10 Female Artists To Watch
Zum Weltfrauentagsgeburtstag schauen wir uns ein paar weibliche Acts an, die man im Auge behalten sollte. Zum Beispiel Zola Jesus, Kyla La Grange, Kat Frankie, La Sera u. a.
Was ist eigentlich das weibliche Äquivalent eines Platzhirsches? Dieses Wort könnte man jedenfalls gut gebrauchen, wenn man sich die Topseller der Poplandschaft so anschaut und dort Lady Gaga, Madonna, Gossip, Beyoncé, Rihanna oder knapp dahinter Robyn, Marina And The Diamonds und bald sicher auch Lykke Li findet. Großartige und überaus erfolgreiche Künstlerinnen gibt es in der Popwelt zuhauf, wobei noch ein anderes Diskussionsthema wäre, ob es sich bei den Künsterlinnen um toughe Frauen handelt, die ihr eigenes Ding machen (Lady Gaga) oder um ausstaffierte Pop-Püppchen, bei denen man ständig das Gefühl hat, sie würden bloß billige Macho-Klischees bedienen (Rihanna).
Wir wollen nun allerdings mal einen Blick auf jene Künstlerinnen werfen, die die höheren Chartweihen hoffentlich noch vor sich haben und in den Blogs bereits als neue Talente gewertet werden. Hier eine Auswahl der zehn Künstlerinnen, die man im Auge behalten sollte.
Kyla La Grange – „Vampire Smiles“
Der britische Guardian, der seit jeher ein gutes Auge für Newcomer hat, meint süffisant, Kyla La Grange wäre dieser Typ Künstlerin, die einem irgendwie Angst macht, weil sie schon seit dem fünften Lebensjahr musiziert und schon etliche Bands gegründet und wieder aufgelöst hat. Die Britin, deren Eltern aus Zimbabwe und Südafrika stammen, hat bereits an der Cambridge University ein Philosophie-Studium abgeschlossen und verpackt ihren Hang zu großen Gedanken in Popsongs, die ebenso Charts-Appeal wie Indie-Kredibilität haben. Das trifft vor allem auf ihren Song „Vampire Smiles“ zu, den es hier momentan als Free Download gibt. Ihr Debüt „Ghosts“ harrt momentan der Vollendung.
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Wild Flag – „Glass Tambourine“
Neue Band, neue Single, aber bekanntes Personal aus der Riot Grrl-Bewegung. Ex-Mitglieder von Sleater-Kinney (Carry Brownstein und Janet Weiss) und Helium (Mary Timony) lassen die Wild Flag wehen und werden am 16.04. ihre Debütsingle auf Merge Records veröffentlichen. „Glass Tambourine“ lässt dabei doch glatt die geschätzten Qualitäten aufblitzen, die man an ihren Ex-Bands schätzte. Hach ja, und man wird ganz nostalgisch, wenn man sich an das gemeinsame Konzert von Sleater-Kinney und Helium Ende der 90er im Forum in Enger erinnert, bei dem Janet Weiss beinahe von der Bühne kippte und die Damen von Sleater-Kinney den damals noch spätpubertierenden Autoren dieser Zeilen nachhaltig verschreckten und begeisterten.
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Oh Land – „Heavy Eyes“
Die junge Dänin hat den Vertrag mit Sony bereits in der Tasche und wird wohl bald auch hierzulande mehr in Erscheinung treten. Den Major-Rückhalt sieht man ihrer Website auf jeden Fall schon einmal an, ebenso wie den Balletthintergrund, der auf dem dort gezeigten Clip zu „Son Of A Gun“ deutlich zu sehen ist. Sie selbst sagt, ihre Musik solle „nach 2050 klingen, aber einen Hauch von Klassik bewahren“. Ihr neues (zweites) Album „Oh Land“ wird Mitte März auch in den Staaten erscheinen, wo sie am 02. März in der renommierten Letterman-Show vorstellig wurde. Wir möchten hier den Song „Heavy Eyes“ vorstellen, der nur vordergründig fröhlich klingt und mit diesen starken Zeilen beginnt: „In this recognizable smell of cigarettes and perfume / And all those plastic-minded beats / Are a madcap explosion and a psychedelic celebration of / An animated youth“.
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La Sera – „Never Come Round“
Schon mehrfach empfohlen auf dieser Website, hier gerne ein weiteres Mal: Katy Goodman spielt sonst als Kickball Katy den Bass der Vivian Girls, teilt in ihrer Freizeit aber augenscheinlich das Hobby von „Dexter“. Im ersten Clip ihres Shoegaze-Pop-Projekts La Sera lächelt sie sich charmant durch eine Riot-Grrl-Splatterorgie und singt am Ende mit zerlegten Kerlen den letzten Refrain, während deren amputierte Gliedmaßen munter im Takt wippen. Das schicke genderpolitisch-korrekte Schlachtervideo gab’s schon in unserem Blog. Hier ist es nochmal:
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LA Vampires – „Make Me Over“
Punktabzug für den beschissenen Bandnamen. Aber zum Glück ist die Musik der Amanda Brown, die sich hinter LA Vampires versteckt, bedeutend spannender. Schwere Beats, waviger Gesang, mal noisige mal harmonieseelige Sounds – klingt ein wenig, wie die leichter verdauliche Variante der großartigen Fever Ray. Amanda Brown war übrigens zuvor in dem Duo Pocahaunted (Bonuspunkte für den Bandnamen an dieser Stelle) aktiv, gemeinsam mit Bethany Cosentino, die nun allerdings ihr eigenes Projekt Best Coast bevorzugt.
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Alex Winston – „Choice Notes“
Als die Dame aus New York kürzlich beim Introducing-Abend in Berlin aufspielte, vermutete manch einer im Vorfeld hinter dem Namen einen hippen NYC-DJ oder dergleichen. Die Kunde hatte sich also noch nicht bis nach Berlin verbreitet, das Alex Winston eine äußerst quirlige Sängerin ist, die mal dem Dance-Pop frönt, um dann wieder in eine Art Happy-Hippie-Folk-Soul-Pop zu verfallen, der live sehr charmant rüberkommt – was auch an ihren Schwestern liegen könnte, die sie auf der Bühne begleiten und dort mal schief mal schön den Chor geben. Hier eine Live-Aufnahme, die vor einem Konzert in London in einer düsteren Seitenstraße aufgenommen wurde und den Live-Charme ganz gut einfängt.
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Sound Of Rum – „Rumba“ (live)
Die Ansage ist deutlich: Der Song sei für alle jene, die die Eier bzw „guts“ hätten, sie selbst zu sein. Das hört man natürlich auch von all den Lederkampfstiefel-Pop-Sternchen, die trotzdem wirken, als hingen sie an den Fäden eines fetten Plattenbosses, aber so wie die britische Rapperin Kate Tempest es in das Mikro spuckt, kann man es sogar glatt glauben. Die junge Engländerin mischt ihre in der Spoken-Word-Szene geschulten Reim-Skills mit Live-Drumming, Gitarre und programmierten Beats und klingt live eher nach Crossover im besseren Sinne denn nach Rap. Fast könnte man von einer weiblichen Ausgabe von Scroobius Pip reden, der Kate Tempest übrigens sehr schätzt. Ihre Poetik liefert Tempest gleich in ihrer Musik mit. Sie erklärt ihre Reimkunst recht unbescheiden so: „I carve lyrics into cubicle doors like they were pyramid walls and these were hieroglyphs, hold pen with an iron grip, my mind is the storm and the words are the eye in it“. Live klingt das dann so:
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Zola Jesus – „Sea Talk“
Die russischstämmige Amerikanerin Nika Roza Danilova alias Zola Jesus, die (ausgerechnet!) im sonnigen L.A. wohnt, ist natürlich nicht mehr der ultimative Newcomertipp. Ihr Album „Stridulum II“ hat schon im vergangenen Jahr Kritikerjubel ausgelöst, ihre Deutschland-Shows auf dem Berlin-Festival und später im Festsaal Kreuzberg wurden selbst vom örtlichen Feuilleton geradezu bejubelt. Wie sie dort zu finsteren Industrial-Beats über die Bühne zuckt, mal ins Mikro schreit und sich mal geradezu für die Oper empfiehlt – das sieht man in Kombination mit einem wunderhübschen Frauengesicht nicht alle Tage. Auch im Vorprogramm von Fever Ray überzeugte sie. Nun schwärmt die Musikpresse allenorts vor ihr und erwartet spätestens mit einem neuen Album so etwas wie einen Durchbruch:
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Kitty Solaris – „Get Used To It“
Die Berliner Sängerin und Labelchefin ist schon seit drei Alben dabei und hat es mit ihrem neuen, sehr schönen Album gar auf die Titelseite des Missy Magazins geschafft. Jörn Schlüter ist in seiner 3,5-Sterne-Rezension voll des Lobes und schreibt über die neue Platte der Sängerin und Labelchefin: „Auch ‚Golden Future Paris‘, das dritte Album von Kitty Solaris, ist gut geworden. Nach wie vor stehen diese Lieder meistens auf einer akustischen Gitarre und einem Laptopbeat, manchmal mischt sich der Indie-Rock der frühen Neunziger in die Lieder. Etwa bei ‚Beggar And King‘, das mit einem Akustikgitarrenriff wie von den Breeders oder Nirvana beginnt, dann aber zu einer Art Club-Pop wird. Mit einigen Gitarrenthemen assoziiert man lateinamerikanische oder französische Musik, etwa bei ‚Gitano‘, wo zudem ein Bläserensemble zu hören ist. Besonders schön ist das Titellied, ein leise swingender Kaffeehaus-Folk – warm und weich und gar nicht mehr unnahbar. Das nimmt man insgesamt wahr: dass Kitty Solaris vollmundiger, sinnlicher geworden ist. Passt gut zu Paris und der goldenen Zukunft.“ Das Label von Kitty Solaris heißt übrigens Solaris Empire und verlegt die CDs der wunderbaren Kat Frankie, die sich ein Jeder mal anhören sollte.
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Kat Frankie – „Frauen Verlassen“
Diese bei der wunderbaren Konzertreihe „TV Noir“ aufgenommene Session zeigt sehr schön die Qualitäten der Australierin, die seit 2004 in Berlin lebt und musiziert. Wie sie hier ganz allein einen Chor zusammensamplet und ihn mit ihrer eigenen Stimmgewalt in Grund und Boden singt, das hat schon Klasse.