Echo Lake: „Nennt es bitte nicht Nu Gaze!“
Ab sofort stellen wir in der Rubrik "Artist To Watch" jede Woche einen Künstler vor, der so frisch ist, dass die lahme Printpresse ihn noch nicht auf dem Zettel hat. Diesmal: Echo Lake aus London.
Ihre erste EP „Young Silence“ ist bereits ausverkauft, was daran liegen könnte, dass Echo Lake auf „Englands bestem, aus einem Schlafzimmer geführten Label“ (NME) No Pain In Pop veröffentlichen. Aber auch ihre zahlreichen Konzerte in der britischen Hauptstadt haben ihnen gute Reviews und eine wachsende Fanbase eingebracht.
Die Band aus London, die sich um Songwriter, Produzent und Gitarrist Thom Hill und Sängerin Linda Jarvis gruppiert, ist also bereits auf dem Sprung – mit einem Sound, den man vielleicht Neo-Shoegaze nennen könnte. Wenn man die ersten Sekunden des EP-Titelsongs „Young Silence“ hört, wähnt man sich kurz in „Just Like Honey“ – aber nur so lange, bis Echo Park klarmachen, dass sie es mit dem Echo, dem Hall und dem Feedback todernst meinen.
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Neu ist das alles natürlich nicht, dennoch fräsen sich Echo Lake auf eigene Weise in die Gehörgänge, in dem sie diese erst mit kreischender Feedbacksäge freilegen und dann mit der entrückten Stimme von Linda Jarvis besänftigen. Radikal noisy Sounds vs. verhallter Gesang – ein schöner Kontrast, der in seiner Konsequenz außergewöhnlich ist.
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Wir sprachen für unserer neue Reihe „Artist To Watch“ mit Thom Hill und Linda Jarvis.
Ihr nennt euch Echo Lake, macht Videos, in denen ihr kaum mehr als verhuschte Schemen seid, ein Song von euch heißt „In Dreams“ – man könnte fast meinen, ihr wolltet alles an euch unscharf und unwirklich erscheinen lassen. Ist dem so?
Thom: Nein, auf keinen Fall. Anfangs wollten wir uns mysteriös geben, aber das ist vorbei. Jetzt wollen wir, dass man unsere Band kennt, unsere Shows mag und auch die Menschen dahinter kennt. So ein Gehabe lenkt ja auf Dauer nur von der Musik ab. Aber wir legen schon Wert auf unsere visuelle Identität – in unseren Artworks und Videos, auf unseren Shirts und Postern. Die visuelle Identität soll tatsächlich etwas Entrücktes, Unwirkliches haben.
Man kann es Dreampop nennen. Neo-Shoegaze. Vielleicht gar Chillwave, wenn man dieses seltsame Label denn mag. Ihr wisst ja, dass Musikjournalisten chronische Abschreiber sind, wenn man eine Band erst einmal in einer beschrifteten Schublade verstaut hat. Also, das ist die Chance: Was soll an dieser Schublade stehen?
Thom: Psychedelic Pop Music wäre meine erste Wahl. Dreampop geht auch. Wobei ich denke, dass gute Popmusik immer dieses Element der Realitätsflucht haben sollte. Wir sind kein Chillwave – und nenn es bitte nicht Nu Gaze.
Als ich euch kontaktierte, mailte mir Linda in fast fehlerfreiem Deutsch zurück. Wie das?
Linda: Ich habe in der Schule Deutsch gelernt! Ich bin halb Holländisch, halb Englisch- doch habe in Luxemburg gewohnt. Dort waren die meisten Fernsehsender Deutsch (ich war ein sehr großer Fan von „Die Sendung mit der Maus“ und später ‚GZSZ‘!) und in der Schule hatte ich als zweite Sprache auch Deutsch. Es war eines meiner Lieblingsfächer, und ich hatte immer die besten Noten. Meine Lehrerin wollte mir den „Deutsch als zweite Sprache“-Preis der Schule geben, doch ich hab es mir vermasselt weil ich einen Aufsatz über „Homo Faber“ nicht eingab.
Die Frage nach euren Einflüssen liegt ja nahe – mir würden da ein paar einfallen…
Thom: Beach Boys, Bruce Springsteen, The Velvet Underground, Spacemen 3, Sonic Youth. Man denkt vermutlich, wir hören nur Shoegaze, weil wir so klingen, wie wir klingen. Aber ich liebe auch Ambient – Gas oder Brian Eno. Psych Garage steht ebenfalls in meiner Sammlung – und zuletzt habe ich Virgo für mich entdeckt. Das ist hypnotische House-Music, wie sie sein sollte. Aber ich kann Popmusik generell nicht widerstehen – der guten, wie der schlechten. Immer wieder spannend, wie man sich einen widerlichen Ohrwurm einfängt und sich denkt: „What the fuck???“
Was würdet ihr niemals tun für eine Karriere?
Thom: Eine Platte veröffentlichen, mit der ich nicht mindestens zu 92% glücklich bin.
Wo seht ihr euch in, sagen wir, zwei Jahren?
Thom: Auf Tour. Auf Promo-Reise für ein neues Album. Ich hoffe, Echo Lake wird ein Fulltime-Job, und wir können einigermaßen davon leben.
Was macht ihr denn momentan, wenn ihr nicht Echo Lake seid?
Thom: Ich arbeite in einer Weinhandlung. Die anderen studieren noch.
Und die konkreten Zukunftspläne für die Band? Ist ein Debüt in Sicht?
Thom: Ja, das kommt. Ich habe eh schon viel zu viele Songs für ein Album geschrieben. Wir sieben da gerade die besten aus. Und ich schreibe schon wieder an neuem Material. Bis es soweit ist, werden wir haufenweise Shows spielen. Im Juni kommt zudem eine weitere 7″ auf No Pain In Pop.
Wann kann man euch in Deutschland sehen?
Thom: Wir wollen da unbedingt hin! Lindas Schwester wohnt in Berlin und ich hab Verwandtschaft dort. Mh, gib uns, sagen wir, sechs Monate, ok?
Gebongt. Letzte Frage: Was ist euer Artist To Watch? Wen sollen wir unbedingt mal anhören?
Thom: Es gibt viele Bands, mit denen wir zusammen gespielt haben, und die uns begeistert haben. Still Corners sind wahnsinnig gut.