Phillip Boa And The Voodooclub :: Loyalty
Natürlich wieder groß gedacht: Wave-Sounds im Breitwandformat
Das sehr inszenierte Kontrastprogramm Boas aus Avantgarde-Getue, Filmscore-Schmonz, flirrenden Postpunk-Gitarren und Elektronik war immer schon für eine Kontroverse gut. Und auch seine ausgesucht ausdruckslose, immer ganz leicht an der allzu schönen Harmonie vorbeigeraunte Intonation, durchwirkt und hintertrieben von den Märchenmelodien der alraunenhaften Pia Lund, musste man nicht unbedingt lieben. Aber die Konsequenz und qualitative Kontinuität, mit der er alle Jahre wieder eins seiner Alben macht, kann einem auch durchaus sympathisch sein.
Auf „Loyalty“ zeigt sich die geheimnislose Voodooclub-Ästhetik wieder mal mit ganz dickem Pinsel. Schon im großartigen Opener „Black Symphony“ gibt es nach einer eher schlichten, aber kickenden Schrabbelgitarrenpop-Strophe den großen Aufgalopp der schmachtenden Strings. Anders als es uns der Titel weismachen will, kommen die aber eher aus einem Fifties-Hollywood-Melodram und nicht aus dem Film noir. Auch der Titelsong konterkariert alten Wave mit einem Breitwand-Soundtrack. Hier lässt Boa seine gespielte Harmonieverweigerung einmal fahren und hängt sich richtig rein. Fette Chöre, alles inklusive.
Wie funktional und gut austariert sein Kontrast-Prinzip mittlerweile ist, zeigt sich vor allem an den weniger gelungenen Songs. „Lobster In The Fog“ zum Beispiel, das in seiner ausgestellten Elektro-Coolness eher enervierende als hypnotische Wirkung zeitigt. Da wird die artifizielle Geste einmal nicht aufgewogen von simplem Schönklang, und schon bekommt das eine ungute Konnotation – von Kunstkacke. Auch bei „My Name Is Lemon“ stimmen die Verhältnisse nicht. Der Song basiert auf einer grauenvollen Synth-Figur – das waren die miesen Achtziger! -, sodass selbst der hübsche, wieder eine ganze Kinoleinwand einnehmende Chorus nicht mehr dagegen ankommt. „Under A Bombay Moon Soon“ hingegen schafft die Balance noch einmal spielend. Ein fulminantes Staccato-Riff liefert die Erdung und bereitet den Gassenhauer-Chorus vor, ein paar Sitar-Schleifen im Fond und der gelangweilte Sprechgesang sorgen dafür, dass sich nicht alles so leicht wegkonsumieren lässt.
Auf der Tour will Boa „Loyalty“ angeblich fast durchspielen. Das soll er ruhig mal versuchen. (Cargo) Frank Schäfer
Beste Songs: „Black Symphony“, „Under A Bombay Moon Soon“