaupt noch Gehör verschaffen zu können. Der Sound, den er dabei entwickelte, sollte das Fundament des Chicago Blues – wie auch des Rock’n’Roll sein: Der fette, fließende Klang seiner Slide-Gitarre nahm vieles von der Verzerrung vorweg, den die Rock-Gitarristen 20 Jahre später für sich reklamieren sollten. Jimi Hendrix wählte Waters’ „Rollin’ Stone“ als Vorlage für „Voodoo Chile“, Bob Dylan fand hier Anregungen für „Like A Rolling Stone“ – und Mick Jagger und Keith Richards benannten ihre Band danach.
Copyright: Chess/MCA, 2001
Platz 37: The Eagles – „Hotel California“
Wie es sich für perfektionistische Hollywood-Cowboys gehört, verbrachten die Eagles acht Monate im Studio, um immer wie- der an ihren Aufnahmen zu polieren. „Wir haben uns sprichwörtlich eingeschlossen“, erinnerte sich Don Henley. „Wir hatten einen Kühlschrank, eine Tischtennisplatte, Rollerskates und ein paar Feldbetten. Wir gingen ins Studio und kamen zwei, drei Tage lang nicht wieder raus.“ Nachdem Gitarrist Joe Walsh Bernie Leadon ersetzt hatte, verabschiedete sich die Band vom klassischen Country-Rock und schlug härtere Töne wie in „Life In The Fast Lane“ an. Das bedrückende „New Kid In Town“ thematisiert die Vergänglichkeit des Ruhms, während das Titelstück von der damaligen Dekadenz der Rock-Aristokratie handelt.
Copyright: The Eagles Asylum, 1976
Platz 36: Carole King – „Tapestry“
Fast zehn Jahre lang schrieb Carole King zusammen mit ihrem damaligen Ehemann Gerry Goffin „Brill Building“-Pop: Little Evas „The Loco-Motion“ etwa oder „Pleasant Valley Monday“ für die Monkees. Es war ihr Freund James Taylor, der sie ermunterte, ihre Songs doch lieber selbst zu singen. Sie nahm eine langsamere, ätherische Version von „Will You Love Me Tomorrow“ auf (1960 ein Hit für die Shirelles), gab mit ihrer warmen, unprätentiösen Stimme „So Far Away“ und „It’s Too Late“ eine neue, tief empfundene Melancholie oder verzauberte „I Feel The Earth Move“ mit schierer, natürlicher Lebensfreude. „Tapestry“ war für King ein Neubeginn und lieferte zugleich das Strickmuster für die weiblichen Singer-Songwriter der 70er Jahre.
Copyright: Ode, 1971
Platz 35: David Bowie – „The Rise And Fall Of Ziggy Stardust And The Spiders From Mars“
Das Album dokumentiert eines der gewieftesten Selbst-Mythologisierungs-Manöver in der Geschichte der Rockmusik: David Bowie schlüpfte in die Rolle seines glitzernden, messianischen Alter Egos Ziggy Stardust. Der Glam-Rock, den Ziggy und Gitarrist Mick Ronson dann auf Tracks wie „Hang On To Yourself“ und „Suffragette City“ zelebrieren, ist eine geniale Mischung aus affektiert-tuntigem Pop und Blues- Drive, das hymnische „Ziggy Stardust“ eine der frühen Power-Balladen. „Ich vermute, dass ich für eine ganz neue Schule von Rollenspielen verantwortlich bin“, sagte Bowie damals.
Copyright: RCA, 1972
Platz 34: The Band – „Music From Big Pink“
„Big Pink“ war ein pinkfarbenes Haus in Woodstock, New York, wohin The Band – Dylans Tour-Begleitung in den Jahren 1965/66 – gezogen war, um sich nach dessen Motorradunfall in Dylans Nähe zu befinden. Während er wieder auf die Beine kam, spielten sie mit ihm die Demos ein, die später als „Basement Tapes“ bekannt wurden, aber auch ihr eigenes Debüt. Dylan bot sich an, auf dem Album mitzuwirken, aber die Band winkte dankend ab. „Wir wollten nicht nur sein Anhängsel sein“, sagte Drummer Levon Helm. Dylan gab ihnen allerdings den Song „I Shall Be Released“. Aber es war der rustikale Charme ihrer Musik, auch das Reflektieren über Familien und Verpflichtungen, die „Big Pink“ zum Klassiker machten.
Copyright: Capitol, 1968
Platz 33: Ramones – „Ramones“
„Unsere frühen Songs waren wirklich Aus- druck unserer eigenen Isolation und Frustration – das Gefühl, das jeder zwischen 17 und 75 einmal kennenlernt“, sagte Sänger Joey Ramone. Mit seinen gerade mal 28 Mi- nuten ist „Ramones“ ein Affront gegen die ornamentale Künstlichkeit, die im Rock der Siebziger immer weiter um sich gegriffen hatte. Die Songs sind kurz, schnell und pampig – genau wie die Ramones selbst: „Beat On The Brat“, „Blitzkrieg Bop“, „Now I Wanna Sniff Some Glue“. Gitarrist Johnny Ramone weigerte sich, Soli zu spielen – seine Dampfhammer-Akkorde wurden das Vokabular des Punks. Doch zwischen all der nihilistischen Rotzigkeit bewies Joeys „I Wanna Be Your Boyfriend“, dass selbst Punks nicht ganz ohne Liebe auskommen.
Copyright: Sire, 1976
Platz 32: The Rolling Stones – „Let It Bleed“
Das Torten-Album eröffnet mit dem beklemmenden „Gimme Shelter“, jenem Song, der nicht nur das Fiasko auf ihrem Konzert in Altamont symbolisierte, sondern auch das Ende der an Utopien so reichen Sixties. Durch das Album zieht sich die Spur der Apokalypse: in der sexbesessenen Verzweiflung von „Live With Me“, im mörderischen Blues „Midnight Rambler“, in Keith Richards’ giftiger Gitarre auf „Monkey Man“, aber auch im Moralismus von „You Can’t Always Get What You Want“, das Jagger in seinem Schlafzimmer schrieb und später mit Honky-Tonk-Piano und einem gewaltigen Chor aufblies. Jemand hatte empfohlen, den London Bach Choir dafür zu engagieren, und die Band machte sich einen Jux daraus.
Copyright: London, 1969
Platz 31: Bob Dylan – „Bringing It All
Back Home“
„Es ist kompliziert, mit Elektrizität zu spielen“, sagte Dylan im Sommer 1965. „Man hat es plötzlich mit anderen Leuten zu tun. Und die, die Rock’n’Roll nicht mögen, haben meistens keinen Draht zu diesen anderen Leuten.“ Auf der ersten Seite dieser musikalischen Pioniertat dreht Dylan den Verstärker voll auf, um seinen kryptischen, provokanten Texten einen größeren Nachdruck zu geben. „Subterranean Homesick Blues“ und „Maggie’s Farm“ sind laut, ätzend und unglaublich lustig. Auf der zweiten LP-Seite kehrt Dylan wieder zur Akustik-Gitarre zu- rück und präsentiert vier exzellente Songs, darunter das bitterböse „It’s Alright, Ma (I’m Only Bleeding)“ und die Ballade „It’s All Over Now, Baby Blue“.
Copyright: Columbia, 1965
Platz 30: Joni Mitchell – „Blue“
„Auf dem ,Blue‘-Album wird man nicht eine unehrliche Note finden“, sagte Mitchell dem ROLLING STONE 1979. „Zum damaligen Zeitpunkt waren alle meine Abwehrmechanismen außer Kraft. Ich fühlte mich wie die Zellophanverpackung einer Zigarettenschachtel. Ich hatte den Eindruck, als könne ich nichts vor der Welt verbergen, als könne ich mir beim besten Willen nicht einreden, stark oder glücklich zu sein.“ „Blue“ ist viel- leicht das ultimative Trennungsschmerz-Al- bum und Mitchells überzeugendste musikalische Leistung. Stephen Stills und James Taylor gehen ihr gelegentlich zur Hand, aber in „California“, „Carey“, „This Flight Tonight“ und im erschütternden Titelsong klingt Mitchell in ihrer Melancholie mutterseelenallein.
Copyright: Reprise, 1971
Platz 29: Led Zeppelin – „Led Zeppelin“
Auf ihrem ersten Album waren Led Zeppelin noch damit beschäftigt, ihren eigenen Sound zu finden und sich von den wüsten Rave-ups der Yardbirds, Jimmy Pages früherer Gruppe, zu verabschieden. Doch schon von Anfang an kreierte die Band eine erstaunlich runde Mischung aus Pages lyrischer Gitarre, Robert Plants markerschütterndem Heulen und der Gerölllawine, die John Paul Jones und John Bonham mit ihrem harten Boogie lostraten. Im Kern sind hier schon alle Qualitäten vorhanden, die Led Zeppelin in den Siebzigern ausspielen sollten: knüppelharter Rock („Communication Breakdown“), donnernde Power-Balladen („Your Time Is Gonna Come“) oder psychedelischer Folk-Blues („Babe I’m Gonna Leave You“).
Copyright: Atlantic, 1969
Platz 28: The Who – „Who’s Next“
Er habe einen Nervenzusammenbruch gehabt, verriet Pete Townshend, als nach der Rock-Oper „Tommy“ sein nächstes nicht minder ambitioniertes Projekt namens „Lifehouse“ nicht realisiert werden konnte. Doch immerhin hatte er einen Sack voll neuer Songs, an denen The Who solange feilten, bis daraus ihr bestes Studioalbum wurde. „Won’t Get Fooled Again“, „Bargain“ und „Baba O’Riley“ vermitteln eine majestätische Atmosphäre, die oft genug mit ein paar Synthie-Tupfern verfeinert wird. „Ich mag Synthesizer“, sagte Townshend, „weil sie mir Sachen in die Hand geben, zu denen ich normalerweise nicht befähigt bin: der Klang eines Orchesters, Waldhörner, Streicher… Man drückt einen Knopf, und schon läuft es wie von selbst.“
Copyright: Decca, 1971
Platz 27: U2 – „The Joshua Tree“
„Amerika ist für eine Menge Iren das gelobte Land“, sagte Bono dem ROLLING STONE. „Ich stehe in einer langen Tradition von Iren, die diesen Trip gemacht haben.“ Auf ihrem fünften Studioalbum tauchte die Band in die Mythologie Amerikas ein, während The Edge das digitale Delay für sich entdeckte und seine vertrauten Arpeggios in einen wabernden Hall verwandelte. Einer der bewegendsten Songs ist „Running To Stand Still“, eine reduzierte Slide-Gitarren-Ballade über die Heroinsucht, doch zum großen Teil gelingt es der Band, Sinnsuche und politische Positionen in mitsing- bare Stadionhymnen zu kleiden. Man höre zum Beweis „Where The Streets Have No Name“ oder „I Still Haven’t Found What I’m Looking For“.
Copyright: Island, 1987
Platz 26: Fleetwood Mac – „Rumours“
Mit „Rumours“ transformierten Fleetwood Mac ihre privaten Probleme in gefällige, unwiderstehliche Melodien: Die beiden Paare in der Band – Bassist John und Keyboarderin Christine McVie waren verheiratet, Gitarrist Lindsay Buckingham und Sängerin Stevie Nicks nicht – trennten sich im Laufe der langwierigen Aufnahmen gerade von- einander. Was wiederum der Hintergrund war für emotional aufgeladene Songs wie Buckinghams „Go Your Own Way“, Nicks’ „Dreams“, McVies „Don’t Stop“ und das gemeinsam geschriebene „The Chain“, das ebenfalls Verlust und Trennung thematisiert. Das stieß auf viele offene Ohren: „Rumours“ war in den 70er Jahren im Radio all- gegenwärtig und ist das siebterfolgreichste Studioalbum der Popgeschichte.
Copyright: Warner Brothers, 1977
Platz 24: Stevie Wonder – „Innervisions“
Seine ambitionierten musikalischen Experimente und tief empfundenen Einblicke in die menschliche Natur machten „Innervisions“ zu einer komplexen, aber nie selbst- verliebten Suche nach dem eigenen Ich. Gesellschaftlicher Realismus und individueller Idealismus sind die Fundamente, die Wonder mit unwiderstehlichem Funk und expressiven Klangfarben zum Leben erweckt. „Too High“ ist eine Warnung vor den Folgen des Drogen-Konsums, „Higher Ground“ reflektiert die Visionen eines Martin Luther King. Doch das Herzstück des Albums ist „Living For The City“, das soziale Ausbeutung und Ungerechtigkeit mit großer Intensität geradezu plastisch vor Augen führt. „Innervisions“ ist Wonders innovationsfreudigstes Album.
Copyright: Tamala Motown, 1973
Platz 23: John Lennon – „Plastic Ono Band“
Man nannte es auch das „Primal Scream“- Album, da sich Lennon zu dieser Zeit einer quälenden Psychotherapie unterzog, die sich unmittelbar in den Songs niederschlug. „Plastic Ono Band“ war Lennons erstes eigentliches Soloalbum und die wohl radikalste Nabelschau, die im Rahmen der Rockmusik je veröffentlicht worden ist. Lennon beschimpfte alle nur erdenklichen Idole und Ikonen, darunter auch seine einstige Band („I don’t believe in Beatles“), und nahm mit der Garagen-Rock-Ästhetik einiger Stücke den Punk um Jahre vorweg. In „Mother“ verarbeitete er die Entbehrungen seiner Kindheit und verkniff sich in „Working Class Hero“ mit Mühe und Not noch wüstere Beleidigungen: „You’re still fucking peasants as far as I can see.“
Copyright: EMI, 1970
Platz 22: Robert Johnson – „The Complete Recordings“
„Du willst wissen, wie gut der Blues sein kann?“, fragte Keith Richards. „Nun, hier ist die Antwort.“ Der fragliche Blues-Meister war Robert Johnson, der von 1911 bis 1938 im Mississippi-Delta lebte und seiner Gitarre so Erstaunliches entlockte, dass unweigerlich die Legenden sprossen, er habe an den Crossroads seine Seele dem Teufel verkauft. Johnson nahm in zwei Aufnahmesessions nur insgesamt 29 Songs auf, aber ihr inzwischen verblassendes Feuer strahlte über Jahrzehnte in die Zukunft und inspirierte so ziemlich jeden – von Chicago Blues- Initiator Elmore James bis zu britischen Blues-Adepten wie den Rolling Stones oder Eric Clapton. Alle Aufnahmen sind auf diesem Album vereint.
Copyright: Columbia, 1990
Platz 21: Chuck Berry – „The Great Twenty-Eight“
In der zweiten Hälfte der Fünfziger veröffentlichte Chuck Berry eine Reihe von Singles, die den Sound und den Geist des Rock’n’Roll definieren sollten. „Maybellene“, ein schneller Countryrocker über das Rennen zwischen einem Ford und einem Cadillac, machte den Anfang – und ein Hammer folgte auf den anderen, vorangetrieben von Berrys Country-Blues-Stakkato auf der Gitarre: „Roll Over Beethoven“, „School Days“, „Rock And Roll Music“, „Sweet Little Sixteen“, „Johnny B. Goode“, „Back In The USA“. Was war sein Geheimnis? „Das Rückgrat meines Beat ist Boogie“, erläuterte der Meister, „und die Muskeln meiner Musik sind Melodien, die alle ganz simpel sind.“
Copyright: Chess, 1982
Platz 20: Michael Jackson – „Thriller“
Michael Jackson dominierte die Achtziger so, wie Elvis die Fünfziger geprägt hatte. Das R&B-Wunderkind war zum Technicolor-Soulman gereift, der als Sänger, Tänzer und Songschreiber ein unvergleichliches Gespür fürs Crossover besaß. Zusammen mit Produzent Quincy Jones hatte er 1979 mit „Off The Wall“ das Modell einer Wundertüte entwickelt, in der Pop-Hooks und Dance-Beats zu einer explosiven Mischung verschmolzen. Mit „Thriller“ gaben die beiden ihrem Mix noch mehr Glamour („The Girl Is Mine“), noch mehr Drama („Thriller“), noch mehr Funk. Doch am eindrucksvollsten waren das wütende Dementi von „Billy Jean“ und die Kampfansage gegen die mediale Gerüchteküche in „Wanna Be Startin’ Somethin’“.
Copyright: Epic, 1982
Platz 19: Van Morrison – „Astral Weeks“
Van Morrison klang nie wärmer, nie ekstatischer, nie sinnlicher und sensibler als auf seinem rätselhaft ätherischen Solo-Debüt. Beflügelt vom Erfolg von „Brown Eyed Girl“ und einem neuen Vertrag mit dem künstlerfreundlichen Warner-Label, erforschte er hier das ganze Spektrum sein- er Stimme, versuchte sich an lyrischen Scat-Improvisationen oder vertonte traumähnliche Erinnerungen an seine Heimat Belfast mit mäandernden Melodien, die sich gleichermaßen bei R&B und keltischer Musik bedienten. Die Magie wurde komplettiert durch das begnadete Jazz-Quintett, das Produzent Lewis Merenstein zusammengestellt hatte, um Morrisons ahnungsvollen Andeutungen die adäquate Grundierung zu geben.
Copyright: Warner Brothers, 1968
Platz 18: Born To Run Bruce Springsteen
Springsteen setzte alles ein, was er hatte – Geduld, Energie, Studiozeit und die Gesundheit seiner E Street Band, um sein Meisterwerk doch noch zu vollenden. Allein im Titeltrack finden sich Dutzende von Overdubs. „Das Album wurde zum Monster“, erinnerte sich Springsteen. Aber bei der zähen Produktion seines dritten Albums sah er sich selbst mit dem zentralen Thema seiner Musik konfrontiert: dem ständigen Ringen, die großen Träume mit der Realität in Einklang zu bringen. Bei dem Versuch, die Dynamik seiner Bar-Gigs in New Jersey, die Grandeur von Phil Spector und das Melodrama von Roy Orbison im Studio zu reproduzieren, biss er sich lange die Zähne aus, doch seiner verbissenen Detailliebe verdanken wir ein zeitloses Album.
Copyright: Columbia, 1975
Platz 17: Nirvana – „Nevermind“
Es war die Erfolgsgeschichte der 90er Jahre: Nirvanas zweites Album, angetrieben von der Single „Smells Like Teen Spirit“, kroch aus den Kellern von Seattles aufkeimender Grunge-Szene und fegte Michael Jackson mühelos von der Spitze der Charts. Der „Hair-Metal“, in den Jahren zuvor das große Kommerz-Thema, wurde gleich mit in den Orkus gestürzt. Kein Album der letzten 20 Jahre hatte eine derartige Wirkung auf eine Generation, was schließlich zur Selbstzerstörung von Nirvanas kreativem Kopf beitragen sollte: Die Last des Ruhms lag so schwer auf Kurt Cobains Schultern, dass er sich 1994 das Leben nahm. Doch seine peitschenden Riffs, sein giftiger Gesang und seine kryptischen Texte, gekoppelt mit der Zeppelin-trifft-Pixies-Dampfwalze von Bassist Krist Novoselic und Drummer Dave Grohl, brachten die ehrliche Wut zurück in den Rock’n’Roll. Textlich versteckte Cobain sein auf- gewühltes Inneres hinter mehrdeutigen Chiffren; sein eigentliches Genie bestand darin, eine Spannung zwischen laut und leise, Vers und Refrain, Zurückhaltung und Aggression zu generieren, die Songs wie „Lithium“, „Breed“ oder „Teen Spirit“ so mitreißend machte. Im Grunde seines Herzens aber liebte Cobain Pop, nicht zuletzt auch die Beatles. „Nevermind“-Produzent Butch Vig erinnert sich daran, dass Cobain während der Aufnahmen immer wieder Lennons „Julia“ gehört habe. Seine Glaubwürdigkeit als Underground-Musiker lag ihm allerdings nicht minder am Herzen. Auch wenn er damit letztlich auf verlorenem Posten stand.
Copyright: Geffen, 1991
Platz 16: Bob Dylan – „Blood On The Tracks“
Als er „Tangled Up In Blue“, den Eröffnungssong des Albums, einmal auf der Bühne vorstellte, sagte Dylan, es habe ihn zehn Jahre gekostet, den Song zu leben – und zwei Jahre, ihn zu schreiben. Es war ein offenkundiger Hinweis auf seine privaten Probleme – die Scheidung von Sara Lowndes –, die zumindest teilweise das beste Dylan-Album der 70er Jahre inspirierten. Genau genommen schrieb er den gesamten Zyklus dieser scharfzüngigen Songs in zwei Monaten Mitte 1974. Er war so stolz auf das Material, dass er es Freunden und Kollegen vorab vorstellte – von Mike Bloomfield über David Crosby bis zu Graham Nash. Im September nahm er es innerhalb einer Woche mit der Bluegrass-Band Deliverance auf – doch als er es im Dezember seinem Bruder David in Minneapolis vorspielte, regte der an, einige Songs mit lokalen Musikern neu einzuspielen. Das endgültige Album war dann eine Mischung aus den gemächlichen, nachdenklichen New Yorker Sessions und den schnelleren, ungestümeren Minneapolis-Aufnahmen. Zusammen lieferten sie einige von Dylans leidenschaftlichsten, intimsten Songs – von der Trennungs-Ballade „If You See Her, Say Hello“ bis zur bissigen Beschimpfung in „Idiot Wind“. „Es fällt mir schwer zu verstehen, warum die Leute diese Art von Tortur so lieben“, sagte Dylan, nachdem sich das Album umgehend als großer Erfolg erwies. Aber er hatte Pein in musikalisches Gold verwandelt.
Copyright: Columbia, 1975
Platz 15: The Jimi Hendrix Experience – „Are You Experienced?“
Genau so klang London zu Beginn des Jahres 1967: psychedelischer Blues, aufeinandergetürmtes Gitarren-Feed- back und die kosmische Vision eines amerikanischen Exilanten namens Jimi Hendrix. Es war der ehemalige Animals-Bassist Chas Chandler, der ihn nach London lotste, nachdem Hendrix mit seinen New Yorker Auftritten als Backing-Gitarrist in eine Sackgasse geraten war. Er kam im September 1966 an, stellte seine Begleitband mit Bassist Noel Redding und Bas-ist Mitch Mitchell zusammen – und nahm in nur wenigen Wochen sein epochales Debüt auf, das auch 45 Jahre später noch immer das innovativste und ausdrucksstärkste Gitarren-Al- bum der Rock-Geschichte ist. Hendrix’ explosives Spiel – geprägt auf langen Tourneen mit Little Richard und den Isley Brothers Anfang der 60er Jahre, aber auch von seiner Vorliebe, Feedback melodisch in einen Song zu inte- grieren Ω war ein Novum. Doch es waren ruhige Songs wie „Manic Depression“ und „The Wind Cries Mary“, die der Psychedelia den Weg wiesen. Hendrix selbst sagte, es sei „ein Album mit grenzenlosem Gefühl und Fantasie. Auf die Freiheit der Fantasie kommt es an.“ „Purple Haze“, das angeblich einen LSD-Trip wieder- gab, „hatte mit Drogen überhaupt nichts zu tun“, betonte er. „Es ging um einen Traum, in dem ich unter Wasser einen Spaziergang machte.“
Copyright: Track, 1967
The Beatles – „Abbey Road“ Wild entschlossen, sich mit einem Highlight zu verabschieden, traf sich die Band einmal mehr in den Abbey-Road-Studios, um das wohl ausgereifteste Album ihrer Karriere anzugehen.
Copyright: EMI, 1969
Platz 13: The Velvet Underground – „The Velvet Underground And Nico“
Mit so wenig Instrumenten wie möglich versuchten wir unser Phil-Spector-Ding durchzuziehen“, sagte John Cale, der klassisch geschulte Pianist und Cellist, über dieses Album. Es war kein leerer Spruch. Vieles, was in der Rockmusik heute selbstverständlich ist, wäre ohne Velvet Underground und dieses wegweisende Album nicht denkbar: die androgyne Sexualität des Glitter- Rocks, die rohe Energie des Punks, das Scheppern von Grunge und Noise-Rock, das Endzeit- Fanal der Doom-Jünger. Das Album, für eine Handvoll Dollar in einem abbruchreifen Studio aufgenommen, schockiert mit einem atem- beraubenden Klangspektrum und tiefgehenden Texten. Singer-Songwriter Lou Reed thematisiert fleischliche Lust und Suchtprobleme, Dekadenz und Erlösung. Cale brachte minimalistische Frequenzen und Tonschwingungen ein, während Gitarrist Sterling Morrison und Drummerin Maureen Tucker mit Naturgewalt nach vorne preschten. Nico, die Manager Andy Warhol der Band zugeführt hatte, interpretierte Reeds brodelnden Überdruss als eisige Femme fatale. Von der Love-&-Peace-Generation wurde das Album 1967 abgestraft, doch das „Banana-Album“ (Warhol designte das Cover) erwies sich als revolutionär.
Copyright: Verve, 1967
Platz 12: Miles Davis – „Kind Of Blue“
Das Sublime Meisterwerk sollte eines der einflussreichsten Alben der Jazz-Geschichte werden, war aber zur Zeit seiner Veröffentlichung ein radikaler Bruch mit der Vergangenheit: Miles Davis verabschiedete sich von den gängigen Akkord-Strukturen, nutzte stattdessen modale Tonleitern als Ausgangspunkt für Komposition und Improvisation – und lieferte so einen warmen und subtilen Gegenentwurf zum schneidigen Hard-Bop. Davis und seine unvergleichliche Band – Bassist Paul Chambers, Drummer Jimmy Cobb, Pianist Bill Evans und die Saxofonisten John Coltrane und Cannonball Adderley – zelebrierten ihre Soli in einem offenen Raum, der eher „durch melodische als durch harmonische Variationen“ gekennzeichnet war, wie Davis es ausdrückte. Zwei Nummern – „All Blues“ und „Freddie Freeloader“ – griffen noch auf ein 12-Takt-Schema zurück, doch selbst hier ermutigte Davis seine Mitspieler zu einer bislang ungekannten Freiheit. Evans schrieb in den Liner Notes: „Nur wenige Stunden vor Aufnahmebeginn gab uns Miles die Koordinaten. Es waren grobe Skizzen, was in etwa die Band spielen sollte. Folglich hört man auf dem Album musikalische Äußerungen, die purer Spontanität sehr nahe kommen.“ Oder, wie es der Kritiker Robert Palmer ausdrückte: „,Kind Of Blue‘ ist in gewisser Weise nichts als Melodie und Atmosphäre.“ Die Bass- Figur in „So What“ gehört zu den berühmtesten der Jazz-Geschichte und nichts kann die nächtliche Magie des Jazz besser evozieren als die gestopfte Trompete in „All Blues“.
Copyright: Columbia, 1959
Platz 11: Elvis Presley – „Sunrise“
Viele glauben, dass der Rock’n’Roll am 5. Juli 1954 im Sun Studio in Memphis zur Welt kam. Elvis, Gitarrist Scotty Moore und Bassist Bill Black spielten zum Spaß gerade „That’s All Right, Mama“, einen Song des Bluesmannes Arthur „Big Boy“ Crudup, als sie Produzent Sam Phillips unterbrach und fragte: „Was spielt ihr denn da?“ „Wissen wir auch nicht so recht“, lautete die Antwort. Phillips forderte sie auf, „das Gleiche nochmal zu spielen“. Als A-Seite von Presleys erster Single wurde „That’s All Right“ am 19. Juli auf Sun veröffentlicht. Der Mann, der wenig später der „King“ werden sollte, war erstmals auf Vinyl verewigt.
Indem er schwarze und weiße Musik, Country und Blues, miteinander mischte, generierte er einen ebenso verspielten wie revolutionären Sound, dessen grenzenlose Spontanität die ganze Welt verändern sollte. „Letztlich ist es Blues“, schrieb Greil Marcus in seinem Standardwerk „Mystery Train“, „aber ohne all das Leiden, ohne die Sünde. Es ist die schiere Lebensfreude ohne Gewissensbisse.“ Presley veröffentlichte vier weitere Singles auf Sun – dar- unter die radikal überarbeiteten Versionen von Wynonie Harris’ „Good Rockin’ Tonight“ und Junior Parkers „Mystery Train“ Ω, bevor Phillips den Vertrag für 35.000 Dollar an RCA verkaufte. Erstaunlicherweise dauerte es mehr als 20 Jahre, bis Presleys Sun-Aufnahmen 1976 auf einem Album zusammengestellt wurden – das 1999 dann von einer Doppel-CD abgelöst wurde, die Presleys Anfänge bei Sun komplett dokumentiert.
Copyright: RCA, 1999
Platz 10: The Beatles – „The White Album“
Sie schrieben die Songs für dieses Doppelalbum, als sie im indischen Ashram des Maharishi Mahesh Yogi weilten und ihr hektisches Leben für eine Weile vergaßen – oder, wie Lennon es später formulierte: „Wir saßen irgendwo in den Bergen, aßen einen lausigen Fraß und schrieben all diese Lieder.“ Als sie nach England zurückkehrten, brachten sie so viele Songs mit, dass eine Einzel-LP nicht ausgereicht hätte – und so kämpften sie verbissen für die Veröffentlichung des kompletten Materials. „Wir arbeiteten zeitweise in drei verschiedenen Studios“, erinnerte sich George Harrison. „In einem nahm Paul Overdubs auf, John war in einem anderen – und ich nahm in einem dritten gerade die Bläser auf.“ Die Spannungen waren so extrem, dass Ringo frustriert für zwei Wochen aus der Band austrat. Und doch resultierte die Spannung in einem der risikofreudigsten Alben, die je gemacht wurden. Lennon ließ seinen scharfzüngigen Witz in „Sexy Sadie“ und „Happiness Is A Warm Gun“ aufblitzen, offenbarte aber auch seine empfind- same Seite in „Julia“ und „Dear Prudence“. McCartneys verspielte Pop-Energie schlug sich in „Back In The USSR“ nieder, der Persiflage von Chuck Berrys uramerikanischen Werten, doch er dokumentierte mit „Helter Skelter“ auch eine ungewohnt brachiale Seite. Harrisons spirituelle Suche führte ihn zu „Long, Long, Long“ und „While My Guitar Gently Weeps“, auf dem Eric Clapton mit einem Solo glänzen durfte.
Copyright: EMI, 1968
Platz 9: Bob Dylan – „Blonde On Blonde“
Am 16. Mai 1966 veröffentlicht, war „Blonde On Blonde“ das erste Doppelalbum eines bereits etablierten Künstlers. „Es kam dem Sound, den ich in meinem Kopf hörte, diesem fließenden, quecksilbrigen Sound, so nah wie nichts zuvor“, sagte Dylan 1978. Die manische Brillanz von „Blonde On Blonde“ lässt sich kaum besser beschreiben. Den größten Teil der 14 Songs nahm Dylan im Schnelldurchgang auf – bei einer vier- und einer dreitägigen Session in Columbias Nashville-Studios im Februar und März 1966. Das Tempo der Aufnahmen reflektierte die Amphetamin-Quirligkeit, mit der Dylan selbst zwischen ständigen Tourneen neue Songs ausspuckte. Zusammen mit vertrauten Weggefährten wie Organist Al Kooper und Hawks-Gitarrist Robbie Robertson sowie örtlichen Session-Cracks gelang ihm der große Wurf, indem er eigentlich Gegensätzliches zu einer neuen Einheit verschmolz: Das eng gewobene, straffe Korsett der Backing-Band erwies sich als perfektes Gegengewicht zu Dylans assoziativer Sprache und dem rasiermesserscharfen Gesang – etwa in der surrealistischen Barrel-house-Atmosphäre von „Rainy Day Women # 12 & 35“ und „Stuck Inside Of Mobile With The Memphis Blues Again“, im wahn- witzigen Chicago-Blues „Leopard-Skin Pill-Box Hat“ oder dem abschätzigen „Lust Like A Woman“. Inmitten des Wahnsinns lieferte Dylan aber auch einige seiner beseeltesten, unverfälschtesten Lieder über Glück und Verlangen: die pure Schönheit von „Sad Eyed Lady Of The Lowlands“, morgens um Vier nach einer achtstündigen Session in einem Take aufgenommen, oder auch „I Want You“, das beinahe dem Album den Namen gegeben hätte.
Copyright: Columbia, 1966
Platz 8: The Clash – „London Calling“
In London standen Arbeitslosigkeit und eine explodierende Drogenszene auf der Tagesordnung, als 1979 das Album entstand. Die 19 Songs von „London Calling“ sind Ausdruck dieser apokalyptischen Stimmung – und doch geprägt von dem unerschütterlichen Glauben, dass Rock’n’Roll die dunklen Mächte schon in ihre Schranken weisen wird. Vom legendären 70s-Studio-Madman Guy Stevens produziert, schlingert und schleudert das dritte Clash-Album durch desillusionierten Punk („London Calling“), randalierenden Ska („Wrong ’em Boyo“) und resignierten Konsumüberdruss („Lost In The Supermarket“). Die ökonomische Ausnahmesituation prägte auch die Produktion des Albums selbst: Die Band war hoch verschuldet und lieferte sich mit ihrer Plattenfirma einen öffentlichen Schlagabtausch. Joe Strummer und Mick Jones schrieben die Songs in der Wohnung von Jones’ Großmutter. „Nachdem er erst einmal gelernt hatte, auf der Schreibmaschine zu tippen, flossen die Texte aus Joe nur so heraus“, so Jones. „Auf dieser Basis konnte ich dann ein paar Takte Musik raushauen.“ Anschließend verbrachten Strummer, Jones, Bassist Paul Simonon und Drummer Topper Headon fast drei Monate damit, das Material in einer Garage im Londoner Stadtteil Pimlico einzustudieren und erste Demos aufzunehmen – „mit einer einzigen Lampe und einem versifften Teppich an der Wand als Schalldämmung“, wie Strummer sich 1989 erinnerte. „Wir fühlten, dass wir einen Ab- hang hinunterglitten und krallten uns mit den Fingern fest.“ Wenn sich die Inspiration nicht einstellen wollte, war Guy Stevens zur Stelle und warf mit Stühlen um sich, weil er das Gefühl hatte, dass der Track noch besser sein konnte.
Copyright: Epic, 1980
Platz 7: The Rolling Stones – „Exile On Main Street „
Das Doppelalbum aus dem Jahre 1972, ein räudiger Bastard aus Blues und Boogie, war de facto „die erste Grunge-Platte“ – wie Keith Richards einmal in einem Interview stolz verkündete. Doch hinter den rohen Riffs von Richards und Mick Taylor, dem lustvollen Schub der Wyman-Watts-Rhythmusmaschine und Jaggers gequältem Bellen und verzehren- dem Schmeicheln verbirgt sich nicht nur das größte Stones-Album, sondern auch das definitive Statement der Songwriter Jagger und Richards, die sich stolz zur Rolle des sozialen Außenseiters bekennen. Im rudimentären Shuffle „Tumbling Dice“, dem resignierenden Country-Lamento „Torn And Frayed“ und dem whiskeygetränkten Hoffnungsschimmer von „Shine A Light“ glaubt man die Stones tatsächlich bei der Arbeit im Exil belauschen zu können. Vor der medialen Hatz, vor den britischen Drogenschnüff- lern, nicht zuletzt auch vor dem Spitzensteuersatz in England war man kurzerhand nach Südfrankreich geflüchtet, wo Richards’ Villa als Aufnahmestudio diente. Auf dem Cover von „Exile On Main Street“ sieht man eine Freakshow amerikanischer Underdogs, und „Sweet Black Angel“ widmete man der inhaftierten Polit-Aktivistin Angela Davis – Außenseiter unter sich. Die Musik klappert und rumpelt, kommt aber – in Songs wie „Rocks Off“ und „All Down The Line“ – zielstrebig auf den Punkt. „Die Stones mögen kein Zuhause mehr haben“, sagte Richards, „aber wir kriegen unser Ding trotzdem geregelt. Was immer man uns an den Kopf schmeißt – wir ducken uns, wir improvisieren und machen das Beste daraus.“ „Exile On Main Street“ zeigt die Stones angriffslustig, mit einem Panzer aus Blues und dem eisernen Willen, am Ende als Sieger den Ring zu verlassen.
Copyright: Rolling Stones Records, 1972
Platz 6: Marvin Gaye – „What’s Going On“
Irgendwann um 1969 oder 1970 herum begann ich damit, mein musikalisches Selbstverständnis zu hinterfragen“, sagte Marvin Gaye später. „Ich war beeindruckt von den Briefen, die mir mein Bruder aus Vietnam schickte, aber auch von der sozialen Situation hier in den USA. Mir wurde klar, dass ich meine kleinen privaten Fantasien abhaken musste, wenn ich die Seele der Leute erreichen wollte.“ Das Meisterwerk, das aus diesem Weckruf resultierte, sollte die gesamte schwarze Musik revolutionieren. Mit seinen eleganten, streicherdurchfluteten Grooves und dem Gefühl unbegrenzter Möglichkeiten war „What’s Going On?“ das „Sgt. Pepper“ der Soulmusik. Gaye war wild entschlossen, Motowns eherne Pop-Fesseln abzuschütteln und künftig auch soziale Probleme zu thematisieren. Motown-Gründer Berry Gordy war natürlich wenig begeistert. Er ließ Gaye wissen, dass „What’s Going On?“ der übelste Song sei, den er jemals in seinem Leben gehört habe. Gaye wiederum beschied Gordy, dass er nicht mehr für Motown arbeiten würde, sollte „What’s Going On?“ nicht als Single veröffentlicht werden. Nachdem ein Motown-Kontrollgremium die Veröffentlichung zunächst abgelehnt hatte, arrangierte man sich schließlich doch. Als die Single prompt in die amerikanischen Top fünf schoss, wurde das Album eilends nachgeschoben. Stets umhüllt von dichten Marihuana- Schwaden, schien Gaye im Studio einfach nichts falsch machen zu können: Er ließ das Band einfach laufen, als sich einige Freunde zu einer spontanen Party einfanden, und benutzte die Aufnahme von Saxofonist Eli Fontaine, der sich gerade für die eigentliche Aufnahme hatte warm blasen wollen.
Copyright: Motown, 1971
Platz 5: The Beatles – „Rubber Soul“
In der Tat: Die einstigen Moptops entwickelten sich in einem außergewöhnlichen Tempo. „Drive My Car“ ist eine überzeichnete Charakterstudie, wie man sie im bisherigen Repertoire nicht finden konnte. Wichtiger aber ist der Dylan-Ein- fluss, der sich durch das ganze Album zieht und für den sarkastischen Tonfall von Songs wie „Norwegian Wood“, „I’m Looking Through You“, „You Won’t See Me“ und „If I Needed Someone“ verantwortlich war. Dylan bedankte sich im folgen- den Jahr für das Kompliment, als er seine Version von „Norwegian Wood“ – „4th Time Around“ betitelt – auf „Blonde On Blonde“ veröffentlichte und damit offen- sichtlich paranoide Zustände bei Lennon auslöste. Lennons „Nowhere Man“, das er später selbst als depressives Selbstporträt bezeichnete, und das wunderbar nos- talgische „In My Life“ spiegeln beide das ernsthaftere, erwachsenere Songwriting wider, das Dylan plötzlich möglich gemacht hatte. George Harrisons Sitar auf „Norwegian Wood“ – das erste Mal, das eine Sitar in einem Popsong eingesetzt wurde – und McCartneys Fuzz-Bass auf „Think For Yourself“ dokumentieren die neu gewonnene Erkenntnis, dass ein Studio mehr sein kann als nur der Zwischenstopp auf endlosen Tourneen. Harrison nannte „Rubber Soul“ später „das beste Album, das wir bis dahin gemacht hatten, weil wir plötzlich Klänge hörten, die wir früher nicht hören konnten“. Warum die Band plötzlich in der Lage war, diese neuen Klänge wahrzunehmen – nun, auch das war ein Zeichen der Zeit. „Auf ,Rubber Soul“ wurde viel experimentiert“, sagte Ringo Starr, „nicht zuletzt unter dem Einfluss gewisser Substanzen.“
Copyright: EMI, 1965
Platz 4: Bob Dylan – „Highway 61 Revisited“
Bruce Springsteen beschrieb einmal den einstieg zu „Like A Rolling Stone“, dem Eröffnungsstück des Albums, wie einen „harten Schlag auf die Snare-Drum. Es klang, als habe jemand die Tür zu deinem Hirn eingetreten.“ Folksänger Phil Ochs fand gar noch überschwänglichere Worte für das Album: „Es ist unfassbar gut. Wie kann ein Normalsterblicher dazu nur fähig sein?“ „Highway 61 Revisited“ – benannt nach dem Highway, der von Dylans Heimat Minnesota südwärts zum Mississippi-Delta führt – wurde in gerade einmal sechs Tagen eingespielt und ist eines der Alben, die die Welt veränderten. Allein schon „Like A Rolling Stone“, angeblich der Warhol-Muse Edie Sedgwick gewidmet, verschob die Parameter der populären Musik: Sein „sich erbrechender“ Duktus (Dylan), der literarische Anspruch und seine schiere Länge (6:13) pulverisierten alle herkömmlichen Konventionen. „Ballad Of A Thin Man“ lieferte den zeitgenössischen Kommentar zu der Gretchenfrage „Hippie oder Spießer?“: „Something is happening here, but you don’t know what ist is/ Do you, Mister Jones?“ Und falls noch irgendje- mand bezweifelte, ob der einstige Folkie nun wirklich „elektrifiziert“ sei, so belehrte ihn Dylan mit dem röhrenden Rock’n’Roll von „From A Buick 6“ und „Tombstone Blues“ (mit Mike Bloomfield an der Gitarre) eines Besseren.
Das Album schließt mit „Desolation Row“ ab, einem surrealistischen Trip, der in elf Minuten mit seinen Hieronymus-Bosch-Bildern die anstehenden Umwälzungen der Sixties vorwegzunehmen scheint. „The Titanic sails at dawn“, singt Dylan resigniert. „Everybody is shouting: ,Which side are you on?‘“ Dass er sich in letzter Minute entschied, „Desolation Row“ rein akustisch einzuspielen, erwies sich als geni- aler Schachzug: Die Vision einer neuen Folkmusik stand so am Ende eines Albums, das – für absehbare Zeit zumindest – die Folkmusik zur Bedeutungslosigkeit verdammt hatte.
Copyright: Columbia, 1965
Platz 3: The Beatles – „Revolver“
Ich sehe keine allzu großen Unterschiede zwischen ,Revolver‘ und ,Rubber Soul‘“, sagte George Harrison einmal. „Für mich könnten sie Vol. 1 und 2 der gleichen Platte sein.“ Dennoch: „Revolver“ forcierte die experimentelleren Ansätze des Vorgänger-Albums – die ersten Psychedelia-Ansätze, die Faszination für die Studio-Technologie – und formte daraus ein dramatisches Versprechen: Das Album, im August 1966 veröffentlicht, machte unmissverständlich klar, dass das, was wir heute „die Sixties“ nennen, nicht mehr aufzuhalten war. Der innovativste Song ist mit Sicherheit Lennons „Tomorrow Never Knows“: Bei seinem Versuch, einen LSD-Trip zu einem dreiminütigen Song zu komprimie- ren, griff Lennon auf Lyrics aus Timothy Learys Version des „Tibetanischen Totenbuches“ zurück und ließ seinen Gesang so verfremden, dass er wie der Dalai Lama klang, der „singend auf dem höchsten Berggipfel sitzt“. Tonband-Loops, eine rückwärts eingespielte Gitarre, McCartneys explosives Solo in „Taxman“ und der Klang einer brummelnden Tambura vervollständigten das Experiment, das eine wahre Flut von Nachahmern auslösen sollte. McCartney betrat ebenfalls Neuland, indem er mit „Eleanor Rigby“ und „For No One“ zwei wundervoll ausgereifte Kunstlieder kreierte. Und Harrison – mit „Taxman“, „I Want To Tell You“ und „Love You To“ gleich dreimal vertreten – stellte erstmals die Dominanz des Songschreiber-Teams Lennon-McCartney in Frage.
Copyright: EMI, 1966
Platz 2: The Beach Boys – „Pet Sounds“
Wer will sich diesen Scheiß denn anhören?“, fragte Sänger Mike Love, als ihm Brian Wilson, das Wunderkind der Band, seine neuen Kreationen vorspielte. „Hundeohren vielleicht?“ Loves Invektive erwies sich indes als durchaus hilfreich: „Wie der Zufall es wollte“, erinnerte sich Wilson später, „lieferte uns Mikes Wutanfall den Titel des Albums.“ Bellende Hunde – unter anderem Wilsons Hund Banana – sind denn auch auf dem Album prominent vertreten. Und die Beatles ließen es sich nicht nehmen, die Hunde auch auf „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ bellen zu lassen – ein kleiner Hin- weis darauf, wie wichtig „Pet Sounds“ für die Entstehung des Beatles-Albums war. Mit der Verneigung schloss sich der Kreis: Brian Wilson hatte sich das Ziel gesetzt, mit „Pet Sounds“ das Beatles-Album „Rubber Soul“ zu übertreffen. Mit seiner opulenten Orchestrierung, den ambitionierten Texten, dem harmonischen Ablauf und der inhaltlichen Verzahnung initiierte „Pet Sounds“ die epochale Idee, dass ein Album mehr sein könnte als nur die Summe seiner Teile. Wenn Wil- son gleich zu Anfang singt: „Wouldn’t it be nice if we were older?“, dann thematisiert er nicht nur eine Beziehung, die über eine Highschool-Romanze hinausgeht, sondern spricht auch von einer neuen, erwachsenen Identität des Rock’n’Roll.
Wilson nahm „Pet Sounds“ praktisch ohne Unterstützung der Band auf und setzte diese nur für die Gesangsarrangements ein. Er überlegte kurzzeitig sogar, das Album unter seinem Namen zu veröffentlichen. „Caroline, No“, die erste Single, erschien tatsächlich als sein Solo-Projekt. Dessen luxuriöse Klangkulisse vermittelt elegische Wehmut – und Wilson verabschiedete sich mit den sehr persönlichen Stücken, die er überwiegend mit dem Songtexter Tony Asher schrieb, von den unschuldigen „Fun-in-the-sun“-Hits, für die die Beach Boys bislang gestanden hatten. Unglücklicherweise war das Label Capitol Records von dem Resultat ebenso wenig angetan wie zuvor Mike Love; man trug sich sogar mit dem Gedanken, das Album gar nicht zu veröffentlichen. Mit dem Resultat, dass sich Wilson immer weiter in seine Traumwelt zurückzog. „Bei dem letzten ,Pet Sounds‘-Meeting, an dem ich teil- nahm“, schrieb Wilson, „brachte ich ein Tonbandgerät mit, auf dem ich acht präparierte Antworten als Loop aufgenommen hatte. Darunter waren ,Kein Kommentar‘, ,Könnten Sie das wiederholen?‘, ,Nein‘ und ,Ja‘. Ich lehnte es ab, selbst noch ein Wort zu sprechen, sondern spielte nur die Antworten vom Band ab.“
Copyright: Capitol, 1966
Das beste Album aller Zeiten: The Beatles – „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“
Es ist das wichtigste Rock’n’Roll-Album, das je eingespielt wurde, ein einmaliges Experiment in puncto Konzept, Sound, Songwriting, Cover-Art und Studio-Technologie – aufgenommen von der größten Rock’n’Roll-Band aller Zeiten. Vom Titelsong mit seinen majestätischen Bläsern und Fuzz-Gitarren bis zum orchestralen Inferno und dem endlos verklingenden Klavier-Akkord auf „A Day In The Life“: Die 13 Tracks sind der Höhepunkt der acht- jährigen Studiotätigkeit der Beatles. John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr waren nie couragierter, nie kohärenter in ihrem Versuch, musikalische Magie und Transzendenz zu kreieren. Am 1. Juni 1967 veröffentlicht, war „Sgt. Pepper“ auch das Signal zu tief greifenden Veränderungen. Die Beatles nahmen endgültig Abschied von ihren schnieken Anzügen, den Welttourneen und der Fließbandarbeit im Studio. „Wir hatten die Nase voll von den Beatles“, sagte McCartney Jahrzehnte später in „Many Years From Now“, der McCartney-Biografie von Barry Miles. „Wir waren keine Jungs mehr, sondern Männer, wir wollten Künstler sein und nicht mehr nur Performer.“
Copyright: EMI, 1967
In unserem Sonderheft „Die 500 besten Alben aller Zeiten“ (das Sie hier bestellen können ) stellt ROLLING STONE die Meisterwerke der Musikgeschichte vor.
Die Aufstellung in diesem Heft ist das Ergebnis zweier einzigartiger Umfragen des amerikanischen ROLLING STONE: Bei keinem anderen Ranking wurden so viele Musikschaffende, Künstler, Kritiker und Branchenleute befragt (fast 400), deren schiere Kompetenz so eindrucksvoll wirkt wie ihre Prominenz – und die wohl nur bei einer solchen gigantischen Umfrage ihren Teilnahmebogen einsenden. Für die Auswertung wurde sogar ein Notariat mit der Aufsicht betraut.
Deutsche Leser werden bemerken, dass der Anteil von Soul und Country höher ist als bei deutschen Rankings üblich – und dass insgesamt populäre Alben gegenüber kanonischen, aber eher schwierigen Werken bevorzugt werden. Das liegt auch daran, dass der Pop-Kritiker, das unbekannte Wesen, in dieser Jury nicht gar so viel zu sagen hatte. Bei den wenigen Fällen von amerikanischen Editionen von Alben (der Beatles und Stones), die sich von den europäischen unterscheiden, haben wir uns um eine Angleichung bemüht (und die europäischen Cover abgebildet). Irritierend mag die Berücksichtigung von Best-of-Alben und Anthologien wirken. Sie repräsentieren hier vor allem das Wirken von „Alten Meistern“, deren Songs oft verstreut veröffentlicht wurden.
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