Die 111 besten deutschen Songs: Abwärts – „Computerstaat“
In der Rolling-Stone-Beilage: "Pop in Deutschland" haben unsere Autoren 111 Bands und ihre besten Songs zusammengetragen. Ralf Niemczyk erklärt, warum "Computerstaat" von Abwärts einer davon ist.
Punk in Deutschland war ein Spätstarter. Die Lederjacken in London oder New York hatten 1976 losgepoltert. Hierzulande dauerte es eine ganze Weile, bis aus munteren Chaos-Projekten, die nur als Toiletten-Graffities existierten, halbwegs stabile Bands entstanden. Erst 1980 war die lokale Avantgarde aus Szenetreffs wie dem Ratinger Hof in Düsseldorf reif für größere Bühnen. Bei Abwärts ging es 1980 richtig los. Die Hamburger Band hatte im Mai 1980 die selbst produzierte EP „Computerstaat“ veröffentlicht. Im Herbst folgten das gefeierte Debütalbum „Amok Koma“ und eine erste große Tour im Vorprogramm der New Waver The Cure, die seinerzeit noch rank und schlank waren. Abwärts hatten einst den Wirtschaftswunder-Schlager „Caprifischer“ durch den Turbo gejagt. Nun passten sie mit ihrer Mischung aus schepperndem Garagenrock, Sound-Experimenten und etwas Rest-Hippietum perfekt in die grundaufgeregte Hausbesetzer-Stimmung. Schlagwerker FM Einheit, Marc Chung am Bass und Geigerin Margita Haberland waren für die Avantgarde zuständig, Sänger Frank Z. ließ sein Waterkant-Idiom schnarren.
„Computerstaat“ war in diesem Mix zweifellos der Hit. Mit einem DAF-artigen Text, der als simpler Abzählreim quer durch die Woche hechelt: „Montag klopft es an der Tür – und Arafat steht neben dir Dienstag gibt es Probe-Alarm – Paranoia in der Straßenbahn.“ Zum Höhepunkt dann die demokompatible Schlussformel „Stalingrad, Stalingrad – Deutschland Katastrophenstaat Wir leben im Computerstaat–. Dada-Politik auf der Höhe der Zeit. Diese fiebrige Spannung konnten Abwärts allerdings nicht lange halten. Nachdem die Band zwischenzeitlich aufgelöst worden war, machte Mastermind Frank Z. Abwärts später zu einem Dauerbrenner.