Verrückt nach Kate Bush: Ein Superfan berichtet über 30 Jahre Bush-Sucht

Jörg Wellner aus Saarbrücken, Sammler der ersten Stunde und Leiter der Fansite "The Morning Fog" hat exklusiv für uns aufgeschrieben, wie es sich anfühlt, 30 Jahre lang ein Fan von Kate Bush zu sein.

Mit „50 Words Of Snow“ ist eben neues, herrlich kühles Futter für die weltweit große Anhängerschaft von Kate Bush erscheinen. Nach erstaunlicher kurzer Wartezeit – was für die oft so rätselhaft wirkende Sängerin eher untypisch ist. Welche Leiden muss ein Kate-Superfan ertragen, der oft jahrelange Geduld braucht, bis ein paar neue Songs, Infos und Fotos kommen? Der sich Werk und Leben einer Künstlerin mühsam erschließen muss, der die üblichen Pop-Verwertungsmechanismen egal zu sein scheinen? Wie fühlt sich die Hoffnung an, Kate Bush könnte über 30 Jahre nach ihrer einzigen Tournee noch einmal auf die Bühne zurückkehren? Jörg Wellner aus Saarbrücken, leidenschaftlicher Kate-Bush-Fan, Sammler der ersten Stunde und Leiter der Fansite „The Morning Fog“ hat es exklusiv für uns aufgeschrieben.

Die Single „Wuthering Heights“ wurde mir 1978 von meiner älteren Schwester geschenkt. Sie versorgte mich zu dieser Zeit mit „ihrer“ Musik, und ich war begeistert – wow, was für eine unglaubliche Stimme! Dieses Erlebnis vor fast 34 Jahren war der Beginn meiner hoffentlich nie endenden Kate-Bush-Verehrung. Durch die Übersetzungen meiner Schwester bekam ich immer mehr Zugang zu der Musik und beeilte mich, mein Englisch zu verbessern.

Von meinen Freunden hörte damals niemand Kate Bush. Erst ab „Hounds Of Love“ mit den Hits „Cloudbusting“ und „Running Up That Hill“ änderte sich das ein wenig. Ich hatte damals auch einen Disput mit einem meiner besten Freunde wegen „The Ninth Wave“, der zweiten Seite der „Hounds Of Love“-LP: Er kam zu mir in den Partykeller, als ich sie hörte, und fragte, ob ich dieses Katzengejammer nicht abstellen könnte. Die Antwort war „Nein!“ – und er ging. Als er am nächsten Tag wiederkam, legte ich „The Ninth Wave“ wieder auf … und er blieb. Heute besitzt er alle LPs von Kate.

Leider habe ich Kate Bush nie live bewundern dürfen. Im Mai 1979 standen wir vor der ausverkauften Liederhalle in Stuttgart und konnten uns die Schwarzmarktpreise für die Karten nicht leisten. Wir hatten uns verspekuliert und uns im Vorverkauf keine Karten zugelegt. Allein der Gedanke daran lässt mir heute noch das Blut in den Adern gefrieren. 1993 hatte ich dann immerhin das Vergnügen, Kate bei einer Promo-Veranstaltung zu „The Red Shoes“ in London sehen zu dürfen und mir das Booklet der „This Woman’s Work“-Box von ihr signieren zu lassen – im Vergleich zu einem verpassten Livekonzert ein eher kleiner Trost.

Als Kate-Bush-Verehrer hatte man in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten sehr viel Zeit. Man hoffte und betete zwar nach jedem der wenigen neuen Alben auf eine weitere Live-Tour, wurde aber immer wieder entäuscht. Die Zeit nutzte ich, um auf Plattenbörsen und Flohmärkten nach seltenem Vinyl oder mir unbekannten Videos zu suchen. Meine Nichte darf, bedingt durch ihren Beruf, die ganze Welt bereisen und hat meist den „Collector’s Guide“ und eine Liste der von mir gesuchten Sachen dabei.

Durch Fanzines wie „Irgendwo in der Tiefe“ und dem englischen „Homeground“ bekam man damals auch ein paar News über Kates Schaffen, wenn auch immer sehr verspätet. Da waren die „Katemas“-Treffen an Kates Geburtstag in England oder Deutschland schon etwas informativer. Auch wurden während dieser Treffen seltene Aufnahmen und Videos getauscht.

Auf diese Weise kam ich zu den Home-Demos. Das ist für mich Kate pur: am Piano im heimischen Wohnzimmer – den Rekorder auf das Piano gestellt, als sie ihrem Vater ihre neuesten, selbst geschriebenen Stücke vorspielte, im Alter von zwölf bis 16 Jahren – einfach unglaublich! Leider war die Klangqualität dieser Aufnahmen extrem schlecht. Für meinem ersten leistungsstärkeren PC legte ich mir also verschiedene Progs zu und „remasterte“ die Home-Demos, was ungefähr ein halbes Jahr dauerte – wie gesagt, der Kate-Bush-Fan hat viel Zeit.

Nachdem das Internet auch mit Kate-Bush-Seiten (gaffaweb, Homeground) in die Gänge kam, suchte und fand ich auf der ganzen Welt seltene Videoaufnahmen von den Specials und Fernsehauftritten. Leider wurden die Aufnahmen beim Abspielen nicht besser, und es ergab sich das nächste Projekt: eigene DVDs erstellen. Leider gibt es von Kate bis heute keine einzige, offizielle DVD, aber bei ihr wundert mich eh nichts mehr. Im Laufe der Jahre versorgten mich viele Kate-Fans aus der ganzen Welt mit Tapes, das Equipment und die Progs wurden immer besser, und bis zum heutigen Tag sind auf diese Weise 17 eigene DVDs mit raren Aufnahmen von Kate entstanden. Dieses Projekt dauerte ca. fünf Jahre, und viele Helfer haben ihren Part dazu beigetragen!

Die zwölf langen Jahre zwischen „The Red Shoes“ und „Aerial“ – Kate machte länger Pause, als manche Karrieren überhaupt dauern. 2003, ein neues Album war immer noch nicht in Sicht, kam mir die Idee, eine deutschsprachige Fansite auf die Beine zu stellen. Zu dieser Zeit gab es in Deutschland leider keine – und das musste doch geändert werden.

Ein halbes Jahr später ging dann „The Morning Fog“ online und ist seitdem auch gut besucht (was mich sehr freut). Das einzig Schnelle an der Seite war die Namensfindung. „The Morning Fog“ ist das letzte Lied auf dem für mich besten Konzeptalbum der Musikgeschichte (dem besagten „The Ninth Wave“) und beschreibt einen Neuanfang nach einer nicht so tollen Zeit. Kurz vor Start der Website ging das gleichnamige Forum online. Darauf freute ich mich damals am meisten, eine Fansite ist ja gut und schön – ein Forum aber lebt durch die Beiträge seiner Mitglieder!

Beeindruckt und überrascht war ich von den vielen jungen User (die jüngsten sind um die 13 Jahre) und allgemein vom großen Interesse an dem Forum. Sehr viele der „ersten“ Mitglieder sind noch mit an Bord und auch die Co-Admins Anja, Sandra, Bugi, Micha und Christian sind von der ersten Stunde an fast täglich aktiv – und nicht minder verrückt nach Kate Bush!

Eine Frage stellte sich noch: Sind mit „Director’s Cut“ und „50 Words for Snow“ zwei Alben in einem Jahr nicht doch etwas zu viel? Nein! Too much Kate is never enough!

„The Morning Fog“ findet man unter www.kate-bush.de

In der Dezemberausgabe des Rolling Stone, die am Donnerstag, 24.11., erscheint, gibt es ein großes Special zum neuen Kate-Bush-Album „50 Words For Snow“.

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